Arbeitsstättenverordnung ist zu berücksichtigen
Ein als Arbeitsstätte dienendes Bauvorhaben muss der Arbeitsstättenverordnung entsprechen. Dies kann der Bauherr von seinem Architekten erwarten, wie das OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2020 – 21 U 57/17 und der BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 178/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) bestätigen.
Dr. Achim Hering, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Bild: medlay, Jörg Kersten
Zum Sachverhalt
Der Bauherr errichtet auf eigenen Grundstücken Betriebs-, Verkaufs- und Gastronomiegebäude zur Vermietung an eine weitere Gesellschaft, die Bäckerei-Filialen betreibt. Anfang 2014 beauftragte der Bauherr den Architekten mit Planungs-
und Überwachungsleistungen zur Errichtung eines Bäckereigebäudes mit Verkaufsraum und Café.
Nach Erteilung der Baugenehmigung wird der Rohbau planmäßig errichtet.
Der Café-Bereich im Rundbau hat eine Rohbauhöhe von 3,87 m, der Verkaufsbereich mit Auslage, der Café-Bereich am Eingang und auf der Terrasse von 2,80 m. Die sich für den Ausbauzustand daraus ergebende lichte Raumhöhe von 2,50 m beanstandet der Bauherr als nicht regelkonform.
In der Folgezeit können sich die Parteien über geeignete Umplanungen nicht verständigen. Der Bauherr kündigt daraufhin den Vertrag mit dem Architekten aus einem wichtigen Grund. Mit seiner Klage verlangt er Schadensersatz für die zwischenzeitlich angefallenen Kosten des Abbruchs und der Neuerrichtung des Rohbaus in Höhe von ca. 100.000 Euro sowie für weitere Schäden.
Zur Entscheidung
Die Klage hat Erfolg. So führt der Senat aus, ein Architektenwerk sei in der Regel mangelhaft, wenn es nicht den anerkannten Regeln der Technik entspreche. Die Arbeitsstättenverordnung sehe zwar grundsätzlich keine Mindesthöhen für Arbeitsräume vor. Diese müssten lediglich eine ausreichende Grundfläche und Höhe sowie einen ausreichenden Luftraum aufweisen. Die Verordnung werde jedoch näher konkretisiert durch die sie ausfüllende Arbeitsstättenrichtlinie ASR 1.2. Darin werde das Schutzniveau durch die Vorgaben bei Raumhöhe und Luftvolumen je Arbeitsplatz bestimmt. Die danach erforderliche Raumhöhe betrage bei Arbeitsräumen mit mehr als 100 m² ein Maß von 3 m.
Zwar könne der Arbeitgeber von diesen Vorgaben der ASR eigenständig abweichen und die Schutzzielvorgaben der Arbeitsstättenverordnung einschließlich Anhang auch auf andere Weise erfüllen. Hierfür müsse er jedoch eine umfassende Gefährdungsbeurteilung vornehmen und entsprechende Ausgleichsmaßnahmen dartun, die letztlich die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten böten. Eine derartige Gefährdungsbeurteilung sei hier nicht vorgenommen worden.
Wohl richten sich die Vorschriften des Arbeitsschutzes in erster Linie an den Arbeitgeber und nicht an den Architekten. Der Auftraggeber könne aber erwarten, dass das in Auftrag gegebene Vorhaben, welches erkennbar als Arbeitsstätte genutzt werden sollte, auch im Hinblick auf die räumlichen Gegebenheiten den Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung entspreche. Alternative Ausführungen, bspw. die Verkleinerung der Grundfläche der Räume oder ein veränderter Deckenaufbau, seien dem Bauherrn nicht zumutbar oder technisch nicht zielführend.
Praxishinweise
Die Entscheidung enthält eine Klarstellung für Ingenieur-, Architekten- und darüber hinaus aber auch für Bau- und Bauträgerverträge, die auf die Errichtung von Arbeitsstätten gerichtet sind.
Verstößt die Planung im Hinblick auf die Raumhöhe gegen die anerkannten Regeln der Technik, namentlich gegen Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung, ist die Planungsleistung des Architekten mangelhaft. Dabei entlastet den Ingenieur/Architekten die Prüfung und Freigabe mangelhafter Pläne durch den Auftraggeber grundsätzlich nicht, da die Planungsverantwortung bei ihm verbleibt und er auch keinen Anspruch auf die Überwachung oder Kontrolle hat.
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