Heizungsoptimierung als smartes Instrument im Objektgeschäft

Energie-Effizienzen im Neubau und Bestand heben

Der Gebäudesektor ist in Deutschland für 36 % des Energieverbrauchs und 30 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Trotz aller Bemühungen, den Sektor klimapolitisch auf Kurs zu bringen, hinkt die Immobilienwirtschaft in Bezug auf die Energieeffizienz noch hinterher und der Gebäudesektor hat die Klimaziele bereits mehrfach in Folge verfehlt. Vor diesem Hintergrund sprachen wir mit Dr. Franka Birke, CEO der metr Building Management Systems GmbH, über den aktuellen Stand der Energieeffizienz in der Wohnungswirtschaft, die spezifischen Herausforderungen der Branche und die Möglichkeiten zur Verbesserung durch Digitalisierung und innovative Technologien.

tab: Wo steht die Wohnungswirtschaft zurzeit hinsichtlich der Energieeffizienz ihrer Gebäude?

Franka Birke: Die Wohnungswirtschaft hat noch erheblichen Nachholbedarf in Bezug auf die Energieeffizienz ihrer Gebäude. Der Immobiliensektor hat bisher die gesetzten Klimaziele mehrfach verfehlt und verursacht immer noch ein gutes Drittel der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland. Darüber hinaus entfallen mehr als 80 % des Energieverbrauchs im Gebäudebetrieb auf das Heizen von Raum und Wasser. Maßnahmen zur Energieeffizienz sind daher dringend notwendig und es sind in den letzten Jahren diverse Gesetze auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene entstanden.

tab: Was sind aus Ihrer Sicht die Ursachen hierfür und welche Möglichkeiten sehen Sie, den aktuellen Zustand zu verbessern?

Franka Birke: Ursache für den aktuellen Zustand sind unter anderem die veralteten technischen Anlagen in vielen Bestandsgebäuden – das durchschnittliche Alter von Heizungsanlagen beträgt 14 Jahre und ca. 70 % der Anlagen werden fossil betrieben. Wir haben außerdem die Erfahrung gemacht, dass Bestandshaltern häufig Informationen über die in den Heizungskellern verbauten Anlagen fehlen, sowie über die Betriebsdaten ihrer Anlagen. Eine Überwachung findet nicht statt. Ein oft sehr heterogener Immobilien- und Anlagenbestand ist eine weitere Herausforderung für die Branche. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der vor allem Umbau- und Sanierungsmaßnahmen zusätzlich erschwert sowie zu hohen Sanierungskosten führt. Die Digitalisierung der Gebäudetechnik birgt großes Potenzial, die Situation zu verbessern. Mit digitalen Lösungen unterstützen wir unsere Kunden dabei, ihr Fachpersonal effizienter einzusetzen. Durch die kontinuierliche Überwachung der Anlagen können Störungen oder Ausfälle aus der Ferne detektiert werden. Der Mitarbeiter kann durch die Fernauslese dann mit allen relevanten Informationen zur Liegenschaft fahren, um das Problem gezielt zu beheben, noch bevor Mieter die Störungen mitbekommen. Zudem kann eine digitale Optimierung von Heizungsanlagen den Energieverbrauch kurzfristig um bis zu 20 % senken und so einen erheblichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten.

tab: Gibt es Unterschiede zwischen Bestandsgebäuden und Neubauten? Worin liegen diese?

Franka Birke: Ja, es gibt erhebliche Unterschiede. Bestandsgebäude sind oft mit veralteten und ineffizienten Heizungsanlagen ausgestattet, die fossil betrieben werden. Über die Betriebsdaten der verbauten technischen Anlagen liegen häufig keine Erkenntnisse vor. In Neubauten findet man typischerweise eine höhere Dämmung sowie vorwiegend erneuerbare Energiequellen, wie Photovoltaik, Wärmepumpen sowie Pellet- oder Hybridheizungen und mit höherer Wahrscheinlichkeit teure Gebäudeleitsysteme, die die gesamte Technik überwachen und steuern. Sie profitieren von modernen und effizienteren Technologien, die bereits bei der Planung und dem Bau berücksichtigt werden. In Deutschland machen Bestandsgebäude mehr als 85 % des Wohnungsbestandes aus. Der Großteil wird auch in 50 Jahren noch existieren, was die Bedeutung der Digitalisierung der bestehenden Infrastruktur in diesen Gebäuden unterstreicht.

tab: Wie gehen Sie mit Ihren Software-Lösungen das Problem an?

