Zum 50-jährigen Jubiläum der Heinze-Stockfisch-Grabis + Partner GmbH

Im Gespräch mit Jan Haza

tab: Sehr geehrter Herr Haza, Sie konnten im Oktober 2012 ihr 50-jähriges Firmenjubiläum begehen, zu dem wir Ihnen im Nachhinein noch sehr recht herzlich gratulieren. Als eines der großen Planungsbüros in Hamburg haben Sie viel Er­fah­rung mit den Anforderun­gen an die TGA. Welche dieser Anforderungen an Ihr Planungsbüro hat sich in den letzten Jahrzehnten wesentlich geändert?

Jan Haza: Das Umfeld, in dem unsere Planungsaufgaben stattfinden, ist deutlich komplexer und schwieriger geworden. Die Umsetzung von Erkenntnissen ist anspruchsvoller als vor 10 bis 15 Jahren. Denken Sie dabei beispielhaft an die DIN 18 559 oder an die gerade jetzt laufende Diskussion über die Trinkwasserhygiene.

Allgemein ist das Umfeld auch dadurch nicht einfacher geworden, da die Streitlust der Bauherren immer größer wird. Es wird immer mehr verdrängt, dass jedes Bauwerk ein Unikat ist. Im Unterschied zur Automobilfer­tigung kann nicht an Prototypen erst ausprobiert werden, ob die vorliegenden und eingebauten Komponenten funktionieren. Des führt dann dazu, dass Planungen tendentiell eher konservativ angegangen werden oder anderenfalls Bauherren auf Risiken hingewiesen werden.

Dazu kommt dann die Diskussion, dass nach Meinung der Auftraggeber die Honorare gemäß HOAI üppig und reichlich bemessen sind. Diese Aussage ist natürlich falsch, gerade die öffentliche Hand verlangt Höchstleistung bzgl. der Planung und Erfüllung sehr formalistischer Vorgaben, ist aber nur bereit, Mindestsätze nach der HOAI zu zahlen.

tab: Wie kann man aus Ihrer Sicht sicherstellen, dass Bau­herr, Nutzer, Architekt, Trag­werksplaner und TGA-Fach­in­genieure zu einem funktionierenden Projektteam werden? Wo sind die Hindernisse?

Jan Haza: Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Planung ist, dass die logischen Schritte der HOAI eingehalten werden. Jedem ist sicher verständlich, dass eine Ausführungsplanung ohne die vorliegenden Entwurfsplanungen nicht funktionieren kann.

Gute Ergebnisse haben wir erzielt, wenn Architekten, Tragwerksplaner und Haustechniker in Workshops zusammenarbeiten. Voraussetzung dafür ist, dass die Definitionen der Anforderungen des Bauherrn umfänglich vorliegen. So haben wir beispielhaft für einen großen Automobilkonzern innerhalb von zwölf Monaten eine Entwicklungshalle von der ersten Planung bis zur Übergabe nach diesem Prinzip erstellt.

Mit einem mehrtägigen Workshop zwischen den Beteiligten wurden die Randbedingungen soweit abgestimmt, dass Planungsrandbedingungen für die Beteiligten festgelegt wurden. Danach konnten die Teams allein weiterarbeiten und erst, wenn ein Planungsbeteiligter die gemeinsam festgelegten Randbedingungen nicht einhalten konnte, meldete er sich bei den anderen und es kam zu erneuten Abstimmungen. Dies setzt allerdings auch voraus, dass alle Beteiligten um die Planungsaufgabe und die Problematik wissen.

Allgemein kann man sagen, dass die Ziele nicht erreicht werden, wenn Vorleistungen anderer nicht vollständig erbracht werden oder Planungen eine Genauigkeit vorgaukeln, die noch nicht vorhanden ist. Beispielhaft sei hier genannt, ein mit CAD erstellter Plan, der sehr exakt aussieht, aber nicht so mit Inhalten versehen ist, dass z. B. alle Räume da sind, wo sie hingehören oder Wandaufbauten zwar dargestellt sind, die aber noch in keiner Form realistisch sind.

