Schadstoffe in Innenräumen
Viele Gebäude mit chemischen oder mikrobiologischen ProblemenDer Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V. (BVS) weist auf zunehmende Probleme mit Schadstoffen in Innenräumen hin.
Dr. Gerhard Führer, von der IHK Würzburg-Schweinfurt öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schadstoffe in Innenräumen, erläutert hierzu:
„Die Erfahrung aus tausenden chemischen und mikrobiologischen Untersuchungen in hunderten von Gebäuden führt zu der Erkenntnis, dass in der Mehrzahl der Gebäude ein chemisches oder mikrobiologisches Problem vorliegt. Studien und Schätzungen führen außerdem zu der Befürchtung, dass in mehr als der Hälfte aller Wohnungen sichtbare oder verdeckte Schimmelpilzschäden vorliegen.
Als Ursache kann die immer komplexere Erstellung von Gebäuden über die vergangenen Jahrzehnte gesehen werden. Heute werden chemische Verbindungen eingesetzt, die früher unbekannt waren. Der Effizienzdruck führt zu zügig errichteten und genutzten Gebäuden, die nicht mehr ausreichend abtrocknen. Und nicht zuletzt die Abdichtung der Gebäude zur Energieeinsparung führt zu einer schlechten Durchlüftung moderner Gebäude. Selbst wenn dem mit Lüftungsanlagen entgegengewirkt wird, muss festgestellt werden, dass diese Anlagen durch mangelnde Wartung zum Teil selbst zu Bakterien- oder Pilzschleudern werden.
Wir brauchen eine neue Baukultur, die gesundheitliche Belange stärker berücksichtigt. Dies geht nur über eine fachübergreifende Zusammenarbeit mit erfahrenen Spezialisten wie Innenraumanalytikern, Bausachverständigen, Sanierern, Juristen und Ärzten. Das Ziel des Bauens sollte sein, dass die Innenraumluft weitgehend der Außenluft entsprechen sollte.“
Aus diesen Erkenntnissen heraus gibt der BVS folgende Empfehlungen:
1. Fortbildung aller am Bau Beteiligten einschließlich der Auftraggeber (auch wegen des künftigen Gebäudeunterhalts). Heizungs- und Lüftungskonzepte berücksichtigen.
2. Vermeidung des unkontrollierten Eintrags chemischer Verbindungen:
a) Auswahl emissionsarmer Materialien und (Bau-)Produkte (z.B. nach AgBB-Schema des Umweltbundesamtes).
b) Volldeklaration aller Inhaltsstoffe einfordern. Minimierungsgebot beachten!
3. Minimierung der Folgen von Witterungseinflüssen, Neubaufeuchte und Schadensereignissen durch handwerklich machbare, fehlertolerante und damit sichere (Bau-)Konstruktionen mit geringem Schadenspotenzial sowie (Bau-)Feuchtemanagement.
4. Fachplaner für „Innenraumhygiene“ einbeziehen, wie dies für Tragwerksplanung und Haustechnik schon lange üblich ist.
5. Nach Fertigstellung oder Instandsetzung: Überprüfung der Raumqualität zur Leistungskontrolle und Sicherheit der Raumnutzer.
6. Bei gesundheitlichen Beschwerden der Raumnutzer: Chemische und mikrobiologische Bestandsaufnahme in den Innenräumen (Büro, Wohnung).
7. Bei Wasserschäden:
- Mikrobielle Bestandsaufnahmen unmittelbar nach dem Schadensereignis sowie vor Beginn der Instandsetzung sind zwingend nötig.
- Gefährdungsabschätzung und Betriebsanweisung nach BGI 858 vor Beginn der Instandsetzung.
- Vermeidung von Desinfektionsmitteln (Ausnahmen sind zu begründen!)
- Arbeitsschutzmaßnahmen berücksichtigen.
- Überprüfung des Erfolges der Instandsetzungsmaßnahmen.
8. Bei „energetischen“ Sanierungen: Weil das Abdichten der Gebäudehülle die Folgen von Schadenstoffbelastungen im Gebäude verschärft, muss im Vorfeld solcher Maßnahmen die innenraumhygienische Situation erfasst und bewertet werden. Nur so lässt sich eine „Sanierung der Sanierung“ sicher vermeiden.
Der Standpunkt „Schadstoffe in Innenräumen“ steht unter www.bvs-bayern.de zum kostenlosen Download zur Verfügung.