Energieausweis in der Praxis
Energieausweis nach EnEV – Anspruch und Wirklichkeit
Wer ein Gebäude neu erstellt oder grundlegend saniert, ist verpflichtet, gemäß der Energieeinsparverordnung die energetische Qualität des Gebäudes, vor allem aber die Einhaltung vorgegebener Grenzwerte des umweltbelastenden Primärenergiebedarfs, in einem Energieausweis nachzuweisen.
Die momentan gültige EnEV 2009 ist seit dem 1. Oktober 2009 in Kraft und ersetzt die Vorgängerverordnungen 2002, 2004 und 2007.
Neben den bauphysikalischen Eigenschaften des Baukörpers, die bezüglich der Wärmeverluste schon mit der Wärmeschutzverordnung und verschärft durch die Mindestanforderungen der EnEV begrenzt sind, ist die energetische Effizienz der gebäudetechnischen Anlagen von großer Bedeutung.
Sowohl bei Wohngebäuden, vor allem aber bei Nichtwohngebäuden mit den unterschiedlichsten Nutzungen und den dadurch entstehenden „inneren Lasten“, sind die TGA-Anlagen zur Versorgung mit Wärme, Kälte, Luft und Beleuchtung zwingend erforderlich. Komplexe, miteinander verknüpfte gebäudetechnische Systeme müssen regeltechnisch optimiert werden bis hin zur Gebäudeautomation.
Die Nutzung „Erneuerbarer Energien“ ist zum Standard geworden. Sie müssen gemäß „Erneuerbare Energien Wärmegesetz“ in vorgegebenen Prozentsätzen eingesetzt und nachgewiesen werden.
Obgleich der Primärenergieeinsatz begrenzt ist und auch der Endenergiebedarf reduziert wird, sind die Kosten für die gebäudetechnischen Anlagen gestiegen.
Die Novelle der Europäischen Richtlinie „Energy Performance of Buildings Directive“ fordert daher neben einem Minimum an Energieeinsatz auch ein Minimum der gesamten Kosten über den Lebenszyklus eines Gebäudes (Invest; Betrieb, Wartung …).
Um dieses Ziel zu erreichen, sind Variationsmöglichkeiten sowohl in der Gebäudeausführung, vor allem aber in den anlagentechnischen Systemen mit ihren einzelnen Komponenten unumgänglich. Die Rechengänge zum Nachweis der energetischen Effizienz müssen daher im Sinne von „Präsenzwissen“ in ihren Einzelteilen überschaubar variiert werden können.
Bauherr, Planer und Ausführende müssen sich daher in einer möglichst frühen Phase der Planung und Ausführung abstimmen, um die Raumkonditionen eines Gebäudes einer definierten Nutzung in den vorgegebenen Grenzen zu halten, die vorgegebenen energetischen Grenzwerte einzuhalten und in einem Energieausweis zu dokumentieren.
Im Rahmen der bauordnungsrechtlichen Verfahren ist der Energieausweis, der Nachprüfungen standhalten muss, eine wesentliche Voraussetzung der Baugenehmigung.
Im Immobilienmarkt haben die Aussagen des Energieausweises auch wirtschaftlich eine weit reichende Bedeutung. Sie können den Wert einer Immobilie maßgeblich beeinflussen und den Mietzins mitbestimmen. Es ist also von erheblicher Bedeutung, dass die Inhalte der Energieausweise transparent, eindeutig und nachvollziehbar sind.
Berechnungsgrundlage zur Feststellung des Primärenergiebedarfs ist DIN V 18 599.
Die EnEV 2009 lässt für Wohngebäude auch das Verfahren nach DIN V 4701 Teil 10 zu, jedoch ist festzustellen, dass eine Reihe von heutigen Anlagenkonzepten mit DIN 4701 Teil 10 nicht berechnet werden können. Im Zuge der nächsten Novellierung der EnEV (voraussichtlich 2012) könnte die DIN V 18 599 auch für Wohngebäude verbindlich vorgeschrieben werden.
Nicht zuletzt aufgrund der umfangreichen und schwer zu überschauenden Rechengänge, stehen die Ergebnisse dieser Berechung in starker Abhängigkeit zur Qualität der eingesetzten Anlagen- und Gebäudekenndaten, der vorgenommenen Zonierung oder auch der jeweils verwendeten Software.
Sowohl in Wohngebäuden, vor allem aber in Nichtwohngebäuden, ist es an der Tagesordnung, dass neu zu errichtende Gebäude und deren Anlagentechnik im Verlauf der Bautätigkeit Änderungen erfahren. Diese müssen im Energieausweis ihren Niederschlag finden, da andernfalls die Gültigkeit der Baugenehmigung in Frage gestellt werden kann. Architekten, Planer und Anlagenbauer sind vor einer Änderung der Bauausführung verpflichtet, auf mögliche Auswirkungen auf den Energieausweis hinzuweisen und diese rechnerisch zu prüfen. Sind dann die Grundlagen, die ursprünglich getroffenen Annahmen und womöglich auch die zur Erstellung des Ausweises eingesetzte Bearbeitungssoftware nicht bekannt oder nicht verfügbar, kann diese Prüfung nicht erfolgen. Die so gefundenen Ergebnisse sind nicht ohne weiteres mit den Aussagen des ursprünglichen Ausweises vergleichbar.
Die Entstehung des Energieausweises muss zweifelsfrei nachvollziehbar sein, um Änderungen einpflegen zu können. Ebenso ist eine einfache, handhabbare Anpassung des Ausweises an geänderte Randbedingungen bei Gebäude und Anlagentechnik unerlässlich. Nur so kann Planungssicherheit geschaffen und das Haftungsrisiko für alle Beteiligten kalkulierbar gestaltet werden. Dies gilt auch und insbesondere bei Änderungen an bestehenden Gebäuden, für die bereits in der Vergangenheit ein Energieausweis erstellt wurde. Die komplexen und umfangreichen Verfahren zur Erstellung der Ausweise nach DIN V 18 599 lassen deren einfache Anpassung jedoch nicht zu.
Um diesem Problem zu begegnen, wurde mit Unterstützung des BTGA ein vereinfachtes Verfahren zur Erstellung der Energieausweise entwickelt, welches durch hochrangige Wissenschaftler geprüft wurde. Das Verfahren basiert auf den Algorithmen der DIN V 18599, die Berechnungsergebnisse stimmen mit denen einer Berechnung nach der Norm überein. Es ist transparent, nachvollziehbar und im Ergebnis eindeutig. Weiterhin kann das Verfahren für alle Gebäudearten, unabhängig ob Neubau oder Sanierung, angewendet werden. Auswirkungen von Änderungen an Bauwerk oder Anlagentechnik sind im Vorhinein abzuschätzen und daher kalkulierbar sowie auch nachträglich einfach in den Berechnungsgang einzubeziehen.
Der BTGA fordert nachdrücklich die Zulassung dieses leicht handhabbaren, überschaubaren Verfahrens im Rahmen der EnEV zur Erstellung von Energieausweisen. Damit können belastbare und reproduzierbare Energieausweise generiert und bezüglich der Inhalte Rechtssicherheit hergestellt werden. Die Akzeptanz der Inhalte von Energieausweisen bei Planern, Anlagenbauern und Bauherren wird dadurch zunehmen und der Ausweis kann endlich die ihm zukommende, wichtige Rolle bei der Umsetzung der Energiewende ausfüllen.