Wie technikarm sollen Gebäude werden?
Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt: Den bisher gefassten Zielen der Bundesregierung zum Klimaschutz fehlt durch den bisherigen Zeithorizont – das Jahr 2030 – die Zukunftsfähigkeit. Es bedarf demnach bereits heute der Erstellung eines Pfades zur Treibhausgasreduktion bis in das anvisierte Jahr 2050 als angestrebtem Jahr der Klimaneutralität.
Regelungen im Klimaschutzgesetz sieht das Bundesverfassungsgericht insofern mit den Grundrechten als unvereinbar an, als Maßgaben für die Emissionsreduktion nach 2030 fehlen. Durch das Verschieben der Emissionsminderungen auf einen späteren Zeitraum seien nach 2031 drastische Einschränkungen notwendig, die die Reduktionslast in ungleich höherem Maß der folgenden Generation aufbürdet. Zudem sei das im Grundgesetz verankerte Klimaschutzgebot nach Artikel 20a, in dem der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verankert ist, durch die Zielvereinbarungen im Pariser Klimaabkommen verbindlich konkretisiert worden. Daher sei der Gesetzgeber verpflichtet, die Fortschreibung der Minderungsziele über das Jahr 2030 hinaus bis spätestens zum 31. Dezember 2022 näher zu regeln.
Dieser Weckruf ist insbesondere für die Gebäudebranche von großer Bedeutung. Gilt es doch neben dem Neubau insbesondere im Gebäudebestand künftig verstärkt dafür zu sorgen, dass Gebäude mit einem minimierten Energiebedarf betrieben werden können.
Dabei einfach möglichst wenig Technik in einem Gebäude zu verbauen, ist allerdings wohl zu kurz gegriffen. Ein modernes Gebäude wird in unseren Klimazonen nicht ohne Technik energieeffizient und wirtschaftlich zu betreiben sein. Neben Strom- und Kommunikationsanschluss gehört auch die Sicherstellung der Behaglichkeitskriterien zu den Anforderungen an die Gebäudeinfrastruktur. Und das ist ohne die Bereitstellung von Wärme und zunehmend auch Kühlmöglichkeiten nicht gegeben. Es gilt, das rechte Maß zu finden.
Wesentliche Elemente einer zukunftsfähigen Energiebereitstellung in Gebäuden ist eine möglichst ortsnahe Versorgung. Der Blick muss dazu verstärkt über das Gebäude hinaus in das Quartier gehen. Dafür müssen allerdings auch die politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden – mit einem Zeithorizont, der es lohnenswert macht, auch in erst mittelfristig rentable Lösungen zu investieren.
Das alles geht nicht ohne eine intensive Abstimmung aller an der Planung und letztlich auch am Bau Beteiligten. Die Kommunikation muss also noch stärker in den Mittelpunkt gestellt werden. Die Kommunikation der Menschen, aber auch der Technik, der Gebäudeautomation und der Managementsysteme, die im Betrieb durch passende Algorithmen dafür sorgen, dass möglichst wenig Energie benötigt wird, um Behaglichkeit im Gebäude herzustellen. Das mag wie Utopie klingen. Doch wenn die Klimaziele bis 2050 erreicht werden sollen, müssen wir heute damit beginnen, diese Utopie Wirklichkeit werden zu lassen.