Haftet der Auftragnehmer für Fehler des Vorunternehmers?

Das aktuelle Baurechtsurteil

Im vorliegenden Rechtsstreit stellte sich u. a. die Frage, ob ein Auftragnehmer haften muss, wenn durch einen Vorunternehmer ein Fehler in der Werkleistung bestanden hat. Im konkreten Fall geht es um den Anschluss eines Pufferspeichers, der durch eine andere Firma auf die Baustelle geliefert wurde und nach Anschluss zu einem Wasserschaden geführt hat. Das OLG Hamm hat hierzu geurteilt (Urteil vom 10.07.2024 - 12 U 80/22).

Sachverhalt

Jochen Zilius, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.
Bild: medlay, Jörg Kersten

Jochen Zilius, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.
Bild: medlay, Jörg Kersten
Der Kläger macht als Gebäudeversicherer nach der Regulierung eines Wasserschadens Ersatzansprüche geltend. Sein Versicherungsnehmer ist Bauherr einer Heizungsinstallation und beauftragte Firma „U1“ mit dem Einbau der Heizungsanlage nebst Anschluss eines Pufferspeichers sowie Firma „U2“ mit der Lieferung eben jenes Pufferspeichers direkt auf die Baustelle einschließlich eines Teilanschlusses nebst Dämmungsarbeiten. Kurz nach der Inbetriebnahme der Heizungsanlage kam es zu Wasseraustritten aus dem Pufferspeicher, die einen erheblichen Wasserschaden im Gebäude verursachten. Die unmittelbar angestellte Schadensanalyse ergab, dass U2 lediglich an drei von vier ungenutzten Anschlüssen des Pufferspeichers, den sie geliefert und teilweise im Rahmen ihres Gewerks angeschlossen hatte, die werkseitig zum Schutz während des Transports angebrachten provisorischen Kunststoffstopfen gegen mitgelieferte Messing- bzw. Gewindestopfen austauschte. Einer der Kunststoffstopfen wurde dagegen versehentlich in der Anschlussmuffe belassen. Nach Beendigung der Arbeiten durch U2 schloss U1 den Pufferspeicher an die Heizungsanlage an. Der Kläger nahm daraufhin den mit der Heizungsinstallation beauftragten U1 in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage weitgehend zugesprochen. Gegen dieses Urteil hat U1 Berufung eingelegt und ausgeführt, dass seine vertraglich geschuldeten Leistungen gerichtet auf die Heizungsinstallation fachgerecht erbracht worden seien und nicht U1, sondern U2 und außerdem der klägerische Versicherungsnehmer / Bauherr selbst für die Pflichtverletzung von U2 einzustehen habe. Insoweit habe das Landgericht die Pflichten zur Prüfung des Vorgewerks überspannt. Jedenfalls sei ein anspruchskürzendes Mitverschulden zulasten des Klägers zu berücksichtigen, weil diese der U1 lediglich ungeeignete Vorgewerke überlassen habe.

Entscheidung

Die Berufung blieb jedoch ohne Erfolg! Zur Begründung hat der Berufungssenat erläutert, dass ungeachtet der Leistungspflichten von U2 auch das Werk von U1 mangels vereinbarter Beschaffenheit, die nach dem Werkvertrag geschuldet war, als mangelhaft anzusehen sei. Zwar sei U1 prinzipiell nicht für den von U2 gelieferten Pufferspeicher verantwortlich, zumal es nicht die Aufgabe von U1 gewesen sei, den Anschluss, in dem der Kunststoffstopfen verblieben ist, zu verschließen. Jedoch sei für die Bewertung des Werks als mangelhaft die technische Ursache oder Verantwortlichkeit für die fehlende Funktion des Gesamtwerkes zunächst einmal rechtlich unerheblich, weil der auf Funktion angelegte Werkerfolg vertraglich geschuldet werde.

Etwas anderes gelte nur dann, wenn ein Mangel auf verbindlichen Vorgaben des Bestellers oder von diesem gelieferten Stoffen oder Bauteilen oder Vorleistungen anderer Unternehmer zurückzuführen sei und – dies ist entscheidend – der zuletzt tätige Unternehmer seinen Prüf- und Hinweispflichten genüge getan habe. Der Umfang der Hinweispflichten bestimme sich in erster Linie nach dem von dem Unternehmer zu erwartenden Fachwissen und nach den Umständen, die für den Unternehmer bei hinreichend sorgfältiger Prüfung als bedeutsam erkennbar gewesen seien. Stünden die Leistungen in engem Zusammenhang mit der Vorarbeit eines anderen Unternehmers, müsse der zuletzt tätige Unternehmer prüfen und gegebenenfalls Erkundigungen einziehen, ob die Vorarbeiten, Stoffe oder Bauteile eine geeignete Grundlage für das herzustellende Werk darstellen. Nach diesen Maßstäben habe U1 seine Prüf- und Hinweispflichten nicht erfüllt, weil spätestens bei Inbetriebnahme der Anlage eine Dichtigkeitsprüfung hätte durchgeführt werden müssen, wobei der Fehler aufgefallen wäre. Eine lediglich optische Prüfung, wie U1 diese durchführte, sei nicht ausreichend gewesen.

Schließlich sei wegen der Fehlleistung von U2 nicht von einem Mitverschulden des Bauherrn auszugehen, weil Vorunternehmer oder Bauüberwacher rechtlich gesehen keine Erfüllungsgehilfen des Bauherrn seien und daher Pflichtverletzungen dieser Baubeteiligten dem Bauherrn nicht zugerechnet werden könnten.

Anmerkung zur Entscheidung

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm ist rechtlich zutreffend. Sie schließt allerdings nicht aus, sondern belegt im Gegenteil, dass neben U1 auch U2 verantwortlich ist und beide Unternehmer dem klägerischen Versicherungsnehmer / Bauherrn als Gesamtschuldner für den Wasserschaden haften. Hierauf musste das Oberlandesgericht Hamm allerdings nicht eingehen, weil lediglich U1 verklagt war und es dem Gesamtgläubiger, hier dem Gebäudeversicherer nach der Regulierung, unbenommen bleibt, sich auf die Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners zu beschränken. Im vorliegenden Fall hat U1 in Kenntnis dieser Umstände der U2 den Streit verkündet, sodass unter normalen Umständen von einer Aufteilung des Schadens zwischen den beiden Unternehmen auszugehen ist, was der materiellen Gerechtigkeit entspricht.

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