Heizen und Kühlen im Betonkern
Einsatzkriterien für die Betonkernaktivierung als BasistemperierungDie Betonkernaktivierung oder auch Betonkerntemperierung wird als kostengünstige Methode zum Kühlen und Erwärmen von Gebäuden durch die Möglichkeit der industriellen Vorfertigung immer interessanter. Sie ist mittlerweile häufiger Bestandteil der modernen Gebäudetechnik. Doch für welche Bauten eignet sich die Betonkernaktivierung und welche Aspekte müssen beachtet werden?
Die Betonkernaktivierung nutzt die massiven Bauteile des Baukörpers, wie etwa Betondecken und -wände, als thermischen Speicher und als Wärme- und Kälteabgabefläche für die ganzjährige Gebäudetemperierung im Heiz- und Kühlfall. Je nach Anwendungssituation und Objektanforderung kann durch dessen Einsatz ggf. auf eine Klimaanlage verzichtet werden. Zur Aktivierung der Fläche wird das wasserführende Rohrsystem direkt in die Beton-Bauteile integriert. Hierbei kann je nach Anforderung an die Trägheit mit unterschiedlicher Anordnung des zu integrierenden Systems gearbeitet werden.
Arten der Betonkernaktivierung
Die Betonkernaktivierung gliedert sich in drei unterschiedliche Bauarten:
Die Massivdecken werden als Übertragungs- und Speichermasse thermisch aktiviert. Das massive Bauteil nimmt die Wärme vom Medium (meistens Wasser) oder vom Raum auf, speichert sie und gibt sie zeitversetzt an den Raum oder das Medium weiter. Es kommt hierbei zu einer Phasenverschiebung zwischen Energieerzeugung und -abgabe. Im Sommer kann die Nachtauskühlung zur Kühlung des Mediums und zur Entnahme der Wärmeenergie aus dem Raum genutzt werden. Tagsüber werden die Räume dann durch Wärmeabfluss in den kalten Decken bzw. Wänden gekühlt. Diese Systeme werden i. d. R. zur Abdeckung der Grundlast eingesetzt.
Eine Weiterentwicklung stellen die oberflächennahen Bauteilaktivierungssysteme, auch als thermisch aktive Bauteilsysteme (TABS) bezeichnet, dar. Mit derartigen Systemen kann nicht nur die Grundlast zum Heizen bzw. Kühlen, sondern ggf. auch der Gesamtbedarf eines Gebäudes gedeckt werden. Die Systeme wurden für alle gängigen Deckenkonstruktionen wie Ortbeton und Fertigteildecken entwickelt.
Durch eine zum Teil hohe Leistungsfähigkeit – bei kurzer Reaktionszeit – können diese Systeme den heutigen Anforderungen an Behaglichkeit und Komfort in modernen Gebäuden gerecht werden. Die oberflächennahe Positionierung der Rohre sorgt für einen guten Wärmeübergang, sodass Gebäude bedarfsgerecht geheizt bzw. gekühlt werden können.
Alle Arten der Betonkernaktivierung zeichnen sich ebenso durch niedrige Systemtemperaturen im Heizfall sowie relativ hohe Kühlwassertemperaturen im Sommerbetrieb aus und sorgen bei Einbindung regenerativer Energieerzeuger für die Steigerung des Wirkungsgrades. Die geringen Temperaturunterschiede zwischen der Systemtemperatur und der Raumtemperatur haben den Vorteil, dass die Aufheizamplitude besonders flach ist, was den Verzögerungen aus Trägheit entgegenwirkt. Sowohl in öffentlichen als auch gewerblichen Räumen bietet die Betonkernaktivierung somit einen Mehrwert für den Investor wie für den Nutzer.
Vorausschauende Regelung
Die zeitversetzte Wärme-/Kälteabgabe des massiven Bauteils ist abhängig von der Anordnung des thermischen Layers an der Oberfläche bzw. in der Mittellage des Betons. Bei der Betonmittellage kann diese Phasenverschiebung zwischen Energieerzeugung und -abgabe effizient genutzt werden. Die täglichen Lastspitzen werden „geglättet“, d. h. sie werden abgesenkt und teilweise zu Zeiten verschoben, in denen keine Raumnutzung vorliegt. Im Sommer kann die Nachtabkühlung zur Kühlung des Mediums und zur Entnahme von Wärmeenergie aus dem Bauteil genutzt werden. Tagsüber werden die Räume dann durch Wärmeabfluss in die kalten Bauteile gekühlt. Eine vorausschauende und steuerbare Regelung über Thermostate und Sonden mit automatischer Steuerung ist möglich, beispielsweise wird eine Erdwärmepumpe in der Nacht automatisch in Gang gesetzt, um den höchsten Erwärmungsgrad des Betonkerns zur gewünschten Tageszeit zu erreichen.
