Der Koalitionsvertrag 2013 aus TGA-Sicht

Inhalte, Statements und Bewertung der Energiewende

In dieser Meldung haben wir für Sie Inhalte des Koalitionsvertrags zusammengetragen, die die TGA-Branche betreffen und einige Statements zusammengefasst. Zusätzlich stellen wir Ihnen den „Energy Transformation Index“ vor, der vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) entwickelt wurde, um den aktuellen Stand der Energiewende in verschiedenen Staaten vergleichbar zu machen.

Inhalte des Koalitionsvertrags

Wichtige Punkte im Koalitionsvertrag aus dem Bereich Energieeffizienz und Wärmemarkt:

 - In einem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz will die Koalition die Ziele für die verschiedenen Bereiche, die Instrumente, die Finanzierung und die Verantwortung der einzelnen Akteure zusammenfassen. Er soll 2014 erstmals beschlossen und mit einem jährlichen Monitoring von einer unabhängigen Expertenkommission überprüft werden.

- Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) soll auf Grundlage des Erfahrungsberichtes und in Umsetzung von europäischem Recht fortentwickelt und mit den Bestimmungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) abgeglichen werden.

- Der Einsatz von erneuerbaren Energien im Gebäudebestand soll weiterhin auf Freiwilligkeit beruhen.

- Auf europäischer Ebene will sich die Koalition mit Nachdruck für dynamische und anspruchsvollere Standards für energierelevante Produkte im Rahmen der Öko-Design-Richtlinie (Verankerung des Top-Runner-Prinzips) einsetzen. Soweit möglich, sollen nationale Standards vorab gesetzt werden.

- Die Kennzeichnung von Produkten (z. B. Haushaltsgeräten) entsprechend ihrer Energieeffizienz soll für die Kunden aussagekräftig gestaltet werden.

- Die Informationen von Käufern und Mietern über die energetische Qualität eines Gebäudes soll weiter verbessert und transparenter gestaltet werden.

Bewertungen und Statements

Bewertung des BdH

Sowohl negative wie auch positive Aspekte erkennt der Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik e. V. (BdH) im Koalitionsvertrag. So wird bedauert, dass die große Koalition die Energiewende im Wärmemarkt noch weniger konsequent umsetzen wolle, als die vorige Regierung. Dabei sollte endlich eine deutliche Beschleunigung des schleppenden Modernisierungstempos im Wärmemarkt erreicht werden. Auch Maßnahmen an der Gebäudehülle und deren steuerliche Förderung gehörten zur Zielsetzung. Doch neben dem Manko der fehlenden Steueranreize gebe es positive Aspekte für den Wärmemarkt, zu denen insbesondere der geplanten Verzicht auf Ordnungsrecht für den Gebäudebestand angesehen wird. Als marktwirtschaftlich orientierte Politik pro Wärmemarkt werde zudem die Aufstockung bzw. Vereinfachung des KfW-Programms sowie die Synchronisation von EnEV und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz angesehen. Der Koalitionsvertrag sehe zudem einen nationalen Aktionsplan Energieeffizienz vor, bei dem der Verband konkrete Vorstellungen über Strategien zur Erschließung der Potentiale im Wärmemarkt einbringen will. Der BDH setze dabei auf die Doppelstrategie aus Effizienz und erneuerbaren Energien.

Bewertung des Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE)

Die Beschlüsse werden deutlich kritisiert. Insbesondere die Deckelung des Anteils der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung auf 40 bis 45 % im Jahr 2025 sei ein energie- und umweltpolitischer Fehler. Mit diesem Ausbaukorridor würde Deutschland seine Klimaschutzziele in den kommenden Jahren verfehlen“, warnt BEE-Präsident Dr.-Ing. E.h. Fritz Brickwedde. Bei einem Wert von 45 % bedeute das einen Zubau der Erneuerbaren von durchschnittlich 1,67 % pro Jahr. In den vergangenen fünf Jahren lag der Zubau im Durchschnitt bei 2 %. Damit würde deutlich, dass die große Koalition bei der Energiewende auf die Bremse treten würde.

