Das Effizienzhaus Plus in Berlin

Zukunftsprojekt für klimaneutrales Wohnen

Das Effizienzhaus Plus mit Elektromobilität der Bundesregierung ist ein jüngstes Paradebeispiel. Das interdisziplinäre Architektenteam unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. E.h. Werner Sobek gewann mit seinem Konzept den Wettbewerb des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) zum Thema klimaneutrales Wohnen in Verbindung mit Elektromobilität. Das Gebäude zeigt einen zukunftsweisenden Weg, wie ein energieeffizientes und klimaneutrales Leben ohne Komfortverzicht möglich ist.

Das Effizienzhaus Plus in Berlin-Charlottenburg ist ein Gebäude, das als Modellhaus 130 m2 Wohnfläche bietet, wird nicht nur als Testgebäude wissenschaftlich begleitet, sondern dazu auch von einer vierköpfigen Familie bewohnt. So soll das Gebäude zeigen, dass es alltagstauglich ist.

Im Fokus steht das Haus als stromproduzierendes Kraftwerk. Das mit Photovoltaik-Modulen (98,2 m2 mit 14,1 Wp auf dem Dach und 73,0 m2 mit 8,0 Wp an der Fassade) bestückte Einfamilienhaus erzeugt mehr Energie als es verbraucht. Überschüsse werden entweder für die Elektromobilität genutzt oder dem Versorgungsnetz zugeführt. Ausschlaggebend für die positive Energiebilanz des Ende 2011 fertiggestellten Forschungsobjektes ist ein minimaler Wärmebedarf. So reduziert etwa eine kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung die Wärmeverluste. Dabei musste die eingesetzte Technik einen möglichst hohen Wärmerückgewinnungsgrad bei gleichzeitig geringem Stromverbrauch für die Ventilatoren aufweisen.

Das Haus wurde aus einer 56,25 cm starken Gebäudehülle in Holztafelbauweise kombiniert mit einer hohen Wärmedämmung aus Zellulose-Dämmmaterial gebaut. Als Energiequellen nutzt es regenerative Energien in Form von Photovoltaik und einer Luft-Wasser-Wärme-Pumpe. Erzielte Energieüberschüsse werden der hauseigenen Batterie für den späteren Eigenverbrauch zugeführt oder aber dienen der Betankung der  Elektrofahrzeuge. Beim Bau des Effizienzhauses Plus wurde auf eine optimale Ausrichtung des Gebäudes

geachtet, um ideale Bedingungen sowohl für die Energiegewinnung als auch für die Ausnutzung der natürlichen Lichtverhältnisse zu gewinnen. In Hinblick auf die Beleuchtung sorgen die vollverglasten Flächen an der Ost- und Westseite des Gebäudes dafür, dass sehr viel Tageslicht die Räume durchflutet.

 

Energiekonzept mit Wärmepumpe und RLT-Gerät

Der Wärmebedarf des Gebäudes liegt bei 21,1 kWh/m2a. Es wurden 16525 kWh an Energieerzeugung und 16210 kWh an Energiebedarf (einschließlich 6000 kWh für die E-Mobilität) prognostiziert.

Im Zentrum des Energiekonzepts steht die Erzeugung und Speicherung der selbst gewonnen Energie in Form von Strom oder – über eine Wärmepumpe – von Heizenergie. Die Wärmepumpe wurde von Weishaupt (www.weishaupt.de) geliefert. Zum Einsatz kam eine „WWP L 8“ mit integriertem Pufferspeicher und integrierter Umwälzpumpe sowie der Warmwasserspeicher „WAC 300“. Die Wärmeverteilung im Gebäude erfolgt über eine Fußbodenheizung. Ein „Trisolair“-Komfort-Klimagerät von Menerga (www.menerga.de) sorgt für ein behagliches Raumklima bei geringen Lüftungswärmeverlusten. Das Klimagerät ist mit einem rekuperativen Wärmerückgewinnungssystem ausgestattet, das Temperaturwirkungsgrade von mehr als 80 % erzielt. Der dreistufige Plattenwärmeübertrager ist eine Weiterentwicklung der Doppel-Plattenrekuperatoren, wobei die Umlenkzone als weiterer Gegenstrom-Wärmeübertrager genutzt wird. Die rekuperative Wärmerückgewinnung erfolgt in getrennten Luftwegen. Dies hat vor allem hygienische Vorteile, weil beim Luftaustausch keine Gerüche oder Schadstoffe übertragen werden. Der Ausgleich der verbleibenden geringen Lüftungswärmeverluste erfolgt über ein Pumpen-Warmwasser-Heizregister (PWW), das von der Wärmepumpe gespeist wird.

