Großküche 4.0
Das Thema Küche 4.0 zieht immer größere Kreise. Die digitale Vernetzung der gesamten Technik schließt auch die Lüftungsanlage ein. Die TGA-Branche ist gut darauf vorbereitet mit netzwerkfähigen Abzugseinrichtungen, bedarfsabhängig geregelten Lüftungsklappen und Ventilatoren, smarten Reinigungs- und Desinfektionssystemen. Für einen Performance-Schub sorgt ferner die Induktionslüftung.
Eine der letzten Bastionen der analogen Welt ist die Küche. Deren Digitalisierung ist indessen nicht aufzuhalten. Sie schreitet langsam aber stetig voran – trotz hoher Investitions- und Anlaufkosten. „Möglicherweise kommen im Jahr 2030 die meisten Gerichte aus der Cloud“, urteilte unlängst die schweizerische Investmenbank USB. Küchenroboter, Spülautomaten und 3D-Lebensmitteldrucker sind zwar immer noch Zukunftsmusik, aber die Vernetzung der Kücheneinrichtung ist derweil in Gang.
Die Köche werden in Zukunft weniger verarbeiten sondern vermehrt steuernde und kontrollierende Aufgaben wahrnehmen. Der Lüftung fällt dabei eine wichtige Rolle zu: Sie muß die thermische und lufthygienische Behaglichkeit für die Kochbrigade sicherstellen – zugfrei, energiesparend und ohne Schadstoffbelastung. Und in Ballungsgebieten hohen Anforderungen an die Reinigung der Abluft Rechnung tragen.
Ein zukunftsweisendes Konzept ist die Induktionslüftung. Der schwäbische Hauben- und Deckenproduzent Rentschler Reven (www.reven.de) erläutert den Ursprung der neuen Haubengeneration: Wichtigstes Ziel der Konstruktion war die restlose Erfassung des Kochwrasens. Dies gelang durch einen Stützstrahl, der horizontal in die Abzugshaube geblasen wird und dadurch den Wrasen von unten ansaugt, also induziert. Die dazu erforderliche Luftmenge wird der Raumluft an der Stirnseide der Haube entnommen (Bild 1). Die Temperatur des Stützstrahles liegt mit etwa 20 bis 25°C deutlich unter der Wrasentemperatur mit etwa 80 °C. Folglich findet die Kondensation der Kochdämpfe im Abscheider statt und nicht erst im Abluftkanal.
Bei klassischen Küchenhauben werden die Kochdämpfe nur bis etwa 30 cm Abstand von den Fettabscheidern erfasst (Bild 2). Praktisch wird nur die Hälfte des Haubenraumes zur Entlüftung genutzt. Ein beträchtlicher Teil des Wrasens verharrt in der zweiten Hälfte und bildet eine Walze, die nicht abgesaugt wird. Ein geringer Teil des Wrasens strömt sogar in die Küche zurück. Diese Totzone gibt es bei der Induktionshaube nicht. Die Kochdämpfe werden vielmehr restlos erfasst und zu den Abscheidern getrieben. Ein stufenlos regelbares Gebläse erlaubt den gleitenden Betrieb. So entsteht auch bei vollem Kochbetrieb keine Zugluft im Aufenthaltsbereich der Köche.
Lüftung und dimmbare LED-Leuchten werden bei der smarten Küche lastabhängig gefahren. Wärme- und Feuchtesensoren überwachen die Wrasendichte über den verschiedenen Kochzonen. Ein Mikroprozessor verarbeitet die Daten und steuert die Ventilatordrehzahlen, die Luftklappen und die Beleuchtung nach Bedarf. Eine Wasch- und Desinfiziereinrichtung sind ebenfalls automatisiert und haben Kommunikations-Schnittstellen zur Anbindung an eine Gebäudeleittechnik. Damit wird auch die Großküche der vierten industriellen Ära gerecht.
Ein Fallbeispiel
Der Spülmaschinenhersteller Meiko in Offenburg bezog kürzlich ein neues Schulungsgebäude mit zwei Bandspülmaschinen. Unter anderem werden für den Küchen-Nachwuchs unterschiedliche Betriebszustände und Lastfälle durchgespielt. Für die Entlüftung der Spülküche wählte der Bauherr vier Induktions-Abzugshauben der neuesten Generation von Reven. Die Edelstahl-Hauben haben eine Luftleistung von je 2.000 m3/h und wurden von der Firma Büchele Lufttechnik aus Karlsruhe installiert. Sie konditionieren die Küche ohne Zugerscheinungen.
