Das aktuelle Baurechtsurteil
Vergütung für erforderliche, aber nicht beauftragte LeistungenHat ein Bau-/Werkunternehmer auch Vergütungsansprüche für solche Leistungen, die zwar nicht beauftragt wurden, aber technisch erforderlich waren? Mit dieser Frage setzte sich das Oberlandesgericht Jena in einem aktuellen Urteil auseinander.
Problemdarstellung
Zur Erfüllung eines Werk-/Bauvertrags schuldet der Unternehmer die Erbringung der vereinbarten Werkleistungen, der Besteller wiederum muss diese dann auf Grundlage der vertraglichen Vereinbarung, hilfsweise in ortsüblichem Umfang bezahlen. Daraus folgt – und diese Grundsätze gelten auch außerhalb des Baurechts –, dass unbestellte Leistungen grundsätzlich nicht angenommen und folgerichtig auch nicht bezahlt werden müssen. Hat der Unternehmer die Planungsverantwortung, was etwa der Fall ist, wenn die Vertragsparteien nur einen Werkerfolg und keine konkreten Leistungen vereinbart haben, darf und muss er natürlich sämtliche notwendigen Arbeiten erbringen. Sind hingegen konkrete Leistungen / Arbeiten vereinbart oder ausgeschrieben, muss der Unternehmer sich grundsätzlich daran halten; er darf also nicht eigenmächtig mehr erbringen als beauftragt. Allerdings gibt es hiervon Ausnahmen, wie eine kürzlich veröffentlichte Entscheidung des OLG Jena zeigt.
Sachverhalt
Die Beklagte (Stadt O.) beauftragte die Klägerin (Bauunternehmer) im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung unter Einbeziehung der VOB/B mit der Errichtung eines Busbahnhofes nebst Parkdeck. Nach Beginn der Arbeiten wurde festgestellt, dass der Baugrund nicht ausreichend tragfähig war. Daraufhin fand eine Baustellenbesprechung statt, anlässlich derer mit der Beklagten eine tiefere Auskofferung der Baugrube abgestimmt wurde. Doch diese Planungsänderung hatte bautechnische Folgen, die den Beteiligten erst später klar wurden: Die Klägerin konnte wegen der größeren, zu überbrückenden Höhen keine Teleskopstützen einbauen, sondern musste Gerüsttürme verwenden. Ferner waren umfangreichere Tiefbauarbeiten erforderlich als ursprünglich geplant, zudem musste eine Schalung sowie eine Sauberkeitsschicht hergestellt werden. Für diese Maßnahmen erteilte die Klägerin einen Nachtrag und forderte zur Zahlung der entsprechenden Zusatzvergütung auf. Die Beklagte verweigerte jedoch eine Bezahlung und wendete ein, die Maßnahmen im Wesentlichen nicht beauftragt zu haben. Aufgrund ausbleibender Zahlungen zeigte die Klägerin zunächst die Behinderung an und kündigte schließlich den Bauvertrag aus wichtigem Grund.
Das Urteil
Das zuständige Oberlandesgericht Jena (Urteil vom 25. März 2021 – 8 U 592/20) hat die Berufung der Beklagten letztlich zurückgewiesen, da seiner Auffassung nach ein Vergütungsanspruch aus § 2 Abs. 8 Nr. 2 S. 2. VOB/B bestehe. Danach stehe dem Auftragnehmer eine Vergütung auch für solche Leistungen zu, die ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausgeführt werden, wenn der Auftraggeber diese nachträglich anerkennt oder sie zur Erfüllung des Vertrages notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und sie diesem unverzüglich angezeigt wurden. Nach Auffassung des Berufungsgerichts erfordere das Merkmal der Notwendigkeit aber über seinen Wortlaut hinaus, dass ohne die betroffene Zusatzleistung eine mangelhafte Ausführung vorläge. Hiervon erfasst seien allerdings auch solche Leistungen, die der Auftraggeber selbst für erforderlich hält, aber einen entsprechenden Auftrag nicht erteilt, um weiteren Kosten zu entgehen. Lediglich zweckmäßige oder nützliche Leistungen reichten hingegen nicht aus. Im vorliegenden Fall seien die Leistungen aber technisch erforderlich und damit notwendig gewesen, zudem entsprächen sie auch dem mutmaßlichen Willen der Beklagten, was jedenfalls dann der Fall sei, wenn eine Leistung, wie gleichfalls hier, technisch notwendig im vorgenannten Sinne ist.
Anmerkung
Das Oberlandesgericht Jena hat schließlich noch klargestellt, dass der Klägerin mit gleicher Begründung auch unabhängig von der VOB Vergütungsansprüche jedenfalls aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag sowie nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zustünden, was in diesem konkreten Fall im Ergebnis richtig sein dürfte.
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