Großprojekte von Roche in Basel

Vorteile der Planung mit digitalen Zwillingen

Bei der Erweiterung des Roche Standortes in Basel wird nach BIM und mit digitalen Zwillingen geplant. Für die TGA-Detailplanung wird eine Software eingesetzt, mit der sich die Datenübertragung in andere Programme trotz diverser Formate einfach handhaben lässt.

Das Pharmaunternehmen Roche erweitert seinen Hauptstandort in Basel in der Schweiz. Noch in diesem Jahr soll ein 205 m hohes Bürogebäude fertig gestellt werden, der sogenannte „Bau 02“. Auf 50 Etagen soll darin Platz für etwa 3.000 Arbeitsplätze sein. Zudem werden bis 2024 im Projekt „pRED“ vier Gebäude mit etwa 1.800 Arbeitsplätzen für die Forschung und Entwicklung realisiert. Bei allen Bauten wurde durchgehend mit BIM modelliert, das erfordert die Zusammenführung aller Planungsdaten. Das kann eine Herausforderung sein, denn es müssen Datensätze aus unterschiedlichen Systemen und in verschiedenen Datenformaten harmonisiert werden. Diese Verschmelzung bedeutet jedoch einen Datenbruch, da eine Konvertierung zum definierten, final und zentral verwendeten Datenformat für den Austausch, in diesem Fall .dwg, erforderlich ist. Das geht oftmals einher mit einem Informationsverlust, da Attribute kein Bestandteil der Konvertierung sind. Dafür galt es zu evaluieren, wer wann in welchem System vollständige Datensätze inkl. aller Attribute benötigt – sowohl für die Kollaboration als auch die Generierung des digitalen Zwillings. Die Nahtlosigkeit von der Planung zur Ausführung stand dabei im Mittelpunkt.

Generalplaner beider Projekte ist das Ingenieurbüro Drees & Sommer, das seit vielen Jahren für die TGA-Planung die Software „TRICADms“ der VenturisIT einsetzt. Die Verantwortung für die Überprüfung der Einhaltung vorgegebener Standards liegt bei Roche, und damit auch die Datenhoheit. Alle Gewerke der TGA-Planung prüft der Pharmakonzern gegen entsprechend definierte Environments (ENVs) in der Software. Ein weiteres Ziel neben der Qualitätssicherung ist, die Datensätze auch später im Betrieb zu nutzen. Dazu werden bspw. Listen erstellt und in das Facility Management-Tool übergeben. Dort bekommt jedes systemrelevante Einbauteil einen AKS-Schlüssel, eine eindeutige Nummer, die Voraussetzung für Internet of Things (IoT)-Anwendungen ist. So werden die 3D-Daten aus der Software in andere Programme übertragen.

Digitaler Zwilling – eine stets aktuelle Übersicht in Planung und Betrieb

In der Planungs- und Realisierungsphase konnte dank Building Information Modeling (BIM) eine erfolgreiche Überprüfung der Machbarkeit erfolgen. Der Vorteil: Änderungsbedarf wurde zu einem sehr frühen Zeitpunkt erkannt, sodass Planänderungen relativ günstig umzusetzen waren. Des Weiteren fanden während der gesamten Realisierungsphase kontinuierlich noch erforderliche Anpassungen statt. In den digitalen Zwillingen von „Bau 08“, der schon im Betrieb ist, sind auch die Planungsdaten aus „TRICADms“ und „MicroStation“ vorhanden. Zusätzlich reichern Engineering Daten und Daten aus dem Facility Management die Gebäudezwillinge zu einem vollständigen Bild an. Der Auftraggeber schätzt hierbei die Unabhängigkeit von Datenformaten.

Auf Basis der digitalen Zwillinge wird IoT im Betrieb intensiv genutzt. Die installierte Sensorik wird digital mit dem CAD-Modell und der Datenbank des Facility Managements verknüpft – so ist z. B. zu sehen, wie viele Leute seit wann in einem bestimmten Raum sind, dessen Auslastung, Temperatur, CO2-Gehalt usw. Es ist geplant, auch „Bau 02“ und „pRED“ komplett als digitale Zwillinge darzustellen.

CAD-Software für gesamte Betriebszeit

Ganz wichtig für den Projekterfolg war die Kollaborations-Plattform ProjectWise (Cloud). „MicroStation“ und „TRICADms“ sind damit kompatibel, sodass der vollständige Informationsgehalt der Planungsdaten allen Projektpartnern zur Verfügung steht. „Navisworks“ wurde als Plattform für das Koordinationsmodell und die Kollisionsprüfung gewählt und die Projekte zudem in 3D in „Revizto“ modelliert. Beide Lösungen arbeiten auch mit Datenformaten der Software von VenturisIT und nutzen somit die kompletten Datensätze inkl. aller Attribute.

Während der gesamten Betriebszeit der Gebäude findet die Weiterbehandlung mit der CAD-Software statt. Müssen Komponenten der technischen Gebäudeausrüstung ersetzt werden, liefern die Planungsdaten aus dem Programm auf Knopfdruck alle erforderlichen Bestellinformationen. Attribute, Modelle und Pläne werden über den gesamten Lifecycle mit der „as-built“-Realität abgeglichen. Umbauten werden in sowohl in der Software als auch in „MicroStation“ geplant; mit diesen Daten werden dann die digitalen Zwillinge aktualisiert. Künftig werden zudem noch mehr Sensoren verknüpft und so in IoT integriert, insbesondere von Produktionsanlagen, Technika und Laboren des „pRED“-Projektes.

Gute Zusammenarbeit mit dem Software-Anbieter

Doch warum wurde trotz der Entscheidung für das finale Datenformat .dwg mit dieser Software-Lösung die TGA geplant? Eine hohe Performanz, also kurze Projektladezeiten und die einfache Bedienung des Programms sind essenziell für das tägliche Arbeiten. „Zudem funktioniert die Kollaboration mit und die Integration in ‚ProjectWise‘ und ‚MicroStation‘, die bei Roche als Standard-Tools gesetzt sind, sehr gut. Unsere 30 User sind happy“, freut sich Enzo Rosamilia, der beim Pharmakonzern der verantwortliche Senior Engineering Project Manager ist.

Gemeinsam mit dem Anbieter wurde die 2D/3D Synchronisation weiterentwickelt. 2D Schemata werden nun automatisch logisch mit der zugehörigen 3D Darstellung verknüpft und entsprechend dargestellt. Zudem wird 2023 die Software „Intergraph PDS 3D“, die den End of Life Cycle erreicht hat, vom „TRICADms Modul Piping 3D“ abgelöst. Beide Tools arbeiten mit dem .dgn-Format – so kann ohne Konvertierung direkt und vollständig in die CAD-Software importiert werden.

„Bis heute können wir mit ‚TRICADms‘ sehr gut arbeiten. Dank Flexibilität und Customizing-Möglichkeiten konnten wir immer zusammen mit den Consultants von VenturisIT zeitnah eine passende Lösung realisieren. Das hat uns erleichtert, die Planung durchzuführen. Wir haben eine sehr gute Kollaboration mit dem Anbieter. Wichtig ist uns auch, mit Tools zu arbeiten, die eine Zukunft haben“, resümiert Rosamilia.

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