Alternative Quellen liefern die Energie
Flächenheiz- und Kühlsysteme sind somit die Basis für einen energieeffizienten und wirtschaftlichen Betrieb von Wärmepumpenanlagen. Außerdem kann bei Wärmepumpen mit Erdsonden in vielen Fällen eine direkte Kühlung zu 100% durch die Geothermie erfolgen. Ebenso lassen sich freie Rückkühlsysteme einsetzen oder Niedrigtemperatur-Solarthermie, Fernwärme auf Niedrigtemperaturniveau sowie Ab- und Prozesswärme integrieren. Eine energieeffiziente und kostengünstige Betriebs-weise ist auf diese Weise realisierbar.
Behaglichkeit und Hygiene
Studien belegen, dass die von den Heiz- und Kühlflächen ausgehende Strahlungs-wärme vom Raumnutzer meist als besonders wohltuend empfunden wird. Denn im Vergleich zu Heizkörpern gibt es weniger Konvektion, sodass weniger Staub oder andere Partikel aufgewirbelt werden. Zudem wird die Raumluft durch die Form der Wärmeabgabe – Strahlung statt Konvektion – nicht so stark ausgetrocknet. Für die Atemwege und die Haut ist dies ein wesentlicher Vorteil, der nicht nur von Allergikern als äußerst positiv empfunden wird. Generell gilt: Je niedriger die Temperatur der Heizfläche und je höher der Anteil der Strahlungswärme, desto größer ist die thermische Behaglichkeit.
Stille Kühlung bei der Aktivierung von Flächen
Im Kühlfall wird dem Raum Wärme entzogen, um die gewünschte Raumtemperatur zu erreichen. Bei konventionellen Kühlsystemen, welche die Kühllast vorwiegend konvektiv über die Zuluft oder über Umluftgebläse abführen, kann es zu hohen Luftgeschwindigkeiten und Turbulenzen kommen, die zu unbehaglichen Zugerscheinungen führen. Bei der Kühlung über die Raumumschließungsflächen, auch stille Kühlung genannt, ist das nicht der Fall. Die Kühlleistung findet vorwiegend durch Strahlungsaustauch direkt (Mensch zur Kühlfläche) oder indirekt (Mensch zu Einrichtungsgegenständen und Umschließungsflächen) statt. Ein weiterer Aspekt ist dabei die Anordnung der Kühlflächen im Raum. So zeigen Untersuchungen, dass eine Kühlung von der Decke als am behaglichsten empfunden wird. Ein derartig gestaltetes Raumklima beeinflusst das Wohlbefinden, die Leistungsfähigkeit und auch die Gesundheit von Personen in positiver Weise.
Industrielle Vorfertigung
Die thermische Betonkernaktivierung ist eine gute Lösung für den Neubau von Wohn- und Industriegebäuden. Die Verarbeitung auf der Baustelle erforderte bisher ebenso viel Zeit und Geld wie die Verarbeitung in Estrich oder abgehängten Decken, da die Heizschläuche oder Register herkömmlich durch den Handwerker auf der Baustelle verlegt wurden. Zudem waren auch hier mehrere Gewerke involviert und erforderten eine gute Schnittstellenkoordination. Mit der Möglichkeit der Vorfertigung im Betonwerk kommen nun zahlreiche Vorteile für den Bauablauf zum Tragen. Dazu zählen insbesondere die:
Hierfür gibt es verschiedene Produkte am Markt, z. B. großflächige Heizregister aus Kapillarrohrmatten, wie das Produkt „Filiblue“ der GeoClimaDesign AG. Diese Produkte sind in ihrer Geometrie genau auf die Maße der Betonfertigelemente und ggf. sogar auf die jeweilige Anordnung der Heizkreise entsprechend der Raumanord-nung abgestimmt. Die vorgefertigten Elemente werden im laufenden Fertigungspro-zess in die automatische Vorrichtung zur Filigranelementefertigung eingelegt. Es erfolgen vorher und nachher Druckprüfungen zur Qualitätskontrolle. Auf der Baustelle werden nur noch die Zuleitungen der einzelnen Heizkreise miteinander verschweißt.
Fazit
Die Betonkernaktivierung ist eine bewährte Technik und eröffnet mit der industriellen Vorfertigung neue Potenziale für einfaches, schnelles und preiswertes Bauen. Bei fachgerechter Planung und Ausführung stellt die Betonkernaktivierung eine umweltschonende und wirtschaftlich interessante Möglichkeit dar, ein Gebäude mit angenehmem Raumklima zu errichten.