Enttäuschend aus Sicht des BEE ist es auch, dass zu den Themen Mobilität und Wärme praktisch nichts Neues im Koalitionsvertrag zu finden sei. Insbesondere das Fehlen der steuerlichen Förderung der Gebäudesanierung sei negativ zu bewerten. Die Wärmewende wäre wichtig für Klimaschutz und Kostenentlastung.

Bewertung des BSW-Solar

De Koalitionsvertrag sei eine große vertane Chance, betont der BSW Solar, da das Energiewende-Tempo der letzten Jahre im Stromsektor deutlich gedrosselt werden würde. Es sei auch nicht erkennbar, wie die nächste Bundesregierung die Energiewende im Wärmesektor einleiten wolle.

Bewertung des Fachverband Gebäude-Klima (FGK)

Die Formulierungen im Kapitel „Effizienz als zweite Säule einer nachhaltigen Energiewende“, die Energieeffizienz und Wärmemarkt eine zentrale Rolle bei der Energiewende zusprachen und sogar die Kälte explizit beinhalteten, ließen zunächst aufhorchen und Positives vermuten. Doch konkrete Maßnahmen sind weitgehend Fehlanzeige und im Vergleich zu den ursprünglichen Inhalten der ersten Vertragsentwürfe nicht ausreichend, um die Energiewende im Gebäudebereich zu beschleunigen. Bezeichnend dafür steht auch die Formulierung: „Die EU-Energieeffizienz-Richtlinie werden wir sachgerecht umsetzen“ – ja, wie denn auch sonst? Insbesondere aber das fehlende Bekenntnis zur steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung steht dem Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands bis 2050 entgegen und wird weiter ein Investitionshemmnis bleiben. Der FGK wird sich gemeinsam mit seinen Partnern in den nächsten Wochen und Monaten dafür einsetzen, die guten Vorsätze der Koalition in die Tat umzusetzen und mit geeigneten Inhalten und Maßnahmen zu füllen.

Bewertung des VdZ

Wichtige Chancen zur Förderung der Energieeffizienz würden vertan, urteilt auch der VdZ – Forum für Energieeffizienz in der Gebäudetechnik e.V.. So fiel eine der wichtigsten Maßnahmen, die steuerliche Abschreibung von Sanierungsmaßnahmen, dem Rotstift zum Opfer. Zwar sei eine Aufstockung der KfW-Mittel zur energetischen Gebäudesanierung geplant, sie bliebe aber einer konkreten Aussage zum Fördervolumen schuldig. Hier wird es in den kommenden Monaten eine zentrale Aufgabe der Branche sein, sich für eine solide Ausstattung des KfW-Programmes einzusetzen. Die Förderung sei eine zentrale Maßnahme zur Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudebestand, die von Eigentümern sehr gut angenommen wurde.

Bewertung des VDMA-Forum Gebäudetechnik

Es wird begrüßt, dass die Parteien sich klar zur Bedeutung der Energieeffizienz – auch und gerade im Gebäudesektor – für die Erreichung der nationalen Energie- und Klimaziele bekennen. Allerdings wurde der Plan, steuerliche Anreize für die energetische Sanierung zu schaffen, in letzter Minute gestrichen. Dies sei eine denkbar schlechte Entscheidung, da die Koalitionspartner die Möglichkeit verpassen, den Modernisierungsstau aufzulösen. Es sei wichtig, dass die Steigerung der Energieeffizienz als der Teil der Umsetzungsstrategie der deutschen Energie- und Klimaziele anerkannt wird. Auch die in Aussicht gestellte Abgleichung des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG) mit der Energieeinsparverordnung (EnEV) sei absolut positiv und längst überfällig.

Die Absicht, im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Gebäudesektors neben energetisch sinnvollen Aspekten auch den demographischen Wandel  und soziale Faktoren zu berücksichtigen, ist ebenfalls positiv. Dazu soll u.a. im CO2-Gebäudesanierungsprogramm ein Förderbonus bei Umsetzung zusätzlicher, altersgerechter bzw. barrierefreier Umbaumaßnahmen eingerichtet werden. Der Lenkungskreis Gebäudetechnik zeigte sich auf seiner Sitzung am Mittwoch in Offenbach enttäuscht vom Ergebnis der Koalitionsverhandlungen mit Blick auf das „Problem Modernisierungsstau“. Zudem gebe es keine Hinweise auf die Bedeutung des Gebäudesektors der Nichtwohngebäude bei der Erreichung der nationalen Klimaziele.

