Geschosswohnungsbau mit Solarthermie
Hohe solare Deckungsraten werden praktiziertSeit Inkrafttreten des geänderten Gebäudeenergiegesetzes (GEG) Anfang des Jahres haben Wohnungsunternehmen Klarheit darüber, wie ihre Mehrfamilienhäuser künftig beheizt werden dürfen. Das Augenmerk liegt auf Wärmepumpe und Photovoltaik, einfacher wäre der Anschluss an ein Wärmenetz, sofern diese Möglichkeit besteht. Dass ein Wohnungsbauunternehmen wie die Chemnitzer Fasa AG auf Solarthermie setzt, ist eher die Ausnahme. Unsichere Förderbedingungen nehmen allerdings Einfluss auf aktuelle Bauvorhaben.
Die Chemnitzer Fasa AG bleibt der Solarwärmetechnik aber treu, wie das aktuelle Großprojekt „Summit of Saxony“ im Erzgebirge zeigt. In dem Urlaubsort Oberwiesenthal hat Firmenchef Ullrich Hintzen ein vom Abriss bedrohtes, einst legendäres Sporthotel erworben und saniert es zu einer modernen Ferienanlage. Es ist nicht nur ein Leuchtturmprojekt für die Region, sondern auch für die Solarthermie-Branche. Denn auf dem dazugehörigen Bettenhaus werden rund 700 m2 Solarkollektoren installiert, die einen Großteil der Wärme für die Ferienapartments erzeugen. Gleichwohl sorgen Gegebenheiten wie die Förderkonditionen dafür, dass auch FASA bei neuen Bauvorhaben von ihrem seit langem etablierten Energiekonzept abweicht.
Baukonzept „Aktivsonnenhaus“
Mit dem solaren Baukonzept des „Aktivsonnenhauses“ – so der geschützte Markenname – hat Hintzen sich deutschlandweit einen Namen gemacht und zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Mit diversen Bauprojekten beweist das Unternehmen, dass sich sowohl im Neubau, als auch in der Bestandssanierung und im Denkmalschutz, bei Wohnhäusern ebenso wie bei Gebäuden für Industrie und Gewerbe mit Solarthermie hohe solare Deckungsgrade für die Raumheizung und Warmwasserbereitung erzielen lassen, wenn nur der Wille da ist und die Investitionsbereitschaft.
Das innovative Energiekonzept ist vor allem an den großflächigen, in der Regel gebäudeintegrierten Solarthermieanlagen zu erkennen. Um im Winter bei tief stehender Sonne einen hohen Solarertrag zu erzielen, werden sie an den Fassaden, Balkonbrüs-
tungen und sehr steil geneigten Dachflächen installiert. „Die Form folgt der Energie“, lautet der an die Bauhaus-Tradition angelehnte Leitspruch von Ullrich Hintzen. Dabei legt er Wert darauf, dass sich die Gebäude trotz der modernen Optik architektonisch gut in die Umgebung einfügen, z. B. mit einer Klinkerfassade, wenn diese in dem Straßenzug üblich ist.
Großprojekt Oberwiesenthal
Das Bauvorhaben in Oberwiesenthal ist aber auch für die Fasa ein Novum. Rund 25 Mio. € investiert Hintzen in das Projekt und wagt sich architektonisch wieder einmal an Neuland. In der DDR-Zeit war das denkmalgeschützte Sporthotel mit seinem Bettenhaus ein angesagtes Feriendomizil. Dann stand es viele Jahre leer und wurde zum Schandfleck in dem Wintersportkurort. Hintzen, der schon ein altes leerstehendes Gebäude in dem Ort zur „FASALodge“ mit fünf großen Ferienapartments umgebaut hat, will nun auch dieses Areal revitalisieren und ihm zu neuem Glanz verhelfen.
Im ersten Schritt saniert die Tochterfirma Summit of Saxony das Bettenhaus aus den 1970er Jahren. 69 Ferienapartments sollen darin Platz finden. Anfang November 2022 wurde der Langzeitwärmespeicher von Jenni Energietechnik aufgestellt. Er ist 20 m hoch und hat ein Fassungsvermögen von 61.000 l. Ein Jahr später war Richtfest für den ungewöhnlichen Aufbau auf dem fünfstöckigen Bettenhaus.
Drei unterschiedlich gestaltete Massivholzkonstruktionen auf dem Flachdach werden luxuriöse Penthouse-Wohnungen beherbergen. Mit den ungewöhnlichen Formen, die laut Fasa-Firmenchef Hintzen Kristalle darstellen sollen, will er die umliegenden Berge - den Fichtelberg, den Keilberg und Wirbelstein – darstellen und an den einstigen Reichtum durch Bergbau im Erzgebirge erinnern. Und er will die nachhaltige Wärmeversorgung weithin sichtbar machen.
Parallel zu den Arbeiten am Bettenhaus wird im ehemaligen Sporthotel von 1910 die Gebäudesicherung vorangetrieben, die durch den jahrelangen Leerstand erforderlich ist. „Wir hoffen, dass wir das Bettenhaus, nun als ein Vier-Sterne-Apartment-Haus, bis Ende 2024 in Betrieb nehmen können“, sagt René Krauß, Projektberater bei Fasa.
Solardomizile im Geschosswohnungsbau
Auch bei den sogenannten Solardomizilen geht es weiter. Mit diesen Bauvorhaben schuf das Unternehmen weitgehend solar beheizte Mehrfamilienhäuser in einer Größenordnung, die in Deutschland einmalig war und immer noch selten ist. Es ist das finale Bauvorhaben auf dem Areal der ehemaligen Schlossbrauerei in Chemnitz, das Fasa in einem Zeitraum von etwa 15 Jahren komplett bebaute. Mit der hohen Dichte an weitgehend solar beheizten Ein- und Mehrfamilienhäusern und ihren großen Solarwärmeanlagen ist diese Siedlung vermutlich einzigartig.
