E-Ladetechnik bietet viele Variablen
Anforderungen für die Planung und Ausführung von E-LadeinfrastrukturDie starke Zunahme von E-Fahrzeugen bedarf in vielen gewerblichen und öffentlichen Bereichen ausreichend Lademöglichkeiten. Eine funktionierende Ladeinfrastruktur muss allerdings zahlreiche Faktoren in der Planung berücksichtigen. Wie bei jeder Bauplanung gilt auch hier: Kennzahlen entscheiden über das richtige Konzept. Zudem stellen sich Fragen wie: Welche Ladesäulen sind geeignet, wie viele werden gebraucht, wo sollen diese platziert werden, wie die Kabel verlegt, soll PV hinzugezogen und muss ein Energiemanagement- oder Abrechnungssystem integriert werden? Der Beitrag geht hier auf einige Planungsaspekte ein.
Bei Bestandsbauten sollte im ersten Schritt eine Vor-Ort-Begehung stattfinden. Bei diesem Termin muss der Bedarf des Kunden mit der Standortrealität in Bezug auf die Möglichkeiten des Ladeinfrastrukturanbieters zusammengeführt werden. Die erste Frage, die sich stellt: Ist genügend elektrische Leistung vorhanden? Die Antwort liefert der Lastgang der gesamten Immobilie. Daran lässt sich die Spitzenlast innerhalb eines Tages am Standort ablesen. Also, wann welche Maximalleistung am Standort benötigt wird. Die Differenz zwischen der Kapazität des Stromanschlusses und der Spitzenlast stellt die Leistung dar, die für die Ladelösungen zur Verfügung stehen. Sollen zu einem Bauvorhaben beispielsweise sechs Ladesäulen mit 11 kW Leistung und einem Gleichzeitigkeitsfaktor von 1 aufgebaut werden, werden dafür zusammen 66 kW benötigt. Bietet der Hausanschluss nur 43 kW und das Gebäude verbraucht bereits 10 kW, dann steht weniger als die Hälfte für die E-Mobilität zur Verfügung. Reicht die vorhandene Stromversorgung nicht für den Standort und die gewünschte E-Mobilität aus, muss zusammen mit dem zuständigen Energieversorger eine Lösung gefunden werden. Möglich wären die Ertüchtigung des Hausanschlusses, das Setzen einer zusätzlichen Zähleranschlusssäule oder die Installation eines neuen Mittelspannungstransformators. Allerdings ist eine Erhöhung der Stromversorgung nicht immer problemlos möglich. Häufig ist es günstiger, eine Zähleranschluss-Säule vom Energieversorger setzen zu lassen und die E-Mobilität separat zu versorgen. Ein Projekt gestaltet sich meist wesentlich komplexer, wenn eine zusätzliche Stromversorgung nötig ist. In vielen Fällen ist dies auch nicht sinnvoll.
Mittels nachgelagerter Ladeinfrastrukturkonzepte oder Standzeitenoptimierung der Fahrzeuge kann die Ladesituation meist angepasst werden. Hierzu ist zu analysieren, wie lange die eingesetzten Fahrzeuge brauchen, um mit der zur Verfügung stehenden Ladeleistung voll zu laden. Zusätzlich kann intelligentes Energiemanagement die Ladevorgänge so organisieren, dass die Fahrzeuge nacheinander laden oder mit verminderter Leistung laden.
Die Wahl der Ladesäule
Das zu erwartende Ladeverhalten bestimmt wiederum die Wahl der Ladesäule. Zur Auswahl stehen AC- und DC-Säulen. Fahrzeuge, die über einen längeren Zeitraum parken und in dieser Zeit aufladen sollen, können gut mit AC-Säulen versorgt werden. Hier werden die Fahrzeuge mit einer geringeren Leistung und über einen größeren Zeitraum geladen. Ein Beispiel: Die klassischen Batteriekapazitäten im PKW- und Zustellfahrzeugbereich liegen aktuell zwischen 30 bis 40 kWh oder 80 bis 100 kWh. Ein Lieferwagen mit einer 80 kWh Batterie benötigt an einer 11 kW AC-Säule etwa 8 Stunden um aufzuladen. Logistikdienstleister und Industriebetriebe setzen vor diesem Hintergrund häufig auf AC-Ladesäulen. Robust, sicher und benutzerfreundlich, das sind die typischen Attribute im Zusammenhang mit AC-Chargern. Derzeit sind 3,7 kW, 11 kW und 22 kW als Einzel- wie Doppelladestationen verfügbar. Die Entscheidung Doppel- oder Einzellader hängt vor allem davon ab, wie viel Parkfläche zur Verfügung steht und ist letztlich auch eine Kostenfrage. Der Doppellader bietet einen Kostenvorteil, benötigt aber mindestens einen halben Meter Platz, da der Nutzer vor das Fahrzeug laufen muss, um das Kabel zu erreichen.
