Hannover Messe 2019

Von IoT, 5G und Digitalisierung

International, digital und Software-affin hat sich die Hannover Messe 2019 präsentiert. In einigen Hallen fühlte man sich fast schon auf die CeBIT versetzt, eine CeBIT allerdings in einer zukunftsorientieren Variante und dem Kernthema der Digitalisierung in der Industrie. Dafür sorgten Unternehmen wie Amazon, Cisco, Deutsche Telekom, HP, IBM, Intel, Microsoft, Oracle, PSI, SAP und Software AG. Es wurde deutlich, die Digitalisierung braucht Software und Unternehmen, die sich mit den Softwareprozessen in der Industrie auskennt. Die zunehmende Digitalisierung in der Industrie führt zum Gebrauch zahlreicher neuer Schlagwörter, von denen Edge-Computer in diesem Jahr nur einer der besonders augenfälligen war. Dabei geht es darum, die riesigen Datenmengen, die für das Betreiben komplexer Techniken und Maschinen der Industrie anfallen und benötigt werden, möglichst dezentral und ortsnah zu nutzen und auszuwerten. Nur übergreifende Daten werden nach diesem Konzept in die Cloud weitergeleitet. Letztlich ist für jede Anwendung zu überlegen, welche Daten ortsnah verwendet und welche übergreifend genutzt werden sollen. Wie bei der Planung eines Gebäudes sind demnach immer mehr Überlegungen, inhaltliche Abstimmungen und eine exakte Konzeption im Vorfeld einer Entscheidung notwendig. 

Weiterhin waren der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Industrie und Robotik, die Potentiale der neuen Mobilfunkgeneration 5G in der industriellen Anwendung, Leichtbau und die Zukunft der Arbeit in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung weitere gewichtige Themen der Hannover Messe, die rund 215.000 Besucher zählte. Nahezu 40 % davon kamen aus dem Ausland.

Rund 6.500 Aussteller aus aller Welt präsentierten Lösungen, Services und Dienstleistungen für die Industrieproduktion und Energieversorgung von morgen. Darunter waren mehr als 500 Beispiele für den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in der industriellen Fertigung, 5G-Anwendungen sowie Lösungen für die Energie- und Mobilitätswende.

„Die Hannover Messe 2019 hat gezeigt, dass sie die international wichtigste Plattform für alle Technologien rund um die industrielle Transformation ist“, sagt Dr. Jochen Köckler, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Messe AG. „215.000 Besucher nutzten die Messe, um in neue Technologien zu in­ves­tie­ren und ihre Unternehmen fit für die Zukunft zu machen. Nur Hannover bietet den umfassenden Blick auf Anwendungsszenarien, Potentiale und das Zusammenspiel von Industrie 4.0, Künstlicher Intelligenz, 5G und Energielösungen.“

Thilo Brodtmann, VDMA-Hauptgeschäftsführer, sieht das ähnlich: „Die Maschinenbauer sind die Vorreiter in der Vernetzung der Produktion und das große Interesse der Messebesucher an der Machine-to-machine-Kommunikation sowie an der ,Weltmaschinensprache OPC UA‘ zeigt, dass unsere Firmen ganz vorne mit dabei sind. Für die vernetzte Produktion ist auch der superschnelle Mobilfunkstandard 5G ein entscheidender Faktor – und hier hat die Hannover Messe in diesem Jahr entscheidende Impulse gesetzt. Industrie 4.0 ist eine über viele Jahre reichende Entwicklung und die Messe hat gerade in diesem Jahr gezeigt, was schon alles erreicht ist.“

 

Gebäude und Produktion wachsen zusammen

Bereits seit 25 Jahren Teil der Messe kamen in diesem Jahr 170 Aussteller zur „Hydrogen + Fuel Cells Europe“ und präsentierten ihre Lösungen zur Wasserstoff-, Elektrolyse- und Brennstoffzellentechnik – auch als Speicherenergie, um fluktuierende Systeme wie Windkraft und Photovoltaik auszugleichen. Eine weitere Entwicklung, die in die Gebäudetechnik hineinspielen kann, ist der Trend zur Nutzung von Gleichstrom, der in Übereinstimmung mit der Brennstoffzellentechnologie steht. Aus der Photovoltaik bekannt, in der Gleichspannung erzeugt und erst durch einen Wechselrichter als 230 V AC ins Netz eingespeist wird, gibt es immer stärkere Überlegungen, die dabei entstehenden Umwandlungsverluste zu vermeiden und den Strom direkt zu nutzen. Dies spielt nicht nur in der Elektromobilität eine Rolle, sondern kann auch in der Produktion vernünftig sein. Daran arbeitet das Gleichstrom-Forschungsprojekt „DC-Industrie“, an dem 21 Industrieunternehmen beteiligt sind. Erste Demoanlagen sind bereits in Betrieb. Gebäude und Produktion wachsen damit auch bei der Nutzung von Energie weiter zusammen.