Solardomizil I + II ist ein Komplex mit insgesamt 29 Eigentumswohnungen, 317 m2 (221,9 kW thermische Leistung) Solarkollektoren und einem 200 m3 fassenden Wärmespeicher. Das Gebäude wurde 2019 fertiggestellt (solarer Deckungsgrad: ca. 50 %). Darauf folgte Solardomizil III mit 24 Wohnungen. Hier sorgen 340 m2 Solarkollektoren (238 kW thermische Leistung) und ein 72 m3-Speicher für einen solaren Deckungsgrad von 70 % (berechnet).
Die Chemnitzer widmen sich auch weiteren Feldern, wie der Lückenbebauung aus dem Zweiten Weltkrieg in Gründerzeitvierteln. Dies ist beim Solardomizil IV der Fall. Dieses Gebäude mit 19 Eigentums- und Mitwohnungen entstand seit September 2021. 177 m2 Solarkollektoren wurden im Sommer 2023 mit einem Winkel von 80 Grad installiert. Der solare Deckungsgrad beträgt geschätzt 55 %. Mittlerweile sind alle Wohnungen übergeben, es sind nur noch wenige Restarbeiten nötig.
Erstmals mit Wärmepumpe
In unmittelbarer Nachbarschaft arbeitet das Team schon an Solardomizil V mit 16 Wohnungen. Die Baugrube ist ausgehoben, aber nun gab es kurzfristig Änderungen. „Wir haben unser normales Terrain verlassen“, sagt Krauß und begründet dies mit der „unsicheren Förderung“. Üblicherweise werden die Solardomizil-Wohnanlagen zu mindestens der Hälfte solar beheizt. Die Nachheizung erfolgt mit Gasbrennwerttechnik oder Fernwärme. Beim Solardomizil V will Fasa für seine Kunden nun aber KfW40-Standard erreichen und muss dafür die Dämmung neu planen. Das Unternehmen möchte die Förderung aus dem 2023 erlassenen Wachstumschancengesetz bzw. die darin mögliche Sonderabschreibung (degressive AfA) in Anspruch nehmen. Deshalb will das Unternehmen nun erstmals das klassische Aktivsonnenhaus-Konzept mit einer Wärmepumpe kombinieren.
Obwohl Firmengründer Hintzen seit vielen Jahren aus großer Überzeugung mit Solarthermie baut, ist er auch anderen Technologien gegenüber offen. So wurde auf der neuen Werkhalle der Tochterfirma Werkform auch eine Photovoltaikanlage installiert. „Die Solarthermie und die Wärmeversorgung haben Priorität, weil eine höhere Leistung und kostengünstige Speicherfähigkeit gegeben sind. Die Photovoltaik ist für die Reduzierung der Energiekosten der Produktion“, erklärt er. Er sei keinesfalls gegen Photovoltaik und auch die Kombination von Wärmepumpe und Photovoltaik sei für ihn denkbar. Dies zeigt er ja nun beim Solardomizil V. „Aber die Frage ist immer, was effizienter und kostengünstiger für den Nutzer ist“, betont der Firmenchef.
Wer sich die Solarthermie-Leuchtturmprojekte, wie auch den sechsstöckigen „Solarturm an der Chemnitz“ anschauen möchte, bekommt voraussichtlich 2025 die Gelegenheit dazu. In dem Jahr ist Chemnitz Europäische Kulturhauptstadt. Zusammen mit mehreren Partnern plant Fasa einen Solarpfad quer durch die Stadt. Auf diesem soll herausragende solare Baukultur vorgestellt werden. Und vielleicht bleibt dann ja auch noch Zeit für einen Abstecher nach Oberwiesenthal.
Weitere Infos unter:
www.t1p.de/tab-6-24-Sonnenhaus1
www.t1p.de/tab-6-24-Sonnenhaus2
(ca. 70 Videos im Youtube-Kanal „Fasa AG - Das Aktivsonnenhaus“)
Über die Fasa AG
Begonnen hat Ullrich Hintzen 1990 mit einem kleinen Familienunternehmen. Nach dem Mauerfall brachten die grauen, häufig maroden, aber immer noch attraktiven Gebäude in Ostdeutschland den gebürtigen Chemnitzer auf eine Idee. Er würde mit seinem Unternehmen Fassaden sanieren. Daher rührt auch der Firmenname: FAssadenSAnierung (FASA). Bald kamen weitere Bauleistungen und erste Neubauten dazu. Auf die Projektentwicklung und die Tätigkeit als Bauträger folgte der Einstieg in den Tief- und Ingenieurbau. Um die Jahrtausendwende geriet die ostdeutsche Bauwirtschaft in eine Krise, so dass Hintzen, mittlerweile Vorstand der AG, nach neuen Geschäftsfeldern suchte. Er entdeckte das solare Bauen für sich und setzt dabei vorrangig auf Solarthermie. Seine Spezialität sind Gebäude, die zu etwa 90 %, mindestens aber zur Hälfte den Energiebedarf für die Heizung und das Warmwasser mit großen Solarthermieanlagen decken. Seither bestehen die Bereiche Hoch-, Tief- und Ingenieurbau nebeneinander. Als Bauträger kauft das Unternehmen Grundstücke, errichtet Wohnhäuser darauf und verkauft die Wohnungen. Befinden sich in den Gebäuden auch Mietwohnungen, fungiert das Unternehmen als Vermieter. Neben eigenen Bauvorhaben berät das Team bei Planungen und Projektierungen zum solaren Bauen.