Für eine Stromversorgung von Fahrzeugen auf Parkplätzen bieten sich mittlerweile zahlreiche technische Lösungen an. Die Kabelführung kann unter Dächern sowie in Parkhäusern usw. von oben, über ein sogenanntes „Catwalk“-System, barrierefrei erfolgen. Das Besondere: Die Kabelführung wird so geplant, dass Gehwege zur Beladung, zur Durchfahrt oder anderer Nutzung frei bleiben. Diese Installationsvariante punktet mit hoher Flexibilität mittels eines modularen Ansatzes und lässt sich an viele bauliche Gegebenheiten anpassen, z. B. mit einem Anfahrschutz. Des Weiteren ist eine Wandmontage oder eine freistehende Säule möglich. Inzwischen gibt es viele Konzepte, um den Ladestecker möglichst effizient an das Fahrzeug heranzuführen. Die Position der Ladebuchse ist dafür entscheidend. Ist der Anschluss vorne mittig, am linken oder rechten Kotflügel, hinter der Fahrertür oder wie aktuell noch sehr häufig, vor der Fahrertür. Diese Information ist für Ladeinfrastrukturanbieter wichtig, um die optimale Zuführung des Ladekabels zu planen, wenn keine weitgehend universelle Lösung zum Einsatz kommen soll.
Ohne Tiefbau zu entfernten Parkplätzen
Bei dem Unternehmen elexon ist eine Aufbauart nach eigenen Angaben besonders erfolgreich: das (oberirdische) Brüstungssystem. Wenig Anbieter am Markt verfügen über dieses System. Die Zuleitung der Unterverteiler zu den einzelnen Ladestationen, wie auch die Zuleitungen der NSHV (Niederspannungs Hauptversorgung) zur Unterverteilung, werden durch eine oberirdische Metallkonstruktion geführt. Damit übernimmt der Rammschutz die komplette Kabelführung. Das Brüstungssystem kann ergänzt, aber auch rück- und neu aufgebaut werden. Im Fall von Mietflächen ein entscheidender Vorteil. Für eine Baustelle mit Neubau und bereits fertig gelegter Leerverrohrung, inkl. Stromverlegung, braucht elexon für den Aufbau eines Brüstungssystems mit 20 bis 30 Ladepunkten etwa drei Tage. Danach beginnen die elektrischen Anschlussarbeiten und die Inbetriebnahme, ebenfalls in einem Zeitraum von drei bis vier Tagen.
Integrierte PV-Anlage
Produktions- oder Gewerbestandorte streben zunehmend nach Energieunabhängigkeit und Nachhaltigkeit. Eine Photovoltaik (PV)-Anlage zählt deshalb häufig zum Angebot. Zwar haben Firmen wie elexon einen grünen Stromtarif im Portfolio, aber die Kopplung der eigenen Ladeinfrastruktur mit selbst erzeugtem, regenerativem Strom wird favorisiert. Auch hier gilt, die Kennzahlen müssen stimmen. Neben der Dachausrichtung sind auch dessen Statik und mögliche Verschattungen auf der Dachfläche zu beachten.
