Eine Chipfabrik der Zukunft
Bosch erreicht mit der Eröffnung der Chipfabrik in Dresden einen Meilenstein. Dort werden Mikrochips in mehreren hundert Arbeitsschritten produziert – von Beginn an vernetzt und hochautomatisiert für die Industrie 4.0. In einer virtuellen Pressekonferenz und mit einem feierlichen Festakt erhielt die Öffentlichkeit am 7. Juni 2021 Einblicke in eine Schlüsseltechnologie für das Internet der Dinge (IoT) und die Mobilität der Zukunft. Die von Bosch in Dresden künftig auf Basis der 300-mm-Technologie hergestellten Chips machen Mikroelektronik aus Deutschland zu einem Innovationstreiber der Digitalisierung.
Durch die virtuelle Veranstaltung führten Dr. Volkmar Denner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH und Harald Kröger, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH. Der Abschluss bildete eine virtuelle Führung durch die neue Halbleiterfabrik einschließlich des Reinraums.
Der Bau
Auf dem rund 100.000 m2 großen Grundstück im Dresdener „Silicon Valley“ – etwa so groß wie 14 Fußballfelder – hatte Bosch im Juni 2018 mit dem Bau begonnen. Ende 2019 war die Außenhülle des Hightech-Werks mit seiner Gesamtnutzfläche von fast 72.000 m2 fertiggestellt. Der Innenausbau begann, und erste Fertigungsmaschinen zogen in den Reinraum.
Dabei gibt es das Halbleiterwerk zweimal – einmal in der realen Welt und einmal in der digitalen – man spricht vom „digitalen Zwilling“. Alle Teile der Fabrik und alle relevanten Bauwerksdaten des kompletten Halbleiterwerkes wurden bereits während der Bauphase digital erfasst und in Form eines dreidimensionalen Modells visualisiert. Der „digital twin“ besteht aus rund einer halben Million 3D-Objekten – von Gebäuden und Infrastruktur, über Ver- und Entsorgungsanlagen, Kabeltrassen und Lüftungssystemen bis zu den Maschinen und Fertigungsanlagen. Damit lassen sich Prozessoptimierungen, aber auch Umbauarbeiten simulieren, ohne in die laufende Fertigung einzugreifen. Auch neue Anlagen werden immer zweimal in das Werk geliefert – einmal in der echten Welt und einmal in Form von digitalen Modellen.
Im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit konnte auf die Erfahrungen im bereits bestehenden Halbleiterwerk in Reutlingen zurückgegriffen werden. Die Hauptenergieversorgung erfolgt beispielsweise ausschließlich durch Ökostrom und klimaneutrales Erdgas. Zudem sorgt ein ausgeklügeltes Energiemanagement für eine verbrauchsoptimierte Fertigung. In der Endausbauphase sollen in Dresden bis zu 700 Mitarbeiter arbeiten. Sie steuern und überwachen die Produktion und warten die Maschinen.
Die Fertigung
Mit der neuen Waferfab in Dresden erweitert Bosch seine Fertigungskapazitäten für die immer größeren Anwendungsfelder von Halbleitern und bekennt sich einmal mehr zum Technologiestandort Deutschland. Rund 1 Mrd. €, gefördert durch die Bundesrepublik Deutschland, wurden in die Hightech-Fertigung, investiert.
Die moderne Technikwelt basiert auf Halbleitern. Wer kann sich heute noch ein Leben ohne Smartphone, ohne Computer vorstellen? Die winzigen Chips sind das technische Herz aller elektronischen Systeme.
Die komplett digitalisierte und hochvernetzte Halbleiterfabrik in Dresden ist zugleich die erste AIoT-Fabrik von Bosch. AIoT – dieser Kunstbegriff steht für die Kombination von Künstlicher Intelligenz („artificial intelligence“) und dem Internet der Dinge. Damit ist das Werk in Dresden eine vollvernetzte, smarte Fabrik und schafft die Grundlage für eine datengesteuerte, kontinuierliche Verbesserung in der Produktion, die künftig vor allem Mikrochips für Autos bauen wird.
