Mehrwert mit Smart Building

Gesetzliche Vorgaben zur Gebäudeautomation, Umsetzungsbeispiel

Was viele nur als Kostentreiber sehen, wird zum wichtigen Konkurrenzvorteil bei Nichtwohngebäuden: Mehr denn je entscheiden Energieeffizienz und Nutzerfreundlichkeit über den Marktwert einer Immobilie. Erreichen lässt sich beides mit moderner Gebäudeauto­mation – im Bestandsgebäude wie im Neubau. Der Beitrag zeigt Anforderungen für die Gebäudeautomation in Nichtwohngebäuden entsprechend dem Gebäudeenergiegesetzes sowie ein Projektbeispiel auf.

Dass der Gebäudesektor regelmäßig alle Klimaziele reißt, liegt zu einem großen Teil daran, wie wir die teuer erzeugte Energie verteilen und einsetzen. Hier haben viele Bestandsgebäude aktuell nicht vielmehr zu bieten als Thermostatventile und Nachtabsenkung. Dies wiegt umso schwerer, als sich die Anforderungen an die Gebäude gleichzeitig erhöht haben: So wird beispielsweise das Büro von heute flexibel genutzt, in zeitgemäßen Shared-Desk-Modellen.

Gebäudeautomation wird Pflicht

Da mag es kaum verwundern, dass die Regierung den Gebäuden per Gebäudeenergiegesetzes (GEG) mehr „Intelligenz“ verordnet hat. Beispielsweise muss ab dem 1. Januar 2024 in neu zu errichtenden Nichtwohngebäuden (NWG) der Automationsgrad der Kategorie B nach DIN V 18599-11 entsprechen. Bei Bestandsgebäuden greift diese Anforderung ein Jahr später und betrifft NWG mit mehr als 290 kW Heiz- oder Klimatisierungsleistung, also ab einer Brutto-Grundfläche von mehr als 4.000 bis 5.000 m². Automationsgrad B, das bedeutet: Raumsensorik ist nunmehr zwingend erforderlich, ebenso die Kommunikation zwischen Anlagen, Systemen und Räumen. Diese muss auch bei unterschiedlichen herstellereigenen Technologien und Geräten möglich sein, und erfordert somit den Einsatz standardisierter Protokolle (nach extern und intern zwischen den Systemen und Anwendungen).

Ab dem 1. Januar 2025 ebenfalls für alle NWG vorgeschrieben ist ein fortlaufendes Energiemonitoring. Damit sollen eine Überwachung, Protokollierung und Analyse des Verbrauchs sämtlicher Hauptenergieträger und gebäudetechnischer Anlagen durchgeführt werden können. Rascher und präziser muss auch das Inbetriebnahme-Management werden. Das GEG fordert, dass Immobilien in kurzer Zeit optimal eingeregelt werden, das heißt: innerhalb einer Heiz- und einer Kühlperiode oder schneller.

85 % weniger Stromverbrauch durch Sanierung

Was allein durch intelligentere Energienutzung erreichbar ist, zeigt ein Beispiel aus der Praxis: Der Immobilienfonds- und Asset-Manager Verifort Capital musste erkennen, dass sein im Jahr 2013 in Mannheim erworbenes Bürogebäude energetisch nicht mehr aktuellen Standards entsprach. Das Bauwerk aus dem Jahr 1972, mit etwa 18.500 m2 Nutzfläche, war damals hochmodern – zu einer Zeit, als Energie noch reichlich und zu günstigen Preisen verfügbar war. Seit mehr als 50 Jahren in Betrieb, verursachte die Technik aus den 70er-Jahren – u.a. eine Lüftungsheizung mit ineffizienten Ventilatoren und Pumpen sowie mangelhafte Regeltechnik – enorme Kosten.

Zusammen mit Sauter Deutschland haben die Verantwortlichen der Verifort Capital Gruppe ein ESG-Konzept für die Mannheimer Bestandsimmobilie entwickelt und umgesetzt. In dem Zuge wurde das Gebäude Schritt für Schnitt saniert und modernisiert. Am Anfang stand, wie bei allen derartigen Projekten, ein umfassendes Energieaudit mit Wirtschaftlichkeitsbewertung. Darauf aufbauend unterstützte Sauter den Kunden bei der Planung und Kostenschätzung für die Sanierung von Gebäudeautomation sowie Lüftungs- und Pumpentechnik. Evaluiert wurde das Projekt zudem nach dem BAFA-BEG-M Förderprogramm.

