Mehr Klimaschutz durch Energieeffizienz
Luftenergiezähler und solare Adsorptionskühlung haben es beim Effizienzwettbewerb „Perpetuum 2019“, der in diesem Jahr besonders hart umkämpft war, unter die Finalisten geschafft.
Der Jurypreis ging an ecoworks, die mit ihrer ganzheitlichen Gebäudesanierungs-
lösung „Net Zero Modernisierung“ überzeugen konnten. Das Publikum stimmte für das selbstlernende Heizungsthermometer „ovis“ von vilisto.
Mit der Jahresauftaktveranstaltung am 9. April 2019 ver-
deutlichte die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) einmal mehr, dass Energieeffizienz ein Haupttreiber der Energiewende sein kann. Damit die Klimaschutzziele erreicht werden können, fordert die Initiative in einem offenen Brief an die Bundesregierung einen Steuerbonus für energetische Modernisierungen für Gebäude.
Energy Efficiency Hack 2019
Während des Energy Efficiency Hack (#eehack2019) in Berlin-Mitte am 7. und 8. April 2019 arbeiteten rund 200 Studenten, Start-up-Gründer und Energieeffizienzexperten aus 20 Ländern in 16 interdisziplinären Teams gemeinsam neue Lösungen für eine erfolgreiche Energiewende aus.
Unter der Schirmherrschaft von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) fand der Hack 2019 schon zum dritten Mal statt. Mithilfe agiler Innovationsmethoden wurden disruptive Lösungen erarbeitet. Die kreative Ideenschmiede entwickelt Lösungen für eine effizientere Elektromobilität, für CO2-neutrale Supermärkte, smarte Gebäude und energiesparende Fabriken.
Partner dieser „Challenges“ sind Energieeffizienzunternehmen wie Danfoss, Engie, Getec und MVV Enamic.
Gesamtsieger wurde das Team „ChangeItLater“, das sich für die Danfoss-Challenge „Supermarkt der Zukunft“ entschieden hatte. Das Team konnte die Jury mit einem türlosen Kühlschrank überzeugen, der den Energieverlust um bis zu 30 % reduziert.
Steuerbonus für
Gebäudemodernisierungen gefordert
Bereits am 8. April 2019 hatte sich die DENEFF gemeinsam mit 36 weiteren Verbänden mit einem offenen Brief an die Bundespolitik gerichtet.
Die Bundesminister sowie die Mitglieder der Bundestagsausschüsse für Wirtschaft, Umwelt, Bau, Haushalt und Finanzen werden darin aufgefordert, den im Koalitionsvertrag angekündigten Steuerbonus für energetische Modernisierungen für Gebäude endlich umzusetzen.
„Bei keiner anderen Klimaschutzmaßnahme besteht so breiter gesellschaftlicher Konsens wie bei der Steuerförderung für die energetische Gebäudesanierung. Die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung steht auf dem Spiel, wenn es nicht gelingt, dieses wichtige Vorhaben endlich umzusetzen“, so Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der DENEFF.
Perpetuum 2019 –
Energieeffizienz in Serie
Unter dem Wettbewerbsthema „Energieeffizienz aus aller Welt: Das Beste einfach machen!“ wurden in diesem Jahr bereits zum sechsten Mal Energieeffizienzlösungen gesucht. Zehn nominierte Finalisten präsentierten ihre Projekte vor der achtköpfigen Jury und den rund 350 Teilnehmern der Konferenz in einem sogenannten „Elevator Pitch“. Er bezeichnet eine sehr kurze Präsentation, in der das Produkt oder die Idee vorgestellt und das Publikum überzeugt werden soll, um Interesse für eine längerfristige Vorstellung zu erwecken.
Für das Projekt „Net Zero Modernisierung“ erhielt ecoworks den Jurypreis. Mit vorgefertigten Fassaden und integrierter Technik will ecoworks Mehrfamilienhäuser mit Schwerpunkt Siedlungsbau dämmen und versorgen. Als Komplettunternehmen für Bauprojekte und Energiedienstleister für Contracting und Mieterstrom wollen sie neuen Schwung in die Sanierung bringen. Die Gebäude und ihre Mieter sollen dann mittels Photovoltaik, Batteriespeichern, Wärmepumpen und -speichern, Fenster, Türen, und integriertem Lüftungskonzept über die gesamte Jahresbilanz CO2-neutral betrieben werden.
Die Juryvorsitzende Dr. Camilla Bausch, Geschäftsführerin des Ecologic Instituts, sagte dazu: „ecoworks hat die Jury mit ihrem integrierten Ansatz beeindruckt, der verschiedene Gewerke zusammenführt. Die Lösung adressiert wesentliche Herausforderungen im Gebäudebestand und ist durch die industrielle Fertigung sehr kosteneffizient. So werden anspruchsvolle Sanierungen kalkulierbar.“
Die rund 350 Teilnehmer wählten in der Konferenz-App den Gewinner des Publikumspreises. Sie entschieden sich für vilisto und ihre selbstlernenden Heizungsthermometer „ovis“. Die Technologie basiert auf Künstlicher Intelligenz (KI). Sie lernt das Nutzungsverhalten und die Gebäudeparameter raumindividuell, so dass die Heizkörper vollautomatisch, vorausschauend und bedarfsgerecht unter Berücksichtigung von Wetterdaten gesteuert werden. „ovis“ erziele laut vilisto Energieeinsparungen von über 32 %.
