Der Brandschutzsachverständige als Bauaufsichtsorgan
Oft werden im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens die Bauunterlagen für die Bereiche Brandschutz, Schallschutz, Tragwerksplanung und Wärmeschutz in Abhängigkeit vom Bauvorhaben nicht mehr von der Bauaufsichtsbehörde selbst überprüft. Dies übernehmen vom Bauherrn privat beauftragte Sachverständige. Insofern handelt es sich um eine eigentlich hoheitliche Prüftätigkeit, die auf die vertragliche Ebene zwischen Bauherren bzw. Antragsteller und dem prüfenden Sachverständigen verlagert wird.
Problematisch ist dabei in der Praxis vor allem die Frage, ob und inwieweit der Prüfsachverständige bei Nichteinhaltung von gesetzlichen Regelungen ermächtigt ist, über Abweichungen zu entscheiden. Dies wird in den gesetzlichen Vorschriften der Bundesländer uneinheitlich geregelt und sorgt daher schon seit längerem für Rechtsunsicherheit. Für Unsicherheit sorgt weiterhin die Frage, wie die Schnittstelle bei abweichungsbedürftigen Bauvorhaben zwischen der Prüfung der Bauaufsichtsbehörde über die Abweichung und die übrige Prüfung durch den privatrechtlich beauftragten Sachverständigen funktioniert. Hier hat nunmehr das Oberlandesgericht Köln vor dem Hintergrund der bauordnungsrechtlichen Regelungen im Bundesland NRW entschieden, dass der privatrechtlich beauftragte Sachverständige für Brandschutz für eine nicht genehmigungsfähige Abweichung haftet, wenn er den Nachweis durch seine Prüfbescheinigung freigibt, obwohl die Abweichungsgenehmigung der Behörde noch nicht vorliegt und das Bauvorhaben in dem zu prüfenden Bereich erkennbar nicht genehmigungsfähig ist.
Im zugrunde liegenden Sachverhalt erteilte ein staatlich anerkannter Sachverständiger dem Bauherrn und seinem Auftraggeber eine Prüfbescheinigung für den Einbau eines Fensters in eine Trennwand zur angrenzenden Garage. Da dies grundsätzlich gegen das brandschutzrechtliche Verbot von Fensteröffnungen in Trennwänden zwischen Garagen und Gebäuden verstößt, ist hierfür eine bauordnungsrechtliche Abweichung erforderlich. Noch bevor die zuständige untere Bauaufsichtsbehörde hierüber entschieden hat, bejaht der vom Bauherren beauftragte staatlich anerkannte Sachverständige die Übereinstimmung des Vorhabens mit den bauordnungsrechtlichen Anforderungen unter (eigener) Annahme der Abweichungsfähigkeit. Nach Beteiligung der Brandschutzdienststelle lehnt die untere Bauaufsichtsbehörde jedoch aufgrund der von ihr vertretenen Gefahr der Verrauchung der Wohnung im Falle eines Tiefgaragenbrandes eine Abweichung ab. Der Bauherr macht als Auftraggeber des Brandschutzsachverständigen den Schaden für den nutzlosen Einbau des Fensters in Höhe von ca. 8000 € geltend. Der Brandschutzsachverständige wendet u.a. ein, dass sein Prüfbericht einen ausdrücklichen Vorbehalt der Zustimmung der Aufsichtsbehörde zu den Abweichungen enthalte.
An dem grundsätzlich zugestandenen werkvertraglichen Schadensersatzanspruch ändert auch der erklärte Vorbehalt im Rahmen des Prüfberichts nichts. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts unter anderem deshalb, weil der Vorbehalt nicht unter der Rubrik „Ergebnis der Prüfung“ sondern unter „Angaben zum Bauvorhaben“ steht. Bei flüchtigem Lesen werde daher objektiv der Eindruck erweckt, dass brandschutzrechtliche Bedenken auch im Hinblick auf das streitgegenständliche Fenster nicht bestehen. Der Beklagte hätte zumindest seinen Auftraggeber eindeutig darauf hinweisen müssen, dass das geplante Fenster mit den Brandschutzvorschriften nicht übereinstimmt und die Ausführung nur unter einer Abweichung zulässig ist. Ebenfalls hätte er erklären müssen, dass mit einer Abweichung wohl nicht gerechnet werden könne.
Das Urteil macht einerseits deutlich, dass der zivilrechtlich mit der Prüfung beauftragte Brandschutzsachverständige nicht für die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens haftet. Seine vertraglich geschuldete Leistung ist vielmehr eine objektive Prüfung und im Zuge der Bejahung eine Bescheinigung der Übereinstimmung mit den einschlägigen Vorschriften des Bauordnungsrechts. Der Brandschutzsachverständige hätte hier die positive Prüfbescheinigung bei Fehlen der noch offenen Abweichung trotz Vorbehalts hierzu nicht erteilen dürfen.
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