BER & Co. und die Folgen

„Die Bürgerinnen und Bürger zweifeln zunehmend die Fähigkeit von Politik und Wirtschaft an, Großprojekte erfolgreich durchzuführen. Auf diese Entwicklung muss die Politik reagieren, um das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen und Gefahren für den guten internationalen Ruf der deutschen Bauwirtschaft abzuwehren.“ Auf Basis dieser fulminanten Erkenntnis rief das Bundesbauministerium eine „Reformkommission für Großprojekte“ ins Leben, die aus insgesamt 35 Mitgliedern besteht. Da die Technische Gebäudeausrüstung und der TGA-Anlagenbau bei der Suche nach Schuldigen für das Scheitern von Großbauprojekten nicht selten im Mittelpunkt stehen, dürfte man zu Recht vermuten, dass sie in dieser Reformkommission prominent vertreten sind. Doch weit gefehlt, die TGA sucht man vergeblich auf der Mitgliederliste. Und dies, obwohl die „Bauausführung“ als eines der vier zentralen Themen der Arbeit der Kommission proklamiert wird. Unabhängig davon sollte sich die Kommission mit der vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. herausgegebenen Schrift „Großprojekte in der Kritik – zu Recht?“ befassen. Sie gibt klare Vorgaben, wie Überschreitungen von Bauzeiten vermieden und Baubudgets eingehalten werden können.

Zweifellos steht fest, dass die zunehmende Komplexität der TGA und deren Bedeutung für die gesamte Projektrealisierung massiv zunimmt. Dementsprechend muss die TGA in Planung, Ausführung und im gesamten Bauprozess einen neuen Stellenwert erhalten, will man die Krisen, Zeitverschiebungen und Kostenexplosionen vermeiden. Doch wie sieht es in der Realität aus? In den frühen Projektphasen dominieren zweifellos die Anforderungen der Objektplanung das Entscheidungsmanagement der Auftraggeber. Die TGA spielt zu diesem Zeitpunkt eine maximal untergeordnete Rolle. Auch in den weiteren Prozessschritten hat die TGA häufig das Nachsehen: Änderungswünsche des Auftraggebers, die die Hauptursache für Prozess- und Projektstörungen darstellen, haben in aller Regel die Auswirkungen auf die TGA-Gewerke nicht im Fokus. Die Relevanz der Änderungen für die Termin- und Prozessabläufe sowie für die Kosten in der TGA werden vielfach unterschätzt.

Dr. Klaus Eschenbruch, führender Baurechtsexperte aus der Sozietät Kapellmann & Partner, Düsseldorf, fasste die Problematik im Rahmen des BTGA-Immobilienforums prägnant zusammen: „Um die bekannten Probleme bei der Großprojektrealisierung besser in den Griff zu bekommen, ist es notwendig, dass Auftraggeber die Bedeutung der TGA frühzeitig erkennen, in allen Phasen die Belange der TGA in Planung und Abwicklung beachten und entsprechende Anforderungen an alle projektbeteiligten Stellen sowie ein sachgerechtes kontinuierliches Controlling betreiben, um selbst handlungsfähig zu bleiben.“

Dem ist nichts hinzuzufügen, außer der berechtigten Erwartung, dass mit der verbreiteten Einkehr und Umsetzung dieser Erkenntnis Großprojekte anders abgewickelt werden können – und müssen.

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