Bewertung des VIK

Auch der VIK, die Interessenvertretung großer industrieller und gewerblicher Energiekunden, zeigt sich skeptisch. Erfreulich wäre die Betonung der eigentlich selbstverständlichen Messlatte guter Energiepolitik: des energiepolitischen Zieledreiecks. Die Gleichbehandlung der Ziele – Sicherheit, Kosten und Umwelt – sei eine entscheidende Weichenstellung hin zu einer Energiewendepolitik, die auf einen gesellschaftlichen Konsens abziele. Insgesamt lasse der Vertrag aber noch nahezu beliebig große Interpretationsspielräume.

Bewertung des ZVEH

Die im Koalitionsvertrag skizzierten Grundzüge der politischen Arbeit für die nächste Legislaturperiode sieht das Elektrohandwerk mit gemischten Gefühlen. Walter Tschischka, Präsident des Zentralverbands der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH), sagt: „Wir begrüßen das eindeutige Bekenntnis zu einem starken Handwerk und insbesondere zum Erhalt des Meisterbriefs.“ Dies sei ein gutes Signal in einer Zeit, in der auf EU-Ebene solche Qualifizierungsstufen in Frage gestellt werden, um den Zugang zu bestimmten Berufsfeldern zu erleichtern. Erfreulich sei zudem, dass die Koalitionspartner den Einsatz von erneuerbaren Energien auch in anderen Bereichen neben der Stromerzeugung – etwa im Wärmebereich – befürworten. Im nächsten Schritt müsste dafür nach Ansicht des ZVEH allerdings auch der Strommarkt transparenter werden und die Verbraucher müssten zwischen variablen Tarifen wählen können. Hierfür fehlt derzeit noch ein klares Bekenntnis der Regierungsparteien.
 
Positiv sei laut Walter Tschischka zu bewerten, dass beim Ausbau der Photo­voltaik keine tiefgreifenden Veränderungen geplant sind, so dass für die Anlagenbetreiber Vertrauensschutz bestehe. Der ZVEH-Präsident kritisiert jedoch, dass generell die Ansätze für den weiteren Ausbau der dezentralen erneuerbaren Energieversorgung undeutlich bleiben und womöglich eine finanzielle Belastung für die Betreiber kleiner und mittlerer Anlagen für den Eigenverbrauch mit der EEG-Umlage droht: „Das ist nicht sinnvoll, da es die eigenverantwortliche und saubere Stromerzeugung in Kombination mit modernen Batteriespeichersystemen hemmt.“ Auch für das wichtige Thema Energieeffizienz sieht der ZVEH im Koalitionsvertrag zu wenig Impulse, da noch kein Konzept erkennbar ist, wie diese wichtige Säule der Energiewende umgesetzt werden soll. Ebenfalls wünschenswert wäre ein Programm zur steuerlichen Förderung der Gebäudesanierung gewesen, ohne das nach ZVEH-Ansicht das Ziel, bis zum Jahr 2050 einen energieneutralen Gebäudebestand zu erreichen, nicht zu verwirklichen ist.

Zum Stand der Energiewende – Der ETI

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat einen Index entwickelt, der ermittelt, inwieweit die Energiewende in verschiedenen Ländern weltweit bereits fortgeschritten ist. Dieser „Energy Transformation Index“ (ETI) misst sowohl die Etablierung erneuerbarer Formen der Stromerzeugung wie Photovoltaik als auch die wirklich effiziente Nutzung der Energie.

Deutschland liegt beim Voranschreiten der Energiewende hinter den Ländern Schweden, Brasilien und Italien gleichauf mit Japan und Großbritannien auf Platz vier. Das ergibt der „Energy Transformation Index“ (ETI), ein neues Ranking, welches das Freiburger Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE künftig regelmäßig zusammen mit der International Solar Energy Society ISES veröffentlichen wird. „Bislang gab es keinen methodischen Ansatz, mit dem wir den Fortschritt einzelner Länder und Regionen auf dem Weg zur Energiewende quantitativ beschreiben könnten“, sagt Prof. Dr. Eicke Weber, Leiter des Fraunhofer ISE. Der nun entwickelte ETI erlaube es erstmals, die Situation eines Landes diesbezüglich durch eine griffige Zahl zu beschreiben. „Im Vergleich zu anderen Staaten zeigt sich dabei, dass die Energiewende hierzulande gar nicht so weit fortgeschritten ist, wie es allgemein angenommen wird“, so der Leiter des Fraunhofer ISE.

