Modularer Innenausbau mit vorgefertigten Sanitärwänden
Gebäudeaufstockung eines Studentenwohnheims im laufenden Betrieb
Aufstockung als zukunftsweisende Lösung
Mit dem Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr will die Bundesregierung für Entspannung auf dem Wohnungsmarkt sorgen. Doch dieser Anspruch trifft auf fehlende Bauflächen, Fachkräftemangel und häufige Verzögerungen in globalen Lieferketten von Baustoffen. Die vertikale Nachverdichtung gilt deshalb als zukunftsweisende Lösung. Serielles Bauen, so empfehlen Fachleute um Bundesbauministerin Klara Geywitz, ist die Zukunft. „Aufstockung war die einzige Möglichkeit, im Bestand neuen Wohnraum zu schaffen. Die Modulbauweise bietet sich dafür an: Sie spart Kosten und Zeit. Denn was vorgefertigt ist, ist schnell und in kurzer Zeit aufgebaut“, erklärt Stefan Lohse, Projektleiter aus der Abteilung Bau und Technik beim Studentenwerk Hannover. „Die Aufstockung in Modulbauweise war bisher noch die Ausnahme, wird sich aber sicher durchsetzen“, sagt nicht nur der zuständige Fachhandwerker Christian Voss von Voss Gebäudetechnik. „Aufstocken statt in die Fläche zu gehen – die Diskussion über das Thema ist dringend notwendig“, betont auch Berit Bessell, Architektin vom ausführenden Büro Vorrink Wagner Architekten GmbH.
Module schnell und zügig aufgebaut
In dem Studierendenwohnheim existierten in zwei Gebäuderiegeln bereits 164 Apartments und eine Drei-Zimmerwohnung. Das Aufstocken mit zwei Satteldächern bringt zusätzlich 46 neue Ein-Zimmer-Apartments und zwei Zwei-Zimmer-Wohneinheiten. Die Erweiterung wurde als leichte Holzkonstruktion aus vorgefertigten Wand- und Deckenelementen geplant. Die Wahl für den Innenausbau fiel auf Empfehlung des zuständigen Fachplaners Uwe Klossner von M+P Ingenieurbüro für Technische Ausrüstung, Hannover, auf die industriell vorgefertigten Sanitärwände „TECEsystem“. „Diese Register bieten sich bei wiederholenden Grundrissen perfekt an. Für die Handwerker vor Ort ist ihr Einsatz äußerst sinnvoll“, erklärt Architektin Bessell. „‚TECEsystem‘ hatte sich bereits bewährt und wurde zudem vom Fachplaner empfohlen“, erläutert Lohse.
Neue Konstruktion aufgesetzt
In der obersten Etage des bereits bestehenden Gebäudes wurden die Decken in den Bereichen der Steigleitungen geöffnet, um die Ver- und Entsorgungsleitungen für die neuen Apartments anbinden zu können. Auf dem vorhandenen Flachdach wurden dann zunächst Quer- und Längsbalken als neue Unterkonstruktion aufgelegt. Auf diese Konstruktion wurde der neue Fußboden aufgesetzt, einen halben Meter oberhalb des Flachdachs. Im neu entstandenen Zwischenraum wurden die Verteilleitungen untergebracht. Dann wurden die Wände aufgestellt, anschließend die industriell vorgefertigten Sanitärwände. „Meine ursprüngliche Idee war es, dass der Kran Zwischenwand und Sanitärwand im Wechsel aufnimmt. Das hat nicht funktioniert, denn der Holzbauer war schneller als geplant. So haben wir, bevor der Zimmermann sein Dach geschlossen hat, die Register eingebracht, ausgerichtet und angeschlossen“, erklärt Fachplaner Klossner. Hinzu kam die leichte Schräge des Flachdachs zum Abfluss des Regenwassers – die Differenz von anderthalb Zentimetern wurden bei der Aufstellung der Register manuell mit einer Waage ausgeglichen.
Das Anschließen der industriell vorgefertigten Sanitärwände übernahm mit Christian Voss der zuständige Installateur mit seinem Team: „Wir mussten die Anschlüsse für die Aufstockung herstellen, an die bestehenden Systeme anschließen und anschließend die Provisorien zurückbauen“, erläutert Voss. „Das ging deutlich schneller als in konventioneller Bauweise“, sagt er und unterstreicht mit dieser Aussage, wo die Vorteile seriellen Bauens liegen. Die Sanitär-Trennwände sind als Schacht ausgebildet mit den Anschlüssen für das Bad auf der einen Seite und den Küchenanschlüssen für das Nachbarapartment auf der Rückseite. Insgesamt 28 industriell vorgefertigte Sanitärwände von „TECEsystem“ wurden pro Gebäudeblock verbaut.
„Wenn man eine gewisse Anzahl an Apartments baut, bieten sich serielle Vorfertigung und Modulbauweise einfach an. Sie bringen enorme zeitliche Vorteile in der Montage und verringern den Aufwand des Installateurs“, erklärt Fachplaner Klossner. „Wir waren mit maximal sechs Mann im Einsatz“, hebt Voss hervor. „In konventioneller Bauweise hätte ich deutlich mehr Personal benötigt.“
Brandschutz systematisch erfüllt
Ein weiterer Vorteil: die Brandschutzanforderungen lassen sich mit „TECEsystem“ quasi systematisch erfüllen. Bei der Aufstockung der Hufelandstraße fiel die Wahl auf die Installationsschachtlösung in Verbindung mit einer maschinell eingebrachten Einblasdämmung aus geflockter Mineralwolle. Durch die aufeinander abgestimmten Systemkomponenten und die im Vorfeld von TECE geplanten Schachtbelegungen der Installationswände wird eine maximale Verarbeitungssicherheit nach eigenem Bekunden des Herstellers gewährleistet, die außerdem dem Fachhandwerker eine baurechtlich sichere Ausführung bis zur mängelfreien Abnahme ermöglicht.
Die neuen Apartments in der Aufstockung auf dem ersten Wohnblock sind bereits von 25 Studierenden bezogen worden, der Einzug in den zweiten Gebäudeblock ist im März 2023 geplant. Stefan Lohse vom Studentenwerk Hannover betont nach dem gelungenen Aufstockungsprojekt: Aktuell seien zwei weitere Gebäude in der Prüfung für eine mögliche Aufstockung. Und auch Fachplaner Klossner sagt mit Blick auf künftige Sanierungen und Aufstockungen: „Industrielle Vorfertigung? Immer öfter eine gute Option.“
Fachplaner Uwe Klossner von M+P Ingenieurbüro für Technische Ausrüstung, Hannover, erläutert Anwendungsdetails zum Projekt Aufstockung des Studentenwohnheim mit „TECEsystem“.
Uwe Klossner: Um Zeit bei der Montage zu sparen und somit den Bauablauf zu verkürzen. Ich hatte Vorerfahrung mit ‚TECEsystem‘. Schon bei der Sanierung des Bestandsgebäudes 2012 haben wir erstmals diese vorgefertigten Elemente eingesetzt.
Uwe Klossner: Zum einen die Anbindung dieser Register an das vorhandene Rohrleitungssystem. Bei Planungsbeginn konnte die Lage der Schmutzwasser- und Lüftungsleitungen auf dem Dach aufgrund der Entlüfter identifiziert werden. Die Rohrleitungen für Wasser aber endeten im Geschoss darunter. Zu diesem Zeitpunkt waren die Apartments noch bezogen, sodass wir nicht einfach die Wände öffnen und nachmessen konnten. Auch war kein Raum vorhanden, um das Aufmaß zu nehmen. Wir haben uns deshalb für ein Minimum Schachtmaß entschieden und in Zusammenarbeit mit dem Zimmermann das Maß festgelegt, das er in seinen vorgefertigten Holz-Modulen freilässt. Und nach diesen Maßen haben wir die industriell vorgefertigten Sanitärwände erstellen lassen.
Uwe Klossner: Weil Kernbohrungen keine passende Lösung waren, haben wir zu uns zu Beginn der Bauarbeiten für größere Durchbrüche der vorhandenen Decke, also dem Flachdach des bestehenden Gebäudes, entschieden und die Rohrleitungen nach oben hinausgeführt. Das mussten wir machen, bevor der Holzbauer seine Unterkonstruktion gesetzt hat. Für den kompletten Anschluss der Register an die bestehenden Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsleitungen benötigte der Installateur dann später jeweils nur circa vier Stunden.