Danach ging es an die Umsetzung: Die zwei großen Bestandsventilatoren wurden durch 44 stufenlos regelbare Effizienzventilatoren ersetzt. Auch die neu eingebauten IE5-Hocheffizienzpumpen sind nun stufenlos regelbar und damit wesentlich sparsamer. An zeitgemäße Standards angepasst wurde zudem die Gebäudeautomation. Sie entspricht nun Energieeffizienzklasse B (DIN V 18599).

Im Ergebnis wird deutlich, dass sich bei der energetischen Sanierung mit relativ wenig Aufwand sehr viel erreichen lässt: Der Stromverbrauch für Allgemeinstrom konnte im Gebäude um 85 % gesenkt werden. Der Wirkungsgrad wurde deutlich gestei­gert – um 38 % bei der Ab- und 10 % bei der Zuluft. Die so erzielten Einsparungen summieren sich pro Jahr auf annähernd eine halbe Million Euro. Die deutliche Erhöhung des Gebäude-Verkaufswerts ist dabei noch nicht mit berechnet. Der ROI ist in unter drei Jahren erreicht. Dazu tragen auch die erzielten Subventionen bei: Aus BAFA-Fördermitteln flossen immerhin 169.000 Euro in das Projekt.

Schnelle Amortisation

Mit neuen gesetzlichen Regelungen wird nun Pflicht, was schon lange vernünftig war: Smart Buildings mit intelligenter, bedarfsorientierter Energienutzung und kleinem CO2-Footprint. Die Praxis zeigt, Energiesparen ist ohne aufwändige Baumaßnahmen möglich. Durch explodierende Energiekosten gewinnen energetische Sanierungen immens an Bedeutung, bei immer geringerer ROI-Zeitspanne.

tab fragt nach

Was ist bei der energetischen Sanierung eines Gebäudes zu beachten? Diese und weitere Fragen beantwortet Werner Ottilinger, Geschäftsführer von Sauter Deutschland.

tab: Herr Ottilinger, was ist bei der energetischen Sanierung eines Gebäudes zu beachten?

Werner Ottilinger: Da geht es vor allem um drei Faktoren. Erstens: die klassischen Sanierungsmaßnahmen bei der Gebäude-Hardware, darunter fallen die HLK-Modernisierung, Dämmungen oder Wärmerückgewinnung und auch die Ausrüstung eines Gebäudes mit smarter IoT-Raumsensorik. Denn jedes Regelsystem arbeitet immer nur so gut, wie es seine Datenbasis zulässt. Zweitens: eine intelligente Software für Messung, Steuerung, Regelung und Monitoring. Drittens: ein kontinuierlich effizientes Gebäudemanagement im laufenden Betrieb. Dabei profitiert auch der Nutzer vom hohen Automationsgrad: Er kann sich zum Beispiel mit einer App sein eigenes Wohlfühl-Raumklima einstellen oder beispielsweise Besprechungsräume buchen.

 

tab: Was bedeutet dies im Gesamtkontext?

Werner Ottilinger: Generell muss man moderne Smart Buildings als integrierte Komplettsysteme verstehen und anlegen. Nur so lässt sich das Potenzial der Technik voll ausschöpfen und das jeweilige Einsparpotenzial auch nutzen. Daher empfiehlt es sich, bei der Planung und Umsetzung einen Spezialisten zu Rate ziehen, der das Gebäude ganzheitlich betrachtet und in allen Bereichen aktiv werden kann.

 

tab: In welchen Bereichen unterstützt Sauter hierbei?

Werner Ottilinger: Wir bieten Beratung, Technik und System­implementierung in den Bereichen Gebäudeautomation und Facility Management. Wir sind auch Digitalisierungspartner unserer Kundinnen und Kunden. Ein gutes Beispiel hierfür ist die smarte IoT-Raumsensorik, über die Daten im Gebäude erfasst werden. Daraus ermittelt eine intelligente Software wichtige Kennwerte und ermöglicht so die Optimierung bei Verbrauch und betrieblicher Produktivität. Zusammen mit dem Smart Data Anbieter MeteoViva haben wir mit „amanteia“ ein cloudbasiertes Tool für die optimale Dekarbonisierung des Immobilienportfolios entwickelt. Basierend auf Aspekten wie Lage, Nutzung und Bausubstanz liefert die Lösung eine erste Einschätzung des CO2-Fußabdrucks sowie eine Projektion der Entwicklung bis 2050. Damit geben wir Entscheidern das richtige Werkzeug in die Hand, um ihre Immobilien fit für die Zukunft zu machen, Stranded Assets zu vermeiden und eine langfristig stabile Wertentwicklung zu unterstützen.

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