Überzeugend war auch der Nachwuchspreis. Er ging an Jonas Scheumann, Student der Fachhochschule Aachen. Er entwickelte eine dynamische Entnahmevorrichtung für Wärmespeicher in Unternehmen und Wohngebäuden.
Die innovative Lösung, die vor Ort besichtigt werden konnte, ermöglicht die temperaturgenaue Entnahme von Warmwasser – so wird ein unnötiges Aufheizen verhindert und viel Energie eingespart. Nun sucht Jonas Scheumann Partner aus Industrie und Handwerk.
Ideenpool für die
TGA-Branche
Auch aus dem TGA-Bereich wurden vielversprechende Lösungen präsentiert. Lumoview Building Analytics brachte einen Panorama-Innenraumscanner in den Wettbewerb ein. Ein einfaches, schnelles und preiswertes Messsystem soll Gebäudebesitzer durch Informationen und Visualisierung motivieren, vermehrt energetisch zu sanieren und somit Energie einzusparen.
Auf eine LED-Lösung für bedarfsorientiertes Licht in Lager- und Produktionsflächen setzt Interact Industry von Signify. Energieverbrauchswerte werden intuitiv dargestellt und zum Monitoring nach ISO 50001 genutzt. Präsenzdaten, als „Heatmap“ dargestellt, liefern wichtige Erkenntnisse zur Lagerorganisation.
Mit dem bereits mehrfach verbauten Wärmetauscher von Uhrig Energie lässt sich Energie zum Heizen und Kühlen aus den Abwasserkanälen mit einer Wärmepumpe nutzbar machen. Die vorgestellte Lösung könnte 14 % des Wärmebedarfs in Gebäuden mit Abwasserwärme, das im Winter mit ca. 10 bis 12 °C und im Sommer mit 17 bis 20 °C zur Verfügung steht, decken.
Der „HybridChiller N“ von Fahrenheit verspricht eine nachhaltige solare Kühlung. Die verwendete Adsorptionskühlung benötigt keinen Strom, sondern nur warmes Wasser als Antrieb, das von der Sonne erzeugt wird. Sowohl Adsorptions- als auch Kompressionskühlung kommen so ohne klimaschädliche F-Gase aus, wie CEO Matthias Hoehne mitteilte. Die Adsorption nutzt reines Wasser, die Kompression natürliches Propan. Es handele sich um die weltweit erste Kombination von Adsorption und Kompression in einem komplett anschlussfertigen Gerät, versprach Matthias Hoehne.
Mit dem Luftenergiezähler von Luftmeister kann das Medium Klimaluft nach dem „Verbrauch“ direkt abgerechnet werden. „Er ist nicht nur weltweit der erste Lüftungsverbrauchzähler auf dem Markt, sondern unterscheidet dabei sogar nach der Luftmengen-, der Wärme- und der Kältelieferung über die Klimaluft für Industrie und Nichtwohngebäude“, so Wolfgang Eiche.
„Für Gebäudetechniker ist die DENEFF-Tagung immer wieder spannend. Mit den technischen Möglichkeiten, elektrische und thermische Energie effizient zu nutzen, kann der Investor sehr schnell ein Cashback realisieren und so einen großen Teil zum Klimaschutz beitragen. Nach Fischerbach im Schwarzwald haben sich auch unsere Entwicklungen der bidirektionalen Kalt-Wärme-Netze als innovative Wärme- und Kälteversorgungslösung zunehmend etabliert. So entsteht derzeit in einem Neubaugebiet mit 36 Ein- und Zweifamilienhäuser in Gutach/Bleibach bei Freiburg ein bidirektionalen Kalt-/Wärmenetz. In dem Förderprojekt ,Wärmenetz 4.0‘ werden derzeit weitere Nachweise errechnet, um das Pilotprojekt in der Gemeinde Fischerbach zu erweitern“, ergänzt Arnold Schmid, Inhaber des gleichnamigen Büros innovativSchmid. Hierbei wird untersucht, das bestehende Kalt-/Wärmenetz zu erweitern, in dem ein weiteres Neubaugebiet mit 23 Ein- und Zweifamilienhäusern, sämtlichen kommunalen Gebäuden und einem Industriebetrieb (uma GmbH) mit eingebunden werden sollen. Die geförderte Studie wird Anfang Juni 2019 den Beteiligten vorgestellt. Eine Umsetzung könnte dann über das Förderprogramm „Wärmenetze 4.0“ erfolgen.
Uwe Manzke, Freier Journalist,
IWP Wissenschaftsredaktion,
10207 Berlin