Kommentar

Aktionistische Energiepolitik führt nicht zum Ziel

Das Thema Klimaschutz ist, durchaus zu Recht, momentan in aller Munde. Nur leider hat es der gesunde Menschenverstand schwer, sich in diesen oft hoch emotional geführten Debatten durchzusetzen.

Bewegungen wie Fridays for Future oder Extinction Rebellion treiben die Politik vor sich her. Die Regierung lässt sich das nicht nur gefallen, sondern sie schwenkt teilweise voreilig auf diese übertriebenen, nicht wissenschaftlich fundierten und oft nicht zu Ende gedachten Forderungen ein. Im Ergebnis ist die Energiepolitik in Deutschland nicht mehr kalkulierbar. Es fehlt jegliche mittelfristige, teilweise sogar kurzfristige Planungssicherheit.


Kohleausstiegsgesetz untergräbt KWK-Ausbauziel

Ein Beispiel dafür ist das geplante Kohleausstiegsgesetz. Dieses hat einen wesentlichen, negativen Einfluss auf Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-Anlagen). Einerseits will die Bundesregierung mit dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) bis zum Jahr 2025 eine von KWK-Anlagen erzeugte Strommenge von 120 TWh realisieren. Das wäre ein Anteil von immerhin rund 20 % an der gesamten Stromerzeugung in Deutschland.

Diametral dazu soll der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf zur Anpassung des KWKG im Rahmen des Kohleausstiegsgesetzes die KWK-Zulage auf 3.500 Vollbenutzungsstunden (Vbh) pro Jahr und KWK-Anlage begrenzen. Moderne und an das jeweilige Lastprofil angepasste KWK-Anlagen kommen bei Quartierslösungen auf mindestens 6.000 Vbh, in Prozesswärmeanlagen der Industrie sogar auf 7.000 bis über 8.000 Vbh, und sind somit fast ohne Unterbrechung das ganze Jahr in Betrieb. Diese sorgfältig geplanten Anlagen bzw. ihre Betreiber werden jetzt massiv wirtschaftlich geschädigt.

Darüber hinaus sind KWK-Projekte, die seit Monaten oder Jahren auf Basis der bisherigen Förderung in der Planungsphase oder kurz vor der Realisierung stehen, auf einmal nicht mehr wirtschaftlich umsetzbar. So kommen wir dem Ziel des praktizierten Klimaschutzes nicht näher.

Auch der wirtschaftliche Schaden in der Bundesrepublik kann enorm sein. Wird dieser Gesetzentwurf zum Gesetz, wird sich eine weitere Branche aus der Energieerzeugung in Deutschland verabschieden: Nach den Herstellern von Windkrafträdern und Photovoltaikmodulen werden dann die Hersteller von Blockheizkraftwerken ihre Produktion herunterfahren müssen.


Klare und verlässliche energiepolitische Leitlinie benötigt

Es bleibt nur die Hoffnung, dass der gesunde Menschenverstand für den Rest der Legislaturperiode in Kabinett und Koalition doch noch Einzug hält. Wir benötigen gerade jetzt – in wirtschaftlich (noch) erfolgreichen Zeiten – eine klare und verlässliche energiepolitische Leitlinie der Bundesregierung. Damit würden wir den Grundstein für ein wirtschaftlich erfolgreiches Deutschland in den nächsten Jahren legen.

Es muss Aufgabe aller Verbände der Gebäudetechnik und des Energiewesens sein, unermüdlich auf die Probleme hinzuweisen, Lösungsvorschläge aus der Praxis zu kommunizieren und mit der Politik zu diskutieren. Das ist ein dickes Brett, das es zu bohren gilt – aber Aufgeben ist keine Option. Vielleicht findet sich ja das eine oder andere offene Ohr in Berlin und den Landesregierungen.

Allerdings befürchte ich, dass uns die aktionistische Energiepolitik noch mindestens bis zum Ende der Regierungsperiode der so genannten Großen Koalition erhalten und der gesunde Menschenverstand weiterhin auf der Strecke bleibt. Und wie es danach weitergeht, womöglich unter schwarz-grüner oder sogar grün-rot-roter Fahne, möchte ich mir besser nicht vorstellen.

Der Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder.

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