Wir erleben es gemeinsam immer wieder, dass selbst wenn die Planungsschritte über einen Vorentwurf zu einer Ausführungsplanung eingehalten werden, es ganz erhebliche Änderungen im Bereich der Ausführungsplanung gibt. Häufig ist es ja nicht damit getan, einfach diese Änderungen einzuarbeiten. Üblicherweise muss, wenn es sich um gravierende Änderungen handelt, ein Entwurf vorausgehen, um die technischen Randbedingungen und Anforderungen an die Architektur abzuklären. Dieser Schritt wird allerdings häufig nicht getan, sondern die Planänderungen werden direkt in die Ausführungsplanung eingearbeitet, mit der Gefahr, dass die Randbedingungen nicht richtig abgestimmt sind und die Planungsbeteiligten von unterschiedlichen Erwartungen an das Planungsergebnis ausgehen.

tab: Sie halten es für sinnvoll, dass die technischen Gewerke in einer Hand bleiben, um Ko­or­dinationsprobleme zu ver­mei­den. Wie ermöglicht das Ihr Ingenieurbüro?

Jan Haza: Wir halten es zwingend für erforderlich, dass alle technischen Gewerke in einem Büro geplant werden. Auch wenn die Planungsleistungen in einem Hause erfolgen, ist es schon häufig aufgrund der Komplexität der Projekte schwierig, die interne Abstimmung und Koordination befriedigend sicherzustellen.

Der Aufwand wird ungleich größer, wenn die Planungen durch verschiedene Büros ausgeführt werden. Dieser Mehraufwand wird durch den Bauherrn in keiner Art und Weise honoriert bzw. vergütet.

Als eines der größeren Büros in Hamburg decken wir das komplette Leistungsspektrum der Haustechnik in Gebäuden ab. Dabei sind wir in der Lage, sowohl Feuerlöschanlagen als auch normale Sanitäranlagen zu planen. Mitarbeiter für Nachrichtentechnik planen hochwertige Medien und fernmeldetechnische Anlagen, zwei Mitarbeiter sind beispielhaft damit beschäftigt, nur Mess-Steuer-Regelanlagen zu planen, auszuschreiben und zu bauüberwachen. D. h. wir haben für alle haustechnischen Aufgabenstellungen in einem Gebäude entsprechende Sonderfachleute, die die Planungsaufgabe bewältigen können.

tab: Welche Bedeutung hat der Einsatz regenerativer Energien in Ihren Projekten? Welche Projekte sind besonders spannend?

Jan Haza: Die Planung des Einsatzes von regenerativen Energien nimmt grundsätzlich immer mehr zu. Uns erscheint es aber wichtiger zu sein, vorrangig den Verbrauch durch entsprechende technische Lösungen zu minimieren oder auch durch Hinterfragung von Anforderungen zu einer richtigen Bemessung von Anlagen zu kommen.

Häufig wird gerade in dieser Beratungsleistung beim Auseinandersetzen mit den Anforderungen der Auftraggeber deutlich, dass diese sich widersprechen oder für die Lösung der Aufgabe überzogen sind. Im besonderen Maße interessant sind dabei natürlich Objekte, die sich durch möglichst einfache technische Lösungen bei komplizierten Sachverhalten auszeichnen. Eine technische Anlage, die so kompliziert aufgebaut ist, dass nur nach längerem Studium die Wirkungsweise verstanden wird, nur intensives Auseinandersetzen mit der Anlage, das Verständnis über diese ermöglicht, geht an der Betriebspraxis vorbei.

Im Normalfall werden techni­sche Anlagen vor Ort gar nicht oder nicht durch Fachingenieure, sondern Betriebshandwerker betrieben. Für deren Erwartungshorizont sind die Anlagen zu bauen, damit sie auch sorgfältig und inhaltsschwer betrieben werden können. Anlagen, die die Mitarbeiter nicht verstehen können, werden zwangsläufig fehlerhaft oder falsch bedient oder das Leistungspotential der Anlage wird nicht ausgeschöpft, da funktionale Zusammenhänge nicht verstanden werden. Solche Lösungen zu finden, ist besonders spannend.

tab: Welche Qualifikationen muss ein junger Absolvent mit­bringen, damit er für Ihr Unter­nehmen interessant ist? Welche Studiengänge sind für Sie von Interesse?