Jede der rund 100 Maschinen und Anlagen im 10.000 m2 großen Reinraum ist elektronisch miteinander und mit der komplexen Gebäudeinfrastruktur über eine Datenzentrale vernetzt. 300 km Datenleitungen wurden dafür verlegt. Pro Maschine werden so bis zu 1.000 Datenkanäle in Echtzeit erfasst und innerhalb des Werks zu einem Server weitergeleitet. Diese zentralisierte Datenarchitektur ist eine der größten Stärken des neuen Werks.
Ein erster automatisierter Kurzdurchlauf erster Teile der hochkomplexen Fertigungstechnik erfolgte im November 2020. Ab März 2021 startete Bosch mit den ersten Fertigungsdurchläufen von hochkomplexen integrierten Schaltungen. Halbleiter finden immer mehr Einsatz im Internet der Dinge und für die Mobilität der Zukunft. Ausgangspunkt für die Halbleiterproduktion sind kreisrunde Scheiben aus Silizium, die sogenannten Wafer. Die noch unbehandelten Rohwafer werden in einem mehrwöchigen Fertigungsprozess bearbeitet, um daraus die Halbleiterchips herzustellen. Dazu durchlaufen die Wafer auf dem Weg zum fertigen Halbleiterchip in mehr als zehn Wochen rund 700 Prozessschritte. Dabei setzt Bosch auf die Technologie mit 300-mm-Durchmesser. Auf einen einzelnen Wafer passen somit rund 31.000 einzelne Chips. Im Vergleich zur etablierten Fertigung mit kleineren 150- und 200-mm-Wafern erzielt man höhere Skaleneffekte und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit in der Halbleiterproduktion. Die Vollautomatisierung der Fertigung sowie der Datenaustausch in Echtzeit zwischen den Maschinen macht die Chip-Produktion besonders effizient.
Fazit: Bessere Optimierungsmöglichkeiten
Gegen die aktuelle Knappheit wird die neue Bosch-Fabrik bestenfalls bedingt helfen können. Gleichwohl unterstreicht Bosch-Aufsichtsratschef Franz Fehrenbach im „Handelsblatt“, dass diese strategische Entscheidung ein Resultat der langfristigen Orientierung des Unternehmens sei.
Bereits im Jahr 1970 habe Bosch in Reutlingen bereits mit der Halbleiterfertigung begonnen und das Bosch durch die Eigenfertigung der aktuelle Chipmangel nicht mit voller Wucht treffe. Bei der Entwicklung der für das Auto immer wichtiger werdenden Software sei es von Vorteil, das Thema bis auf die Chip-Ebene zu durchdringen. Mit dem kompletten Systemverständnis hat Bosch völlig andere Optimierungsmöglichkeiten zwischen Hardware und Software.
Dipl.-Ing. Eberhard Zerres,
Ratingen
Bosch Mobility Solutions
Mobility Solutions ist der größte Unternehmensbereich der Bosch-Gruppe. Er trug 2020 nach vorläufigen Zahlen mit 42,3 Mrd. € 59 % zum operativen Umsatz bei. Damit ist das Technologieunternehmen einer der führenden Zulieferer der Automobilindustrie. Der Bereich Mobility Solutions verfolgt die Vision einer sicheren, nachhaltigen und begeisternden Mobilität der Zukunft und bündelt seine Kompetenzen in den Domänen – Personalisierung, Automatisierung, Elektrifizierung und Vernetzung. Die wesentlichen Geschäftsfelder sind Einspritztechnik und Nebenaggregate für Verbrennungsmotoren sowie vielfältige Lösungen zur Elektrifizierung des Antriebs, Fahrzeug-Sicherheitssysteme, Assistenz- und Automatisierungsfunktionen, Technik für Infotainment und fahrzeugübergreifende Kommunikation, Werkstattkonzepte sowie Technik und Service für den Kraftfahrzeughandel.