Mangelhaftes Projektmanagement – nicht nur bei Stuttgart21 oder BER
Es ist evident, dass einige der spektakulären Pannenprojekte wie die Hamburger Elbphilharmonie zu einem großen Teil an mangelhafter Projektsteuerung scheitern. Dieses Phänomen ist jedoch nicht auf große öffentliche Bauvorhaben beschränkt, sondern kann jeden Tag in einer Vielzahl von Projekten beobachtet werden.
Die Projektsteuerung beginnt selbstverständlich in der ersten Planungsphase und betrifft alle Beteiligten vom Bauherrn über den Planer und GU bis zum Bauunternehmer und dessen Subs. Meistens schlagen Fehler in der grundsätzlichen Planung durch bis in die einzelnen Gewerke. Umso wichtiger ist es für den Unternehmer, sich für seinen Liefer- und Leistungsanteil ein klares Bild der Ausgangslage zu verschaffen und seine Abwicklung und deren Bedingungen genau zu planen. Dabei darf es aber nicht bleiben – die genaue Dokumentation dieser Bestandsaufnahme und der angenommenen Bedingungen sind in Vertrag und Schriftverkehr festzuhalten und zu dokumentieren. Schnittstellen, unklare Leistungsgrenzen, Beistellungen etc. sind die Einfallstore für Verzögerungen und Mehrkosten, auch wenn man seine eigenen Leistungen an sich perfekt abwickelt. Diese Sachverhalte müssen von der Projektleitung erkannt, dokumentiert und angezeigt werden. Nur so schafft man die Grundlage zur Abwehr ungerechtfertigter Ansprüche seitens des Kunden und zur Durchsetzung der eigenen Forderungen.
Neben der Kenntnis der Projektmanagementregeln, der Terminplanung und der rechtlichen Grundlagen erfordert das Claim Management, welches auch ein Teil der kaufmännischen Projektsteuerung ist, einige Sekundärtugenden. Dazu gehört neben Sorgfalt bei der Dokumentation und Fristeinhaltung auch der Mut, seine berechtigten Interessen ohne falsche Bescheidenheit anzuzeigen und zu verfolgen.
Ein guter Projektleiter muss daher neben den Fachkenntnissen auch das Selbstbewusstsein haben, die von ihm erkannten Missstände in der gebotenen Form anzusprechen und sich und seinem Arbeitgeber nicht die Früchte der eigenen guten Arbeit nehmen zu lassen. Hier ist auch der Chef gefragt, der Schulungen in Projektmanagement anbieten und das Nachtragsmanagement als natürlichen Bestandteil der Aufgabe des Projektleiters einfordern und unterstützen sollte.
Wenn die vernünftige Verfolgung der eigenen Interessen während der Abwicklung des Projektes nicht gelingt, bleibt nur der Rechtsweg oder die Abschreibung der Forderungen. In rechtlichen Auseinandersetzungen sind die saubere vertragliche Gestaltung und die Dokumentation entscheidend. Die forensische Analyse eines Zeitplans und die Herausarbeitung des kritischen Pfades, sowie die Bestimmung der überwiegenden Einflüsse der Handlungen und Unterlassungen der beteiligten Parteien sind bekanntermaßen langwierig und teuer. Während dieser Zeit wartet der Unternehmer auf sein Geld. Manchmal scheint diese Verzögerung der Zahlung sogar taktisch gewollt zu sein.
Daher sollte ein guter Unternehmer bereits während der Bauphase durch professionelles Projektmanagement das Konfliktpotenzial minimieren, zumindest aber signalisieren, dass er im Streitfall die besseren Karten für sich hat.