Eine weitere Referenzanlage
Die modernisierte Kantine des Sportartikel-Herstellers Puma in Herzogenaurach (Bild 3). Die Kantine wurde zu einem Erlebnis-Restaurant und Kommunikationszentrum ausgebaut. An mehreren Frontcooking-Stationen wird vor den Gästen gekocht und gegrillt. Für die Lüftung erhielt die Nürnberger Firma Bischoff Luft-und Klimatechnik den Auftrag zur Installation von zwei mit Induktionstechnik ausgestatteten Küchenhauben aus Edelstahl. Reven entwarf die Hauben baumaßgerecht und präfabrizierte die Komponenten mm-genau im Werk Sersheim. Zeitnah geliefert, wurden sie binnen wenigen Tagen montiert.
Auch Lüftungsdecken mit Induktion
Die guten Erfahrungen mit Induktionshauben veranlassten Reven, auch Lüftungsdecken mit der Induktionstechnik auszustatten. Die Decke überspannt den ganzen Raum; ihre glatten, kondensatdicht verschweißten Oberflächen lassen sich mit dem Dampfstrahler reinigen und die Aerosolabscheider sind versetzbar, wenn die Küche einmal umorganisiert wird. Die Induktionsdecke ist wie die Haube totraumfrei, so dass der Wrasen vollständig erfasst wird. Auch hierzu zwei Fallbeispiele:
Frankenberg Food in Würselen bei Aachen produziert hochwertige Tiefkühlmenüs für internationale Fluggesellschaften (Inflight-Menüs) und andere Großverbraucher. Die Produktionsküche erhielt eine Induktionslüftungsdecke aus Chromnickelstahl und misst rund 1.000 m² (Bild 4). Die Anlage ist für insgesamt 80.000 m³/h Luftleistung ausgelegt. Die Luftmenge wird wrasenabhängig gefahren; Feuchte- und Wärmesensoren messen die Wrasendichte und steuern selbsttätig die Ventilatoren-Drehzahlen. Jede Kochzone hat eine eigene Sensorik für die Luftmengenregelung. Das spart Energie, verlängert die Standzeit der Fettabscheider und vermeidet Zugerscheinungen.
Ein weiterer Fall
In Frankfurt am Main betreibt die Caritas eine neue Versorgungsküche für Obdachlose. Aufgrund des knappen Budgets entschied sich die Verwaltung für die Abzugshaube des billigsten Anbieters. Die Beschwerden der Kochbrigade ließen nicht lange auf sich warten: Die Zugluft war nicht zumutbar und die Küche nicht behaglich zu temperieren. Außerdem tropfte bei der niedrigen Drehzahlstufe Kondensat in die Suppe. Bereits nach dem ersten Winter wurde die Haube durch eine Induktions-Lüftungsdecke von Reven ersetzt. Die Firma RUF Gebäudetechnik aus Kleinheubach installierte die weiß beschichtete Decke, ausgelegt für eine Abluftmenge von 5.400 m3/h. Seither ist das Personal mit den Luftverhältnissen sehr zufrieden und riskiert keinen Schnupfen mehr.
Peter Göhringer
pg relations, Wissembourg (Elsass)
Gleichzeitigkeitsfaktor beachten
Wichtig bei der Planung einer gewerblichen Küchenlüftung ist die Berechnung der notwendigen Zu- und Abluftströme. Grundlagen hierfür sind die Summe der Emissionen, die Raumgröße und Anzahl der Beschäftigten. Ebenso wichtig ist die Bewertung von Auslastung und Nutzungszeiten der Küche.
Bei der endgültigen Festlegung der Volumenströme ist zu abzuwägen, welche Geräte gleichzeitig in Betrieb sind. Hier treffen Fachplaner nicht selten falsche Annahmen. So wird gerne mit einem Gleichzeitigkeitsfaktor von 0,5 gerechnet, um auf niedrige Luftmengen zu kommen. Das bedeutet, dass maximal 50% der gesamten Anschlussleistung aktiviert sind. Dazu Sven Rentschler, CEO der Rentschler Reven Lüftungssysteme: „Bei Spitzenlast, wenn nahezu alle Geräte in Betrieb sind, sind die Volumenströme und der Luftwechsel dann viel zu gering. Bei realistischer Einschätzung von Auslastung und Nutzungszeiten der Küche sind Gleichzeitigkeitsfaktoren von 100% realistisch.“ Die entsprechenden Luftwechselzahlen in Großküchen liegen bei 50 bis 100 h-1, mitunter noch darüber. Sven Rentschler: „Da kommt auch bei mittelgroßen Küchen oft ein Abluft-Volumenstrom von 30.000 m3/h und mehr zustande.“