Im Effizienzhaus Plus ist die Luftleistung des Komfort-Klimagerätes auf 400 m3/h ausgelegt. Damit lässt sich ein kompletter Luftwechsel innerhalb von zwei Stunden bewerkstelligen. Zu den energieverbrauchsrelevanten Besonderheiten der kontrollierten Wohnungslüftung gehört die Ausgestaltung der Luftkanäle. Bedingt durch kleine Rohrdurchmesser und vergleichsweise viele Umlenkungen stellen sich meist relativ hohe Druckverluste ein. Im Forschungsvorhaben wurden diese weitestgehend optimiert, so dass die externen Druckverluste im Auslegungspunkt des Gerätes auf 300 Pa begrenzt werden konnten.

 

Lichttechnik

Reicht das Tageslicht nicht mehr aus, kommen energieeffiziente, dimmbare LED-Leuchten zum Einsatz. Zur Optimierung des Energieverbrauchs durch die künstliche Beleuchtung sollten Präsenzmelder eingesetzt werden. Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten und der Erfassungseigenschaften fiel die Entscheidung auf den „Presence Control PRO IR Quattro“ von Steinel Professional (www.steinel.de). Als Passiv-Infrarot-Präsenzmelder ist er für die sensorische Erfassung in geschlossenen Räumen bestens geeignet. Er erfasst selbst minimale Bewegungen auch bei sitzenden Tätigkeiten. Seine Aufgabe ist es, Licht nur dann einzuschalten, wenn es

auch wirklich benötigt wird, das heißt, wenn ein bestimmtes Lichtniveau unterschritten ist und wenn die Räume auch wirklich genutzt werden. Insgesamt wurden 13 Steinel-Präsenzmelder für dieBeleuchtungssteuerung unter die Wohnraumdecken dieses Gebäudes montiert. Mit Hilfe des „IR Quattro“ lässt sich ein effizienter und sparsamer Energieverbrauch für die Beleuchtung realisieren und somit ein weiterer Beitrag für eine positive Energiebilanz erreichen.

 

Monitoring und Recyclingkonzept

Das Forschungsprojekt wird mit einem Monitoring begleitet. Alle Komponenten der Haustechnik sind im Technikraum untergebracht und auf eine zentrale Leitstelle aufgeschaltet. Das Komfortlüftungsgerät verfügt hierzu über mehrere Schnittstellen zur Einbindung in digitale Anlagensteuerungen. Bei diesem Projekt wurde es mittels ModBus-Schnittstelle mit der GLT verbunden. So können die Bewohner sämtliche Funktionen des Hauses, zum Beispiel Heizung und Lüftung direkt beeinflussen oder optional via Smartphone von unterwegs aus steuern. Die Leittechnikzentrale übernimmt auch das bedarfsorientierte Laden der Elektroautos. Die Nutzer können dabei festlegen, wann und in welchem Umfang sie die Fahrzeuge nutzen möchten.

Um praxisnahe Werte für die Evaluierung zu erhalten, wird das 130 m2 große Effizienzhaus Plus von März 2012 bis Mai 2013 von einer vierköpfigen Familie bewohnt. Das größtenteils recycelbare Haus wird nach Ende des Forschungsprojektes wieder demontiert. Hier wurde darauf geachtet, dass sich die verschiedenen Bauteile wieder problemlos trennen lassen. Als Quintessenz der 15-monatigen Testphase erhofft sich das BMVBS Erkenntnisse für das nachhaltige Bauen und Wohnen sowie die Mobilität der Zukunft. Im Übrigen wurde im August letzten Jahres ein Förderprogramm aufgelegt, das Bauherren motivieren und bei Vorhaben zu Effizienz-Plus Häusern unterstützen soll.

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