 

Konkrete Beispiele

Eaton erweitert die Produktfamilie „easyE4“ um Geräte für 240 V AC. Dadurch wird der vielfältige Funktionsumfang, neben den 24-V-DC-Anwendungen im industriellen Umfeld, auch in der Gebäudeautomation zu einer Alternative gegenüber speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS), gerade bei Anwendungen von geringer bis mittlerer Komplexität. Ein Basisgerät kann mit bis zu elf Erweiterungen bestückt werden und verfügt dann über insgesamt 188 digitale Ein- und Ausgänge. In einem Netzwerk können bis zu acht „easyE4“-Basisgeräte Daten untereinander austauschen. Die Analogausgänge verfügen mit 12 Bit über eine hohe Auflösung, die eine wesentlich genauere Regelung (etwa von Heizungen) erlaubt als der 10-Bit-Standard. „Durch diese auf dem Markt einzigartigen Kapazitäten können nicht nur Wohnhäuser, sondern auch Gebäude, beispielsweise von mittelständischen Betrieben, ohne den Einsatz einer SPS automatisiert werden“, kommentiert Ralf Cieslewicz, Produktmanager Vertrieb bei Eaton. Die Programmierung ist über vier verschiedene Methoden möglich: Funktionsbausteinplan, Kontaktplan, strukturierter Text und „easy2-Geräteprogrammierung. Einmal geschriebene Programme können auf verschiedene Geräte geladen werden, entweder zentral über ein Netzwerk oder über den integrierten Micro-SD-Slot. Außerdem können die Geräte in größere Visualisierungslösungen eingebunden werden, was für einen zentralen Überblick aller Funktionen in einem Steuerkreis sorgt. In ein Netzwerk eingebaut, kann die „easyE4“ auch Warnmeldungen per E-Mail versenden, die sie von Sensoren erhält.

Ziehl-Abegg setzt bei der Fernüberwachung von Betriebsdaten auf das Internet der Dinge (IoT). Der Spezialist für Luft- und Klimatechnik hat gemeinsam mit der Telekom eine IoT-Plattform entwickelt. Die Datendrehscheibe aus der Cloud namens „ZAbluegalaxy“, die auf Microsoft-„Azure“ basiert, analysiert im Sekundentakt wichtige Betriebsdaten. Dazu gehören Fehlermeldungen und Informationen zum Gerätezustand. Ein digitales Armaturenbrett, ein Dashboard, stellt die Ergebnisse für den Anwender übersichtlich dar. Nicht nur das Unternehmen profitiert von der Digitalisierung, auch die Kunden. So schafft die Lösung einen Mehrwert für Anlagenbetreiber. Durch die Vernetzung können diese selbst den Zustand ihrer Geräte in Echtzeit überprüfen.

Auch das Lichtmanagement spielt in Industrie, Gewerbe und Büroimmobilien eine immer wichtigere Rolle. Über den Kommunikationsstandard „DALI 2“ als offene Schnittstelle für die Anbindung von Lichtsteuerung und -sensorik konnte man sich u.a. bei Wago intensiv unterhalten. In der seit November 2014 verfügbaren Neufassung der „DALI“-Norm wurden die Sensorik aufgenommen, so dass nun auch Taster, Licht- und Bewegungssensoren sowie Fernbedienschnittstellen im Rahmen des Lichtmanagements definiert sind. Dies bietet neue Anwendungsmöglichkeiten in Industrie und Gebäude. Passend dazu, aber weit übergreifender, ist ein „White Paper“, das Wago erstellt hat, um die Frage nach der Notwendigkeit von gewerkeübergreifenden Automationslösungen und integraler Planung für ein „Smart Building“ ebenso zu beantworten wie die nach Beispielen der Gebäudedigitalisierung in anderen Unternehmen. Das „White Paper“ ist nach kurzer Registrierung online unter www.wago.com/de/lp-smart-building-whitepaper abrufbar.


Ausrüstung des Messegeländes

Mit Unterstützung der Technikpartner Nokia und Qualcomm wurde erstmals ein 5G-Testfeld aufgebaut. Dort zeigten Netzausrüster und Anwender Potentiale des neuen Mobilfunkstandards für die industrielle Nutzung auf. Das passt gut in das allgemeine technische Umfeld. So gab die Hannover Messe mit ihrer 5G-Premiere gleichzeitig den Startschuss für ein weiteres Engagement des Veranstalters Deutsche Messe im Hinblick auf 5G bekannt. „Smart Venue“ heißt das Projekt, mit dem das hannoversche Messegelände in den kommenden Monaten zum smarten Veranstaltungsgelände, konkret zum 5G-Messegelände, aufgerüstet wird. „5G und Hannover Messe: das passt sehr gut zusammen“, sagt Dr. Klaus Mittelbach, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung. „Im nächsten Jahr werden auf der Messe bereits viele Anwendungen zu sehen sein. Die Unternehmen der Elektroindustrie wollen den neuen Mobilfunkstandard nutzen. Zusammen mit Künstlicher Intelligenz ist er ein wichtiger Wettbewerbsfaktor.“

Fazit

Mit künftig sieben Ausstellungsbereichen passt die Hannover Messe Industrie ihr Ausstellungskonzept weiter an die aktuellen Entwicklungen an, um gut für die Zukunft gerüstet zu sein. Geplant sind die Bereiche Future Lab (Hallen 21 und 24), Automation, Motion & Drives (Hallen 2 bis 13), Digital Ecosystems (Hallen 14 bis 17), Energy Solutions (Hallen 11, 12, 13, 27), Logistics (Hallen 2 bis 4), Engineered Parts & Solutions ab (Hallen 19, 20, 22, 23) sowie alle zwei Jahre in den geraden Jahren der Bereich Compressed Air & Vacuum (Halle 26). 

Die nächste Hannover Messe wird vom 20. bis 24. April 2020 ausgerichtet.

Die IT ist entscheidend bei der Transformation der Industrie.
Die Baubranche kann daraus nur lernen.
Auf die Transformation der Industrie
wird die Transformation der Gebäude und damit der Gebäudetechnik folgen.
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