Der Index

Grundlage für diesen neuen Index ist eine Idee, die vor zwei Jahren auf der Jahrestagung des ForschungsVerbunds Erneuerbare Energien FVEE vorgestellt wurde. Die damalige Darstellung beschrieb auf der x-Achse den Anteil regenerativer Energien am gesamten Strommix. Auf der Ordinate fand sich die Energieeffizienz als Quotient von Bruttoinlandprodukt (BIP) beziehungsweise „gross domestic product“ (GDP) und dem Energieverbrauch. Die hier definierte Energieeffizienz ist das Inverse der bekannten Energieintensität des BIP, die beschreibt, wie viel Energie man benötigt, um eine Einheit des GDP zu produzieren. Der inverse Betrag, der beschreibt, wie viel Dollar an Wirtschaftsleistung man für eine Energieeinheit erhalten kann, sollte so groß wie möglich sein und ist daher als Ordinate eines derartigen Graphen gut geeignet. Nachdem der Fortschritt bei der Transformation des Energiesystems in beiden wesentlichen Aspekten, der Energieeffizienz und dem Ausbau erneuerbarer Energien, anschaulich deutlich wurde, gab es die Überlegung, ob daraus nicht eine griffige Zahl entwickelt werden könnte. Um allerdings Konsistenz zu gewährleisten, musste auch auf der Abszisse ein Bezug zum gesamten Energieverbrauch hergestellt werden. Als Zielpunkt der Transformation des Energiesystems sollte hier natürlich ein Anteil von 100 % regenerativer Energien stehen, auf der Ordinate dagegen ist ein Zielpunkt der Energieeffizienz schwieriger zu definieren. Das Fraunhofer ISE wählte als Ziel des Effizienzwerts zwei Dollar pro Kilowattstunde, also in etwa das Doppelte der heutigen Effizienz von Deutschland.

Um nun einen Index zu erstellen, war es der erste Ansatz, die Länge des Vektors vom Ursprung (0,0) mit dem jeweiligen Punkt für ein spezifisches Land zu berechnen, und diese Länge durch die Länge des optimalen Vektors zu teilen. Eine genauere Analyse zeigt jedoch, dass dieser Ansatz Abweichungen auf dem Weg zum idealen Punkt belohnen würde, denn Länder, die zunächst nur einen der beiden Faktoren betonten, schnitten besser ab als Staaten, die bereits auf dem idealen 45 °-Weg voranschritten. Daher machte es Sinn, als Index die Projektion des Vektors eines bestimmten Landes auf die Diagonale zu definieren, geteilt durch die Länge des idealen Vektors.

 

Das Ergebnis

Im Resultat liegt Schweden im ersten Ranking von 17 Staaten an erster Stelle mit einem ETI von 40 knapp vor Brasilien mit 39. Deutschland (30) folgt hinter Italien (34) zusammen mit Japan (30) und Großbritannien (30) gleichauf auf dem vierten Rang. Bei der Zuwachsrate seit dem Jahr 1990 liegt Deutschland jedoch zusammen mit Großbritannien an der Spitze. Auf abgeschlagenen Plätzen beim aktuellen Indexwert finden sich derzeit Länder wie die USA (18) und China (11) wieder. Das ETI-Ranking hat auch einen direkten Bezug zur Klimaproblematik. 100 % erneuerbare Energien bedeuten auch keine CO2-Emissionen mehr aus dem Energiesektor, und auch die Verbesserung der Energieeffizienz wirkt sich natürlich direkt in der Verminderung von CO2-Emissionen aus. Künftig soll jährlich ein Ranking veröffentlicht werden, um zu dokumentieren, welche Länder die Energiewende ernsthaft angehen, und wer dabei zurückbleibt.

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