Franka Birke: Im Bestand sind ein herstellerübergreifendes digitales Monitoring und die Optimierung bestehender Heizungssysteme ein kostengünstiger Schritt zur Energieeinsparung, da vorhandene technische Systeme optimiert werden und keine großen Umbaumaßnahmen und damit verbundene Investitionen erfolgen müssen. Durch die Fernüberwachung der Anlagen werden relevante Betriebsdaten kontinuierlich erhoben und analysiert. So können Fehleinstellungen identifiziert und Energieverschwendung verhindert werden. Das ist viel schneller und kostengünstiger umsetzbar als die Optimierung der Dämmung oder der Austausch veralteter Heizungsanlagen. Unsere Plattform erfasst die Betriebsdaten der Heizungsanlagen und überträgt sie mithilfe eines IoT-Gateways an die metr-Plattform. Dort werden die Daten durch Machine-Learning-Algorithmen analysiert und in Echtzeit in einem zentralen Dashboard bereitgestellt. Zusätzlich bietet unsere vollautomatisierte Heizungsoptimierung die Möglichkeit, die Steuerung der Heizungsanlagen basierend auf Wettervorhersage-Daten anzupassen, was zu einer Energieeinsparung von bis zu 20 % pro Anlage führen kann. Dies ermöglicht eine datenbasierte Optimierung der Heizungsanlagen und trägt zur Reduktion des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen bei.

tab: Wie läuft der Rollout einer solchen Lösung typischerweise ab?

Franka Birke: Ein Rollout beginnt mit einer Bestandsaufnahme der vorhandenen Anlagentechnik: Wir erfassen Hersteller und Typ der Anlagen. Anschließend werden die technischen Systeme digitalisiert, d. h. wir schließen uns an die Regler der Anlagen an und bekommen so Zugang zu den Betriebsdaten, die wir über unser Gateway auf die Cloud weiterleiten, wo sie standardisiert und auf einem Dashboard angezeigt und ausgewertet werden. Dies dauert in der Regel nur wenige Stunden pro Anlage. Dank unserer erfahrenen Installationspartner können wir unsere Lösungen bundesweit zuverlässig installieren.

tab: Für welche Heizungsanlagen ist Ihre Technik geeignet?

Franka Birke: Unsere Technik ist herstellerunabhängig und kann daher in allen gängigen Heizungsanlagen und -reglern eingesetzt werden, unabhängig von Modell, Baujahr oder Hersteller. Wir haben sehr viele Gasanlagen im Portfolio, überwachen aber auch BHKWs und Wärmepumpen. Dies ermöglicht eine breite Anwendung in unterschiedlichsten Gebäuden und Anlagentypen sowie eine schnelle Skalierung bei Bestandshaltern mit einem heterogenen Anlagenbestand.

tab: Wie profitieren Mieter und Eigentümer davon?

Franka Birke: Mieter profitieren durch niedrigere Nebenkosten und eine stabilere Energieversorgung. Eigentümer erhalten Transparenz über die Energieverbräuche und können effizientere Entscheidungen treffen. Unsere Lösungen unterstützen zudem die Einhaltung von Energie- und Klimaschutzvorgaben und liefern wertvolle Daten für das ESG-Reporting.

tab: Wer trägt die Kosten für den Einsatz Ihrer Lösungen?

Franka Birke: Die Kosten für die Hardware und Installation werden von den Eigentümern getragen, wobei es verschiedene Fördermöglichkeiten gibt, wie z. B. Förderprogramme der KfW und Bafa. Die wiederkehrenden Softwarekosten können auf die Mieter umgelegt werden, da diese von den Kosteneinsparungen durch die effizientere Energieversorgung profitieren. Unsere Lösungen rentieren sich für Vermieter und Mieter i. d. R. innerhalb weniger Monate.

tab: Können Sie konkrete Ergebnisse nennen, wie Ihre Lösungen zur Nachhaltigkeit in Gebäuden beigetragen haben?

Franka Birke: Ein Beispiel ist das Pilotprojekt mit dem Wohnungsunternehmen Heimstaden in Berlin, wo wir durch die Digitalisierung der Heizungs- und Trinkwasseranlagen eine Energieeinsparung von 17 % in einer Heizperiode erzielen konnten. Diese positiven Ergebnisse haben dazu geführt, dass wir unsere Lösungen aktuell in weiteren 350 Wohngebäuden bundesweit installieren. Ein weiteres Beispiel ist der kürzlich abgeschlossene Rollout bei der Düsseldorfer Beamten-Wohnungs-Baugenossenschaft eG (BWB) in 25 Liegenschaften. Hier konnten wir im Pilotprojekt durch die vollautomatisierte Optimierung der Heizungsanlage eine Energieeinsparung von 24 % in einer Heizperiode erreichen. Diese Projekte zeigen, wie effektiv unsere Lösungen sind und wie sie signifikante Energieeinsparungen und eine optimierte Betriebsführung ermöglichen.

tab: Wofür lassen sich die gesammelten Daten noch nutzen? Lassen sie sich in bestehende Systeme integrieren?

Franka Birke: Die Daten können für verschiedene datenbasierte Services, wie die manuelle Heizungswartung und das Energie­management, genutzt werden. Unsere Plattform ist so konzipiert, dass sie sich problemlos über Schnittstellen in bestehende Systeme integrieren lässt, um eine ganzheitliche Gebäudeverwaltung zu ermöglichen.

tab: Wie planen Sie, Ihre Lösungen weiterzuentwickeln, um zukünftigen Anforderungen und technologischen Fortschritten gerecht zu werden?

Franka Birke: Wir arbeiten kontinuierlich an der Weiterentwicklung unserer Algorithmen und der Integration neuer Technologien. Zukünftig wollen wir unsere Plattform um weitere datenbasierte Services erweitern und noch effizientere Lösungen zur Reduktion des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen anbieten.

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