Gebäudeenergiegesetz fordert Gebäudeautomation
GA im Kontext der Novelle des GEGSeit Anfang 2024 ist das novellierte Gebäudeenergiegesetz (GEG) in Kraft. Darin enthalten sind u. a. Anforderungen an die Gebäudeautomation (GA). Dipl.-Ing. (FH) Frank Lettmann von der Integacon Engineering GmbH gibt Handlungsempfehlungen zur zielgerichteten Umsetzung der gesetzlichen Bedingungen.
tab: Was bedeutet das GEG aus Sicht der GA?
Frank Lettmann: Während die GEG-Novelle medial vor allem auf den Begriff „Heizungsgesetzt“ reduziert wurde, fand ein anderer Aspekt nur wenig Erwähnung. Damit ist die GA gemeint. Die Mindestanforderungen an die GA in Nichtwohngebäuden wurden erhöht. Sprich, die Bedeutung der GA für einen möglichst energieeffizienten, wirtschaftlichen und sicheren Betrieb wurde erkannt und betont.
Mit der neuen Fassung des GEG wurde nicht nur festgelegt, dass Neubauten mit Beginn des Jahres einen Mindestautomationsgrad erfüllen müssen, sondern auch, dass Nicht-Wohngebäude im Bestand, die bei Heizung- und Klimaanlagen über eine Nenn-Anschlussleistung von > 290kWth verfügen, bis Ende 2024 mit einem GA-System des Automationsgrad B oder besser ausgestattet sein müssen. Die Nutzung standardisierter Protokolle soll zudem die system- und herstellerübergreifende Kopplung zwischen allen Systemen und Anwendungen sicherstellen.
tab: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für Betreiber aber auch Planer?
Dipl.-Ing. Frank Lettmann,
Integacon Engineering GmbH.
Bild: Frank Lettermann
Frank Lettmann: Die größte Schwierigkeit für die meisten Betreiber wird sein, dass sie sich technisch nicht gut auskennen. Damit laufen Sie Gefahr, lediglich Schnellschussmaßnahmen umzusetzen, nur um die Gesetzesanforderungen innerhalb der Frist zu erfüllen. Das macht jedoch wenig Sinn. Unternehmen und Betreiber müssen diesen Vorgang als Transformationsprozess begreifen, hin zu einem langfristig nachhaltigen und effizienten Betrieb der Gebäude. Meiner Meinung nach schaffen sie das nur mit einem passenden Berater bzw. Fachplaner an ihrer Seite. Für die Planer stellt sich mit der Anpassung die Herausforderung, eben nicht nur die Fachkompetenz im Bereich der Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik (MSR) und Gebäudeleittechnik (GLT) besitzen zu müssen, sondern auch Kompetenzen in den Bereichen Energietechnik, Erneuerbare Energien sowie Anlagentechnik. Mitunter bedarf es eines Integralen Planers, der alles bewerten und vorantreiben kann.
tab: Wie sollten die Verantwortlichen vorgehen, um sicherzustellen, dass sie die notwendigen Anforderungen erfüllen?
Frank Lettmann: Bevor es ans ‚Doing‘ geht, muss eine ganzheitliche Analyse erfolgen über Gewerke- und damit selbstverständlich auch über Verantwortlichkeitsgrenzen hinweg. Alle Beteiligten müssen einbezogen werden, wie Eigentümer, Fachplaner, Errichter, Betreiber, Architekten. Im zweiten Schritt erfolgt dann die Konzeptionierung. Und da sollte man, wie oben erwähnt, keine Schnellschusslösung formulieren. Es muss um einen vollumfänglichen Ansatz gehen, der die Energie nicht nur effizient einsetzt, sondern auch effektiv nutzt. Die Frage, die es zu beantworten gilt, ist also: Was möchte ich tatsächlich tun, um nachhaltig zu werden? Und das berücksichtigt alles vom Gesamtenergiekonzept, über ein Zählerkonzept, eine effektive GA hin bis zur CO2-Neutralität. Energieerzeugung und GA müssen gemeinsam betrachtet werden, denn am Ende muss die GA alles bedienen können. So zum Beispiel bei der E-Mobilität, hier endet das Lastmanagement bei der Ladung, wenn jedoch nicht genug Energie am Standort vorhanden ist, hat die Produktion Vorrang, sodass dann der Ladevorgang der Fahrzeuge hintenansteht.
tab: Stichwort ‚Low-Tech‘ – Wie sehen Sie diese Debatte?
Frank Lettmann: Die ‚Low-Tech‘-Debatte im Kontext von Gebäuden bezieht sich auf die Frage, inwieweit einfache, traditionelle und weniger technologisch komplexe Ansätze in der Architektur und im Bauwesen bevorzugt werden sollten. Ich bin der Meinung, dass diese Diskussion keineswegs zielführend ist. Jedoch ist es sinnvoll, gerade in Neubauten zu hinterfragen, was Anlagen genau bringen und ob es andere Lösungen gibt. So kann etwa bei der entsprechenden Konzeption der Gebäudegeometrie durch den Architekten eventuell auf eine mechanische Lüftungsanlage verzichtet werden. Das setzt wiederum eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten schon vor dem Entwurf voraus. Aber auch die Akzeptanz der Nutzer, dass es dann zu Einbußen im Bereich Komfort kommen kann. Ein ausgewogener Ansatz, der moderne Methoden mit modernen Technologien kombiniert, um sowohl nachhaltige als auch effiziente Gebäude zu schaffen, das sollte das Ziel sein.