Baugenehmigungsverfahren

Haftung privater Sachverständiger gegenüber den ausführenden Unternehmen?

Der in den letzten Jahrzehnten viel propagierte „schlanke Staat“ und die hieraus resultierende Vereinfachung der Baugenehmigungsverfahren zieht oftmals Folgen Dinge nach sich, die gerade im Bereich der haftungsrechtlichen Folgen für die Beteiligten (vor allem privat hinzugezogener Sachverständiger) kaum eine Vereinfachung darstellen.

Überprüfung durch private Sachverständige im Baugenehmigungsverfahren

 

Tatsächlich erfolgt im Rahmen von Baugenehmigungsverfahren gerade in den Bereichen Brandschutz, Wärmeschutz, Schallschutz und Tragwerksplanung bereits seit vielen Jahren häufig keine materielle Überprüfung durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde. Stattdessen wird die eigentlich hoheitliche Prüfung auf die private Ebene zulasten des Bauherrn verlagert. Dieser wird gesetzlich verpflichtet, sich einen privaten Vertragspartner zu suchen, der ihm als Sachverständiger die Übereinstimmung des beantragten Bauvorhabens z.B. hinsichtlich des Brandschutzes bescheinigt – natürlich unter Einhaltung verschiedenster öffentlich- rechtlicher Anforderungen.

In der Vielzahl der Fälle erfolgt diese Heranziehung des privaten Sachverständigen, der die Übereinstimmung mit dem Bauordnungsrecht bescheinigen soll, auf zivilrechtlicher, d. h. werkvertragsrechtlicher, Basis.

Mit anderen Worten: Der Bauherr schließt einen privatrechtlichen Vertrag mit einem Sachverständigen ab, dessen Leistungsinhalt die – früher der Bauaufsicht obliegende –hoheitliche Überprüfung des Bauvorhabens ist.

 

Haftung?

 

Die Frage, welche haftungsrechtlichen Folgen hierfür für den privaten Sachverständigen eintreten können, wurde in der Vergangenheit viel diskutiert. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass der privat beauftragte Sachverständige zumindest dem Bauherrn als seinem zivilrechtlichen Auftraggeber gegenüber auch nach den Grundsätzen des Zivilrechts (mit dem Werkvertragsrecht) haftet.

Vor dem Bundesgerichtshof wurde nunmehr jüngst ein Fall entschieden, der die Diskussionen über die haftungsrechtlichen Folgen einer Heranziehung privater Sachverständiger weiter anfeuern dürfte.

 

Freigabebescheinigung des Bezirksschorsteinfegers für Heizungsanlagen

 

Zu Grunde lag ein Sachverhalt, bei dem ein Generalunternehmer für den Neubau einer Pflegeeinrichtung mit einer Pellets-Heizungsanlage beauftragt wurde. Im Rahmen der Baugenehmigung wurde als Auflage verfügt, dass die Heizung vor deren Inbetriebnahme von einem zuständigen Bezirksschornsteinfeger abgenommen und von ihm als sicher benutzbar nachgewiesen werden musste.

Nach dem Bau der Anlage wurde dies veranlasst. Der vom Bauherren beauftragte Bezirksschornsteinfeger bescheinigte die Freigabe der Heizungsanlage. Hierbei wurde jedoch übersehen, dass der sich auf dem Dach befindliche Schornstein nicht die notwendigen Abstände zum Nachbargebäude einhält.

Die Schornsteinanlage musste deshalb mit Kosten von ca. 50.000 € versetzt werden, um den vorgeschriebenen Abstand zum Nachbargebäude einhalten zu können.

 

BGH: Haftung aus Amtshaftung gegenüber dem Bauunternehmer

 

Dies geschah im Rahmen der Haftung und Verantwortung des Auftragnehmers (d. h. des Generalunternehmers), der seitens des Bauherrn als seinem Auftraggeber in die Haftung genommen wurde.

Der Generalunternehmer verklagte daraufhin den Bezirksschornsteinfegermeister auf Schadensersatz. Dies, obwohl zwischen ihm und dem Bezirksschornsteinfegermeister kein Vertragsverhältnis bestand.

Nachdem der Generalunternehmer zunächst in der ersten Instanz unterlag, gibt ihm der BGH jedoch recht. Der BGH bejaht eine Haftung des Bezirksschornsteinfegermeisters gegenüber dem Unternehmer und damit einen eigenen Anspruch des Generalunternehmers aus Amtshaftung gemäß § 839 BGB. Dies, da der Bezirksschornsteinfegermeister gegen seine ihm obliegende Amtspflicht zur richtigen Auskunft verstoßen hat. Sie bestünde zwar grundsätzlich primär gegenüber dem Bauherren. Sofern sich jedoch das wirtschaftliche Risiko einer solchen falschen Auskunft im Rahmen eines zivilrechtlichen Vertrages vollständig auf einen anderen Vertragspartner des Bauherren (hier den Generalunternehmer, der aufgrund der falschen Auskunft des Bezirksschornsteinfegermeisters gegenüber dem Bauherrn haftete) verlagert, bestünde ein eigener direkter Anspruch des tatsächlich Geschädigten gegenüber demjenigen, der den Schaden infolge einer Amtspflichtverletzung durch eine falsche Aussage verursacht hat.

Der BGH bejaht im Ergebnis hier eine Möglichkeit der Amtshaftung des privatrechtlich beauftragten Sachverständigen, sofern dieser als staatlich anerkannter Sachverständiger hieraus resultierende Amtspflichten zur richtigen Auskunft verletzt.

Im Ergebnis kann dies somit in derartigen Fällen zu einem faktischen Regressanspruch des haftenden Bauunternehmers gegenüber dem Sachverständigen (hier dem Bezirksschornsteinfegermeister) führen.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 06/2019 Überprüfung von Verdunstungskühlanlagen, Kühltürmen und Nassabscheidern

Neues Bestellungsgebiet für Sachverständige

„Verdunstungskühlanlagen und Nassabscheider bergen ebenso die Verbreitungsgefahr legionellenbelasteter Aerosole wie Warmwasseranlagen“, erklärt der Bundesverband öffentlich bestellter und...

mehr

Der Brandschutzsachverständige als Bauaufsichtsorgan

Problematisch ist dabei in der Praxis vor allem die Frage, ob und inwieweit der Prüfsachverständige bei Nichteinhaltung von gesetzlichen Regelungen ermächtigt ist, über Abweichungen zu...

mehr
Ausgabe 12/2021 Personenzertifizierung von Sachverständigen

Qualität in der Berufsausübung

Was hat Sie dazu bewogen, sich bei EIPOSCERT zertifizieren zu lassen, obwohl Sie bereits öffentlich bestellt und vereidigt sind? Manfred Lippe: Bei mir war es einfach die persönliche...

mehr
Ausgabe 10/2013

Für vorbeugenden Brandschutz

Definition von Ausbildungsstandards nach DIvB-Richtlinie 100

Sicherer Brandschutz setzt eine gute Fachplanung mit fundiertem Sachverstand und ausreichenden Kenntnissen voraus. Mangelhafte Planungen und unzureichende Kontrollen der Ausführung führen zu...

mehr
Ausgabe 03/2017

Kommentar

Warum muss es zertifizierte Sachverständige für Trinkwasserhygiene geben?

Seit der Begriff „Gefährdungsanalyse“ 2001 das erste Mal in der novellierten Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001 §?16 Abs. 7) auftauchte, haben viele Unternehmen für sich einen neuen...

mehr