 

Jan Haza: Hinsichtlich junger Absolventen von Fachhochschulen sind wir grundsätzlich offen für alle Studiengänge. Wir erwarten, dass die jungen Absolventen neugierig und leistungsbereit sind. Leistungsbereit, da sie in relativ kurzer Zeit viele Neuigkeiten aufnehmen müssen, anwenden und auch auf andere Objekte übertragen sollen. Neugierig, weil wir glauben, dass die Neugierde dazu führt, dass sie sich anders mit neuen Aufgaben auseinandersetzen und, obwohl sie bei uns in einer Fachabteilung arbeiten und eingesetzt werden, auch über andere Fachgebiete etwas lernen.

Unser Büro nennt sich „Beratende Ingenieure für Gebäudetechnik“, dies bedeutet, dass unsere Ingenieurleistungen nicht nur auf dem Fachgebiet, z. B. der Sanitär- oder Lüftungstechnik, gefragt sind, sondern auch das Erkennen von Zusammenhängen bedeutet für uns, dass wir unsere Kunden hinsichtlich der notwendigen Gebäudetechnik beraten wollen. Dies geht nicht, wenn man den Fokus nur auf ein Gewerk legt, sondern auch über zusammenhängende Prozesse nachdenken kann.

tab: Wie wichtig sind Ihnen Informationen aus Fachzeitschriften wie der „tab“ für Ihre Arbeit? Informieren Sie sich auch online?

Jan Haza: Fachzeitschriften stellen eine wesentliches Merkmal der Weiterbildung und Informationsbeschaffung in der TGA-Branche dar. Onlinezugriffe auf Fachartikel sind hilfreich, um Anregungen und Wissen für eigene Planungsaufgaben abrufen zu können. Auch wenn der Anspruch vielleicht da ist, braucht man nicht jedes Mal das Rad neu zu erfinden. Entscheidend ist u. E., dass für den Anwendungsfall das richtige Rad, d.h. groß oder klein, breit oder schmal, ermittelt werden kann.

Gestatten Sie uns allgemein noch einen Hinweis zu den immer mehr um sich greifenden VOF-Verfahren zur Auswahl von Fachingenieuren. Bei diesen Verfahren sind Tendenzen feststellbar, die dazu führen, dass Fachingenieure bestimmte Gebäude nicht beplanen können, da sie in diesem Bereich keine Referenzen vorweisen können. Wir als großes Büro haben vielleicht aufgrund unseres Einsatzspektrums damit weniger Probleme. Allerdings ist es überhaupt nicht nachvollziehbar, warum ein Fachingenieur, der für Verwaltungsgebäude Heizungsanlagen berechnen kann, dies nicht ebenfalls für eine Schule können sollte. Gerade dies ist ja die Aufgabe der Ausbildung zum Ingenieur, sich immer wieder mit neuen Aufgabenstellungen, basierend auf einem soliden Fachwissen auseinanderzusetzen. Hier erscheint es viel wichtiger, die Fachkompetenz der einzelnen Mitarbeiter zu prüfen bzw. darzulegen, als die Frage zu stellen, ob das Büro schon einmal ein Verwaltungsgebäude oder beispielhaft ein Schulgebäude geplant und realisiert hat. Hier bedarf es u. E. dringend eine Anpassung, da es sonst in absehbarer Zeit nur noch Büros geben wird, die Verwaltungsgebäude oder Schulbauten betreuen, aber nicht beide Gebäudetypen.

tab: Sehr geehrter Herr Haza, vielen Dank für die offenen Worte. Gerade der letzte Punkt zur Handhabung der Vergabe­ordnung für freiberufliche Leistungen durch öffentliche Auftraggeber in Deutschland sollte nicht dazu führen, einzelne Referenzen über die Fachkompetenz eines Ingenieurbüros zu stellen.

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