Passgenaue Lösungen für mehr Effizienz

KWKK-Diskussion auf der Hannover Messe

Wie lässt sich der industrielle Bedarf an Primärenergie in Zukunft optimal decken? Welche neuen Technologien sind besonders vielversprechend? Unternehmen, die neben Strom und Wärme auch Kälte benötigen, können durch den Einsatz eines Blockheizkraftwerkes (BHKW) oder durch die Einbindung von Abwärme aus industriellen Prozessen in Kombination mit einer Sorptionskältemaschine hohe Kosteneinsparungspotenziale realisieren.

Das Thema der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung stand im Mittelpunkt einer von tab-Chefredakteur Christoph Brauneis moderierten Podiumsdiskussion am 7. April 2014 auf der Hannover Messe. Diskussionsteilnehmer waren Marco Henning, Geschäftsleiter HVACR – Deutschland (Industriekälte und Klimasysteme) bei Johnson Controls Systems & Service GmbH; Dr. Ulrich Jakob, Geschäftsführer Green Chiller Verband für Sorptionskälte e.V.; Jörg Müller, Geschäftsführer encadi GmbH; Wolfgang Müller, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit; Sören Paulußen, Geschäftsführer Invensor GmbH. Die Diskussion war in die Sonderschau „Dezentrale Energieversorgung” in Halle 27 eingebettet, in deren Rahmen sich 40 Aussteller mit ihren Lösungen zur Kraft-Wärme-Kopplung und zum Contracting präsentierten.

In der Diskussion stellte Marco Henning heraus, dass die dezentrale Energieversorgung als Schlüssel gilt, um sich gegen steigende Energiekosten und das zunehmend volatile Stromnetz abzusichern. Als effiziente Lösung dafür gelten BHKW. Darüber hinaus schafft ein BHKW ideale Voraussetzungen für den Betrieb einer energie- und kosteneffizienten Absorptionskältemaschine. Im Vergleich zu Kompressionskältemaschinen sind Absorptionskältemaschinen in der Lage, Kälte aus der Abwärme eines BHKW zu generieren. Durch diese Kombination können über 90 % der eingesetzten Primärenergie genutzt werden. Der eigentliche Kühlprozess entsteht dabei durch die Verdampfung von Wasser unter Vakuumbedingungen. Ein Absorptionsmittel bindet den frei werdenden Wasserdampf. Die Wärme­energie des BHKW wird im Anschluss benötigt, um Absorptionsmittel und Wasser wieder zu trennen, so dass die Komponenten dem Kreislauf wieder zur Verfügung stehen.

Auch in kleineren Leistungsbereichen lässt sich die Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung bestens einsetzen. Hier sind meist Adsorptionskälteanlagen die richtige Wahl, wie Sören Paulußen aufzeigen konnte. Die Adsorptionskältemaschine arbeitet mit festen Materialien, wie Silikagel oder Zeolithen, an die Wasserdampf ad- bzw. desorbiert wird. Die Kälteerzeugung erfolgt durch Verdampfung des Kältemittels Wasser bei niedrigen Drücken. Bei der Desorption wird dem Prozess Antriebswärme zugeführt und bei der Adsorption entnommen.

Die Bundesregierung hat die Bedeutung der Sorptionstechnik erkannt und fördert sie – die Details stellte Wolfgang Müller in der Diskussion vor: Seit Herbst 2008 fördert das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) Effizienzmaßnahmen an Klima- und Kälteanlagen. Die bislang geltende Richtlinie wurde grundlegend überarbeitet. Das Förderverfahren wurde zum 1. Januar 2014 stark vereinfacht und der Bereich der förderfähigen Anlagen ausgeweitet. Die Förderung von Sorptionskälteanlagen ist nun ein eigenständiges Fördermerkmal und gilt für Sorptionsanlagen mit 5 bis 500 kW Kälteleistung. Voraussetzung für die Förderung ist, dass die Wärme aus KWK-Anlagen stammt oder Abwärme genutzt wird.

Dr. Uli Jakob und Jörg Müller berichteten von gelungenen Anwendungen der KWKK-Technik, bei denen die Nutzung „überschüssiger“ Wärme in wärmegetriebenen Kältemaschinen die Jahresnutzungsdauer von KWK-Anlagen erheblich erweitert – gerade in Sommermonaten, wenn ein geringer Raumwärmebedarf besteht. Auch industrielle Prozesse mit einem spezifisch hohen und gleichbleibenden, parallelen Kälte- und Wärme­bedarf (z. B. Lebensmittelindustrie) oder hohen Strom- und Kältebedarf (z. B. Rechenzentren) eigen sich für eine Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 04/2017

Kälte aus Wärme

Industriekühlung mit Adsorptionskältemaschinen

Die in der Lutherstadt Wittenberg und Berlin ansässige Cleantech-Firma InvenSor GmbH entwickelt und produziert seit 2006 innovative Adsorptionskältemaschinen (AdKM) für den Leis­tungs­bereich von...

mehr
Ausgabe 11/2010

LKA Stuttgart setzt auf KWKK

Die Stuttgarter Kriminalisten brauchen seit Mai 2010 weniger Energie für ihre Ermittlungen: Das im Landeskriminalamt in Betrieb genommene BHKW (485?kWth und 315?kWel) mit Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung...

mehr
Ausgabe 06/2008

Kälteanlagen im Industriebetrieb

TAB: In der Industrie beginnt derzeit ein Umdenkungsprozess, der nicht nur auf eine immer produktivere Fertigung abzielt, sondern zunehmend auch die Energieeffizienz der Prozesse untersucht, um...

mehr
Ausgabe 09/2016

HybridChiller

Adsorptionskälte als Alternative

Adsorptionskälteanlagen arbeiten immer dann besonders wirtschaftlich, wenn zur Kühlung Abwärme zu Verfügung steht. Günstig sind dabei zu erzielende Kaltwassertemperaturen zwischen 15 und 21?°C...

mehr
Ausgabe 7-8/2013

BTGA unterstützt Forschung zu energieeffizienter Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung

Der BTGA unterstützt den von der TU Berlin koordinierten „Feldtest Absorptionskältetechnik für KWKK-Systeme“. Das vom BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie) geförderte...

mehr