Energieeffiziente Zone

Das Hochfeldlabor Rossendorf

Wenn voraussichtlich ab 1. Januar 2013 die novellierte EnEV in Kraft tritt, bekommt der Energieausweis mehr Gewicht. Neben Sanierungsempfehlungen sind dann auch auf Bauteilebene konkrete Vorschläge obligatorisch. In Gebäuden mit Laboren oder Reinräumen ist dies – wie die Bestandsaufnahme zur Energieeffizienz – eine komplexe Aufgabe. Denn die spezifische TGA ist eng mit dem Gebäude verzahnt. Ein Beispiel ist das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf e.V. (HDZR) für das der TÜV SÜD Industrie Service einen bedarfsorientierten Energieausweis erstellt hat.

Die Ermittlung von Energiebedarf, Modernisierungsempfehlungen und Potentialen zur Kostensenkung ist bei größeren Sonderobjekten wie Laborgebäuden besonders komplex. Für Nichtwohngebäude ist der Jahresprimärenergiebedarf QP nach der DIN V 18 599 zu ermitteln. Die Norm stellt ein Verfahren zur Durchführung der Gesamtenergiebilanz von Gebäuden bereit – einschließlich der Bewertung der thermischen Hülle (Baukörper), der Nutzung und der Anlagentechnik unter Berücksichtigung von Wechselwirkungen. Dazu zählen auch Nutzungsrandbedingungen und Klimadaten. Für die Energiebilanzierung ist es erforderlich, Gebäude entsprechend ihrer Nutzungsprofile zu zonieren. Ein Grundflächenanteil bzw. Gebäudebereich kann zu einer Zone zusammengefasst werden, wenn dort gleiche Nutzungsrandbedingungen vorliegen und keine relevanten Unterschiede bei den Arten der Konditionierung und anderer Zonenkriterien bestehen. Der Knackpunkt ist also die richtige Zoneneinteilung.

Teils sehr individuelle Räumlichkeiten sind dabei in Einklang mit den Vorgaben aus der Norm zubringen, damit eine Softwareabbildung möglich wird. Nicht immer treten die standardisierten Bedingungen (Wärmeleistung, Luftwechselrate) in der Praxis auch so auf. Anlagen- und Betriebszustände und die Nutzungsbedingungen müssen auf Basis der Unterlagen, über umfangreiche Begehungen bis hin zu Interviews vor Ort ermittelt werden – und das mit realistischem Aufwand.

In Dresden-Rossendorf haben TÜV SÜD-Experten ein Laborgebäude in sechs Zonen eingeteilt – nach den konkreten Nutzungsbedingungen und Anforderungen der DIN V 18 599. Die sechs Zonen entsprechen nach EnEV-Vorgaben unterschiedlichen Nutzungsprofilen: Zone 1 – Labore EG, Zone 2 – Kondensatorbank, Zone 3 – Verkehrsfläche, Zone 4 – Gruppenbüro, Zone 5 – Technikräume im EG und KG, Zone 6 – Technik im OG (unbeheizt). Neben einen bedarfsorientierten Energieausweis für das Hochfeldlabor wurden auch Empfehlungen für Modernisierungen erstellt.

 

Spezielle Labortechnik

Das HZDR ist Teil der Helmholtz-Gemeinschaft und steht für grundlagen- und anwendungsorientierte Spitzenforschung in Schlüsselbranchen wie Gesundheit, Energie und Materialwissenschaften. Im betrachteten Forschungs- und Laborgebäude (teilunterkellert, Erdgeschoss, Technikaufbau), Baujahr 2003, sind u.a.eine Kondensatorbank zur Erzeugung impulsartiger hoher Ströme integriert sowie mehrere Hochfeld-Magnetkammern. Darin werden z. B. die elektronischen Eigenschaften von metallischen, halb- und supraleitenden sowie magnetischen Werkstoffen analysiert.

Je mehr komplexe gebäude- und anlagentechnische Systeme wie Lüftungsanlagen oder Sicherheitsschleusen verbaut sind, desto höher die Ansprüche an die Analyse. Die ermittelten Kennwerte wie Flächen, Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) und die Abbildung der Anlagentechnik einschließlich der Bestandsaufnahme bei den Leuchtmitteln bilden die Grundlagen für eine weitergehende softwaregestützte Auswertung. Dabei werden die Gebäude erfasst, teilweise unter Verwendung von Pauschalwerten für Gebäudedaten oder nach Bauteilkatalogen. Im Gegensatz zu dieser vergleichsweise allgemeinen Betrachtung wurden für das Hochfeldlabor Rossendorf die U-Werte sämtlicher Bauteile separat ermittelt.

 

Systeme für Zu- und Abluft

Eine Vielzahl unterschiedlich konditionierter RLT-Anlagen versorgt die Innenräume im Hochfeldlabor. Die richtige Zonierung war auch hier entscheidend. Die Nutzungszonen wurden primär entsprechend der versorgenden Lüftungsanlagen gebildet. Nicht alle RLT-Anlagen konnten softwaretechnisch nach der DIN-Vorgabe abgebildet werden, weil die verwendete Software keine Zuordnung mehrerer Teilanlagen zu einer Zone erlaubt. Die Experten haben daher zusätzliche Zonen festgelegt und auf Detailebene analysiert. Positiv war, dass mm Bereich der Kälteerzeugung sowie der Heizungsanlage bereits leistungsgeregelte Pumpen eingesetzt wurden. Alle Vorgaben hinsichtlich des Dämmstandards der Heizungsanlage (Wärmeerzeuger mit Übergabe und Verteilung) waren nach EnEV 2002 erfüllt.

Obwohl die Anlagentechnik dem damaligen Stand entspricht, sind für den Energieausweis Modernisierungsempfehlungen nötig. Als Energieeinsparmaßnahme bietet sich hier eine Wärmerückgewinnung bei den RLT-Anlagen an. Vorwiegend sollten Zonen mit konstantem Volumenstrom berücksichtigt werden wie die Zonen 2 (Kondensatorbank), 3 (Verkehrsfläche) und 5 (Technikräume). Gering sind dagegen die Effekte in Zonen mit variablem Volumenstrom, in denen die Lüftung nur im Bedarfsfall genutzt wird (z. B. Laborräume). Die Umsetzung der Maßnahmen würde den Primärenergiebedarf um 14 % und den Endenergiebedarf um 19 % reduzieren. Das entspricht jährlich rund 77 000 kWh eingesparter Energie.


Uwe Heinze, Abteilung Energie­systeme, TÜV Süd Industrie Service GmbH, Region Nordost

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