Einsparung durch Smart-Data-Lösungen
„Digitale Technologien werden noch zu selten eingesetzt“Europa erlebt gerade eine Zeitenwende in der Energiepolitik. Noch nie war es so wichtig, so schnell wie möglich Energie einzusparen und die Energiekosten zu senken. Wie dieses Ziel im Gebäudesektor auf schnelle und effiziente Art erreicht werden kann, das erklärt Uwe Großmann, Geschäftsführer des Unternehmens MeteoViva. Er berichtet über die Bedeutung von Smart-Data-Lösungen für die Energiewende und den Klimawandel sowie über dessen Einsatzmöglichkeiten.
tab: Herr Großmann, was muss getan werden, damit die Gebäudeautomation endlich einen substanziellen Anteil zur Reduzierung des Energieverbrauches im Gebäudesektor beiträgt? Und wieviel kann sie dazu beitragen?
Uwe Großmann:
Uwe Großmann, Mitglied der Geschäftsführung der MeteoViva GmbH.
Bild: MeteoViva
Es ist bekannt, dass der Gebäudesektor mit einem Anteil von 40 % des Gesamtenergieverbrauchs in Deutschland einen enormen Hebel für Energieeinsparung und den Klimaschutz darstellt. Dennoch wurden die gesetzlichen Einsparziele in diesem Sektor im vergangenen Jahr verfehlt. Ein Grund dafür ist aus unserer Sicht eine verschleppte Digitalisierung im Gebäudesektor. Intelligente digitale Technologien werden noch viel zu selten eingesetzt. Dabei stellt moderne Gebäudeautomation eine Schlüsseltechnologie auf dem Weg zur Klimaneutralität dar. Die EU will mit der Richtlinie EPBD (Energy Performance of Buildings Directive) den Einsatz intelligenter Technologien vor allem in Nichtwohngebäuden fördern. Doch leider ist die Richtlinie, die 2018 von der EU auf den Weg gebracht und zwischenzeitlich bereits drei Mal überarbeitet wurde, in Deutschland bis heute nicht in nationales Recht umgesetzt. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.
tab: Die Gebäudeautomation sollte eigentlich für einen optimalen, ressourcenschonenden Betrieb sorgen. Welche Rolle nehmen dabei Lösungen für den prädiktiven Gebäudebetrieb ein?
Uwe Großmann: Lösungen für den vorausschauenden, sprich prädiktiven Betrieb eines Gebäudes erweitern die Steuerung und Regelung einer Immobilie um eine einfache, aber sehr wichtige Zusatzfunktion. Sie sorgen dafür, dass die Gebäudeautomation auf Veränderungen nicht erst regiert, sondern im voraus antizipiert.
Ein Beispiel: Misst der Außenfühler, dass es aktuell draußen kälter wird, so wird synchron drinnen die Vorlauftemperatur höher gefahren. Im Grunde richtig gedacht, in der Praxis aber nicht immer optimal: der Fühler kennt weder den aktuellen Zustand des Gebäudeinneren, noch die Speicherfähigkeit des Gebäudes oder den Einfluss der Sonne durch die Fenster. Wärmebereitstellung und Wärmebedarf passen also nicht immer zusammen.
Anders bei der prädiktiven Fahrweise: Diese hat mit einem Rechenmodell, im besten Fall mit einem sogenannten ‚digitalem Zwilling‘ des Gebäudes, das Wissen um Bauphysik, Charakteristik der Anlagentechnik, Nutzung und Wettereinfluss auf das Raumklima sowie den Energiebedarf. So kann der optimale Betrieb der Heizung oder Kühlung mit mathematischen Algorithmen vorausberechnet werden. Charakteristisch für diese Lösung ist, dass das Raumklima bestmöglich eingehalten und dafür die physikalisch geringstmögliche Menge an Energie verbraucht wird. Durch prädiktiven Betrieb werden Verbrauch und je nach verwendetem Energieträger die CO2-Emissionen bis zu 40 % reduziert.
tab: Welcher zusätzliche Aufwand entsteht bei der Einbindung einer solchen Lösung?
Uwe Großmann: Es handelt sich in der Regel um Sofortmaßnahmen, die sich in wenigen Monaten und im laufenden Gebäudebetrieb umsetzen lassen. Dennoch sind die Beharrungskräfte für die bisherigen technischen Ansätze stark. Das ist wirklich verrückt.
Um dennoch von den Vorteilen zu überzeugen bieten wir beispielsweise unsere ‚MeteoViva Climate‘-Lösung auf Wunsch auch als Servicemodell an. Der Kunde kauft nicht die Lösung, sondern nutzt die Funktion und zahlt dafür eine feste Servicerate. Dadurch übersteigen seine Einsparungen die Kosten von der ersten Minute an.
tab: Es gibt verschiedene Ansätze, wie ein Gebäude vorausschauend und bedarfsorientiert geregelt werden kann. Welchen Einfluss haben dabei Lösungen mit künstlicher Inteligenz?
Uwe Großmann: Künstliche Intelligenz – kurz KI – ist ein Oberbegriff und wird mittlerweile für vieles verwendet. Dabei steht KI vor allem für Maschinenintelligenz, die am Markt allerdings sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Bei KI-Lösungen ist die Daten- und Sensorqualität sehr wichtig. Bei allen klassischen KI-Lösungen müssen die Daten erst gesammelt und Algorithmen damit trainiert werden. Wenn die Basisdaten der Gebäudeautomation falsch eingestellt sind, dann lernt das System auch falsch. Anders bei ‚MeteoViva‘. Unser System arbeitet mit einem ‚digitalen Zwilling‘ und verwendet ein explizites thermodynamisches Modell, das die Bauphysik, Einflüsse des Nutzers und die Charakteristik der TGA-Anlagen mit einer automatischen Kalibrierungsfunktion kombiniert. Wir können in unserem Modell sofort erkennen, wenn etwas nicht stimmt. Das Modell befasst sich darüber hinaus mit dynamischen Energiepreisen, um sicherzustellen, dass das gewünschte Zonenklimaprofil mit möglichst geringen Kosten realisiert wird. Diese Kombination funktioniert vom ersten Tag an und löst auch die komplexesten Herausforderungen.
tab: Welche Vorteile ergeben sich, wenn solche Lösungen der Gebäudeautomation bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden?
Uwe Großmann: Mittlerweile kommt unsere Lösung tatsächlich immer häufiger in der Planungsphase zum Einsatz, denn mit dem Modell lässt sich ein energie- und CO2-optimierter Betrieb vorab simulieren. Auch bei der Inbetriebnahme von Neubauten hilft solch eine Lösung. Denn die Gebäudetechnik ist in der Regel die Achillesferse bei der Inbetriebnahme von Neubauten. Die Smart-Data-Lösung spürt dabei Fehlfunktionen auf und stellt einen optimalen Betrieb sicher. Das vermeidet letztlich Ärger und ermöglicht einen reibungsarmen Gebäude- und Anlagenstart.
Zwölf-Punkte-Plan für mehr Klimaschutz bei Gebäuden
Das Unternehmen MeteoViva begrüßt und unterstützt die Forderungen des Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) aus dem Zwölf-Punkte-Plan für mehr Klimaschutz bei Gebäuden. Der Zwölf-Punkte-Plan steht unter dem nachfolgenden Kurzlink und QR-Code (in der Bildergalerie) zum Download bereit: