Qualität in der Gebäudeautomation

Aktive Funktionsbeschreibungen

In der tab 7-8/2013 berichteten wir über den „energie navigator“ der synavision GmbH. Mit der Software können Funktionsbeschreibungen für die Gebäude­automation erstellt werden und automatisierte Abnahmen der Funk­tionen durchgeführt werden.

Im Nachgang zu der Veröffent­lichung entstand eine rege Dis­kus­sion zur Qualität in der Ge­bäude­automation. Im Vorfeld einer Sitzung des VDI zur Überarbeitung der VDI-Richtlinie 3814 trafen sich dann die Herren Dipl.-Ing. Hans R. Kranz, HAK Ingenieurberatung, Dr.-Ing. Stefan Plesser, synavision GmbH, und Dipl.-Ing. Halit Ay, Hosch Gebäudeautomation, mit der tab-Redaktion in Düsseldorf, um das Thema zu diskutieren. Hier ein Auszug aus dem Gespräch:

tab: Herr Dr. Plesser, Automa­tions­anlagen funktionieren in der Praxis oft nicht so, wie ur­sprüng­lich geplant. Wo sehen Sie die wesentlichen Probleme?

Dr. Stefan Plesser: „Die Planung – niedergelegt in Funktionaler Leistungsbeschreibung, Leistungsverzeichnis oder Lastenheft – muss den Errichter führen, wir brauchen gute Funktionsbeschreibungen. Und die fehlen in der Praxis leider fast immer. Wir haben deshalb ein eindeuti­ges Modellierungskonzept für Betriebszustände technischer Anlagen entworfen. Um praxistauglich zu sein, haben wir das Modell einfach gehalten und es gleichzeitig ermöglicht, einen automatisierten Vergleich zwischen der Planung und der Funktion im Betrieb durchzuführen. Das nennen wir deshalb eine Aktive Funktionsbeschreibung.“

Das Konzept der Aktiven Funk­tionsbeschreibungen struk­turiert die Funktion eines Systems anhand der Betriebszustände, in denen sich die automatisierte Anlage befinden soll. Für die einzelnen Zustände werden dann einzelne Betriebsregeln spezifiziert, die im jeweiligen Betriebszustand einzuhalten sind. Diese Beschreibung kann dann z. B. einem Leistungsverzeichnis beigefügt werden.

tab: Herr Ay, wie sehen Sie das Thema Qualität aus der Sicht des Errichters?

Halit Ay: „Eine solche Darstel­lung ist für den Errichter nützlich. In der Regel wird die Entwicklung der Funktionen auf den Er­richter abgeschoben, eine klare Grundlage aus der Planung fehlt meist.“

Hans R. Kranz: „Wichtig ist die Darstellung der wesentlichen Betriebs­zustände. Wenn sich das Konzept bewährt, ist eine Aus­weitung des Modells kein großer Schritt.“

Eine Forderung im weiteren Gesprächsverlauf lautete, dass eindeutige Darstellungsformen für Funktionsbeschreibungen in neutraler Form in die VDI-Richt­linien aufgenommen werden sollten. Zwar gebe es in einigen VDI-Richtlinien bereits Forderungen, die eine Funktions­be­schreibung vorsehen, doch kön­ne eine stärkere Verankerung dazu beitragen, dass sie in der Realität auch tatsächlich erstellt werden.

tab: Wir sind hier im Gebäude des VDI. Was kann der Ingenieurverein tun, um die Entwicklung zu unterstützen?

Hans R. Kranz: „Wir verfolgen das Ziel, über den VDI Grundlagen zu schaffen, um in der Automation effektiv Qualitätssicherung betreiben zu können. Hier könnte eine überarbeitete VDI 3814 „Gebäudeautomation“, die das Vorgehen für funktionale Spezifikationen und Abnahmen vorgibt, ein wichtiges Hilfsmittel sein.“

tab: Die zusätzliche Leistung der Erstellung einer „Aktiven Funktionsbeschreibung“ muss sicherlich auch zusätzlich auch honoriert werden, oder?

Dr. Plesser: „Bisher ist die Funktionsbeschreibung als Dokument zwar gefordert, aber in der Form nicht spezifiziert. Wir haben jetzt eine klare Definition für Darstellung in der Planung und die Durchführung der Abnahme. Dies ist sicherlich als besondere Leistung abzurechnen. Die Notwendigkeit ist in der Regel auch den Bauherren ersichtlich. Und sie sind auch Pflichtbestandteil einer systematischen bzw. geordneten Inbetriebnahme z. B. nach VDI 6039 oder wie sie die DGNB – Deutsche Gesellschaft Nachhaltiges Bauen fordert. Die Zertifizierungssysteme sind in Bezug auf die Qualität des tatsächlichen Gebäudebetriebs bisher leider allesamt fast vollständig blind.“

Hans R. Kranz sieht insbesondere für Errichter wie Hosch Gebäudeautomation mit einer solchen Software neue Chancen, um gerade bei einer Inbetriebnahme die Funktion einer GA nachweisen zu können. Auch die innovativen Ingenieurbüros, mit denen die synavision GmbH in der Pilotphase zum „energie navigator“ zusammenarbeitet, werden Betriebsqualität als Leis­tungsmerkmal anbieten können, zeigte sich Dr. Plesser zuversicht­lich. Hans R. Kranz zeigte sich mit dem Gesprächsverlauf mehr als zufrieden: „Der Funke ist übergesprungen. Auch wenn ich die Lösung nicht mehr selber anwenden, sondern nur noch fördern kann.“

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