Grundsätzlich gilt: PV für den Eigenverbrauch ist dann sinnvoll, wenn geladen wird, während die Sonne scheint (PV-optimiertes Laden). Oft kommt aber das sogenannte PV-unterstützte Laden zum Einsatz. Dies nutzt die selbsterzeugte Energie lediglich zur Ergänzung zum Strom aus dem Netz. In den meisten Fällen ist PV-unterstütztes Laden inklusive Überschusseinspeisung die beste und günstigste Lösung. Beide Ladesysteme werden als autarke Systeme aufgebaut. Über eine Schnittstelle werden mithilfe eines Energiemanagementsystems Lastspitzen vermieden und der Energieverbrauch optimiert. elexon nutzt dafür das Last- und Energiemanagementsystem des Kooperationspartners coneva. Das System sorgt zum einen für die Vernetzung der Ladesäulen, PV-Anlage und Gebäudelast am Standort. Zum anderen überwacht es kontinuierlich die aktuellen Stromflüsse. Dazu werden Verbrauchs- und Erzeugungsmengen gemessen. Steht PV-Strom zur Verfügung, wird dieser direkt zur Ladung der E-Fahrzeuge genutzt. Das dynamische Lastmanagement sorgt dafür, dass die verfügbare Leistung am Netzanschluss nicht überschritten wird. Dabei verteilt es in Echtzeit die maximal verfügbare Leistung an den Ladesäulen in Abhängigkeit der Gesamtlast des Gebäudes. Es ist zusätzlich eine Optimierung der Netzentgelte durch Kappung von Spitzenlasten am Energiemanagement konfigurierbar. Den Anwendern stehen individuell angepasste Dashboards für alle Daten inklusive dem Verbrauch der einzelnen Ladesäulen zur Verfügung. Wenn gewünscht, kann diese Struktur um einen Speicher ergänzt werden.
Abrechnung Ladekosten
Zum Abschluss eines Projektes kommt das Thema Kosten nochmal zum Tragen, allerdings im Sinne der Abrechnung. Kosten, die beim Laden entstehen, sollen vom Betreiber der Ladeinfrastruktur immer öfter auf verschiedene Nutzergruppen verteilt werden. Der Bedarf für individuelle Ladeabrechnung steigt kontinuierlich, vor allem im B2B- und Firmenkundensegment. Gleichzeitig vergrößert sich der Markt externer Zahlungsdienstleister und Angebote werden zunehmend intransparent. Neben einem SAP-e-Mobility-Backend bietet elexon deshalb eine Bezahlstruktur inhouse an - eine einmalige Einrichtungsgebühr für das Setup pro Ladepunkt sowie eine monatliche Ladepunkt- und Kartengebühr. Um Abstimmungs- oder Anpassungsprobleme bei der Schnittstellenoptimierung zwischen Ladesäulenhersteller und externem Zahlungsdienstleister zu vermeiden, ist ein Anbieter mit Full-Service-Philosophie hilfreich. Normalerweise erhält jedes Unternehmen einen eigenen Administrationszugang, über den verschiedene Nutzergruppen und Tarife definiert werden können. So kann beispielsweise mit der elexon Charge Card zu voreingestellten Bedingungen geladen werden. Die jeweiligen Tarife legt das Unternehmen fest. Ein Abrechnungssystem sollte möglichst schlank gehalten und komfortabel bedienbar sein.
Wie bei jedem Schritt eines Ladeinfrastrukturprojektes gilt es auch beim Thema Abrechnung die Nutzerszenarien gut durchzuspielen. So ist z. B. wichtig, ob nur Dienstwagen an einem Standort geladen werden oder Mitarbeiter auch ihre Privatfahrzeuge laden oder die Ladesäulen auch für Dritte zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Antworten entscheiden darüber, ob eine Direct-Payment-Möglichkeit integriert werden muss sowie über die Definierung der Nutzergruppen und Tarife.
Fazit
Wer ein Gebäude auf einer Freifläche mit E-Mobilität plant, sollte ein entsprechendes Leerrohsystem zur Versorgung der Parkplätze berücksichtigen, ebenso wie die Installation eines Kabelverteilschranks oder Außenverteilers. Zudem macht das Abfragen der Energiereserven beim Energieversorger Sinn. Speziell in Industriegebieten sind diese oft frühzeitig reserviert. Je früher der Versorger über zusätzlichen Strombedarf Bescheid weiß, desto sicherer kann die Netzauslastung geplant werden. Im Idealfall sollten Architekten, Planer oder Generalunternehmer den Ladeinfrastrukturpartner bereits in der Planungsphase einbeziehen. So können die besten Installationsmöglichkeiten vor Ort beraten und umgesetzt werden und, nicht zu vergessen, die möglichen Fördermittel können rechtzeitig beantragt und genutzt werden. Im AC-Bereich ist aktuell die bundesweite Förderung 441 für Firmen interessant.