40 Jahre Brandschutz

Im Gespräch mit Werner Wagner

tab: Ihr Unternehmen ist seit 40 Jahren im Bereich Brandschutz unterwegs. Welches waren die wichtigsten Meilensteine auf dem Weg zur heutigen Marktbedeutung?

Werner Wagner: Mein Ingenieurbüro hat zunächst Einbruchmeldeanlagen installiert. Nach sechs Jahren kam der Auftrag, das atomare Zwischenlager in Gorleben zu sichern. Mit einem Team von gerade einmal 16 Mitarbeitern haben wir uns als Newcomer dabei gegen große Mitbewerber durchgesetzt und eine umfangreiche Freiland­über­wachung für die Außenanlagen konzipiert und baulich umgesetzt. Eine GSG9-Truppe versuchte im Anschluss unsere Anlage auszutricksen – und blieb erfolglos.

Der nächste Sonderauftrag stellte dann die Weichen für unsere Entwicklung zum Spezialisten für Branddetektion im IT-Bereich. Ein Rechenzentrum, für das wir zuvor ebenfalls eine Einbruchmeldeanlage realisiert hatten, benötigte eine Brandfrüherkennung zur Überwachung seiner Server, weil das Rechenzentrum Brandschäden – wie schon einmal aufgetreten – vermeiden wollte. Bald darauf haben wir den ersten Ansaugrauchmelder zur Brandfrühsterkennung entwickelt.

Die Einführung von Stickstoff als rückstandsfreies Löschmittel zur Brandbekämpfung und als Grundlage unserer innovativen Technologie zur aktiven Brandvermeidung kennzeichnet weitere Stationen auf unserem Weg zu einem der weltweit führenden Anbieter für ganzheitlichen Brandschutz. Wir entwickeln unsere Lösungen immer weiter. Eine der jüngsten Erfindungen ist ein täuschungsalarmsicherer Ansaugrauchmelder, der erkennt, was brennt. Heute arbeiten rund 500 Mitarbeiter für uns an 20 Standorten weltweit.

tab: Ihr Unternehmen ist seit 40 Jahren familiengeführt. Was reizt Sie persönlich am Thema Brandschutz?

Werner Wagner: Wir können Dinge schützen, die unwiederbringlich sind. Wertvolle Daten in Rechenzentren von Banken zum Beispiel oder einzigartige Stücke in Museen oder Bibliotheken wie der British Library. Ja, sogar im Weltraum auf der ISS sorgt unsere Technik für Sicherheit. Dabei immer neue Wege zu gehen, um das beste Konzept für die spezielle Zielgruppe zu finden, das reizt mich sehr. Deshalb ist es auch unsere Stärke, neue Lösungen für den Schutz von hohen Wertkonzentrationen zu schaffen.

tab: Brandschutz ist für viele erst dann wichtig, wenn es brennt, also zu spät ist. Wie bringt man die Kunden dazu, das Thema früher zu beachten?

Werner Wagner: Die verantwortlichen Entscheider müssen für das Thema sensibilisiert werden. Ich habe zu Beginn Vorträge in ganz Deutschland gehalten und Rauchversuche in Rechenzentren durchgeführt, um auf bestehende Problematiken hinzuweisen. Da haben die Techniker dann zum Beispiel gesehen, dass ihre Brandmelder gar nicht erst ansprachen. So kam die Sache ins Rollen.

tab: Jedes Gebäude braucht ein Brandschutzkonzept. Damit fängt Brandschutz bei der Planung an. Wann kommen Sie mit Ihrem Unternehmen üblicherweise dazu? Ist dies der richtige Zeitpunkt?

Werner Wagner: In Deutschland sind bei komplexen Brandmeldeanlagen zwei oder auch drei Ingenieurdisziplinen am Werk. Die Brandmeldetechnik wird meistens von Elektroplanern ausgeschrieben, die Löschtechnik vom Sanitärplaner und der bauliche Brandschutz liegt beim Architekten. Unsere Aufgabe habe ich immer darin gesehen, eine ganzheitliche Brandschutzlösung aus einer Hand zu liefern. Wir stimmen Dinge aufeinander ab und übernehmen Verantwortung für das Gesamtkonzept. Je früher wir eingebunden werden, desto besser.

tab: Gibt es einen Hinweis für Planer, der im Bereich Brandschutz immer beachtet werden sollte?

Werner Wagner: Am Anfang steht immer die Detektion. Je eher Informationen bereitstehen, umso besser können die Systeme reagieren. Sie müssen nur die Stör- und Täuschungsgrößen herausfiltern und eliminieren. So wird Rauch ganz klar erkannt. Um ein Bild zu gebrauchen: Kommt die Information schnell, gehen Sie hin und treten den Brand aus, kommt Sie aber eine Minute später, verbrennen Sie sich schon die Füße. Wenn die Dinge aufeinander abgestimmt sind, sind integrierte Lösungen möglich, die dann auch funktionieren. Und das ist unsere Aufgabe im Markt.

tab: Welche Herausforderungen ergeben sich für die Verantwortlichen beim Einsatz von externen Mitarbeitern bzw. dem Outsourcing von Objekten? Ist dies aus Brandschutzsicht problematisch?

Werner Wagner: Grundsätzlich ist es wichtig, dass alle Beteilig­ten über die Funktion des beste­hen­den Brandschutzsystems informiert sind und wissen, was im Alarmfall zu tun ist. Unser Gefahrenmanagementsystem verfügt über mehr als 500 herstellerunabhängige Schnittstellen zu Sicherheitssystemen, wie z. B. Brandmeldesystem, Video­über­wa­chung, Zutritts-, oder Evakuierungssystem, um diese miteinander zu verbinden und an zentraler Stelle zu bündeln. Der Kunde erhält eine komplette Sicherheitsüberwachung mit allen relevanten Informationen auf einen Blick zu jeder Zeit mit Zugriffsrechten für verschiedene Rollen. Auch bei der Brandvermeidung in vollautomatisierten Lagern können wir eine Ferndiagnose vornehmen, wenn der Kunde dies wünscht. Wenn wir unsere Systeme verbauen, übernehmen wir im Anschluss auch die Instandhaltung und den 24-h-Service vor Ort.

tab: Wagen wir noch eine kurze Prognose. Wird sich die Bedeutung des Brandschutzes verändern? Wenn ja, in welche Richtung?

Werner Wagner: Der Brandschutzmarkt allgemein wächst jedes Jahr um etwa 3 %. Und die Bedeutung des Brandschutzes wird tendentiell zunehmen: Zum einen wird in Unternehmen immer mehr Energie gebraucht. Damit steigt auch die Brandgefahr, denn häufig wird die Energie in Wärme umgesetzt und muss abgeführt werden. Zum anderen kann sich im digitalen Zeitalter kein Unternehmen eine Betriebsunterbrechung leisten. Vor allem im Logistikbereich erwarten Kunden, dass bestellte Waren am nächsten Tag geliefert werden. Kann ein Unternehmen nicht liefern, gefährdet dies schnell seine Existenz. Darum hat der Brandschutz eine immer größere Bedeutung.

tab: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg in den nächsten Jahrzehnten.

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