Wassermanagement-Systeme gewinnen an Bedeutung

Fester Planungsbestandteil neben der Armaturentechnik

In keinem anderen Gebäudesektor sind der Erhalt der Trinkwassergüte und die hygienischen Nutzunsgbedingungen von so großer Bedeutung wie im Gesundheitswesen. Die effizienteste, wirtschaftlichste und zuverlässigste Lösung hierfür ist die Integration eines Wassermanagement-Systems sowie die Installation berührungsloser Armaturen an sämtlichen relevanten Entnahmestellen.

Wie alle Betreiber von Trinkwasserinstallationen in (halb-)öffentlichen Gebäuden sind auch Betreiber von Gesundheitsbauten gemäß der deutschen Trinkwasserverordnung verpflichtet, dafür zu sorgen, dass im Trinkwasser keine Krankheitserreger „in Konzentrationen enthalten sind, die eine Schädigung der menschlichen Gesundheit besorgen lassen“ (§6 TrinkwV). Als Präventionsmaßnahme zur Verhinderung einer kritischen Legionellenkonzentration fordert die VDI 6023 Blatt 1 daher spätestens alle 72 Stunden einen vollständigen Austausch des Wassers einer Trinkwasserinstallation, über alle Entnahmestellen und mit einer hohen Gleichzeitigkeit, um mindestens eine turbulente Strömung in allen Leitungsabschnitten zu erreichen. Während einer normalen Nutzung lässt sich ein solcher qualifizierter Wasserwechsel meist nicht zuverlässig bewerkstelligen. Denn selbst bei Hochbetrieb kommt es in Gesundheitseinrichtungen vor, dass einzelne Armaturen, z. B. in Patientenzimmern, Stationsbädern, Chefarztzimmern oder in Reinigungsmittelräumen, nur selten genutzt werden. Bakterien können über solchermaßen ungenutzte Entnahmestellen auch gegen die Fließrichtung, also retrograd, in die Trinkwasserinstallation gelangen und diese kontaminieren (VDI 6023 Blatt 1). Bei der Planung von Trinkwasserinstallationen in Gesundheitseinrichtungen sollte daher unbedingt ein sanitärtechnisches Konzept integriert werden, das den im technischen Regelwerk geforderten Wasserwechsel ermöglicht und das Legionellenrisiko senkt.

Manuell ist unpraktikabel

Eine manuelle Durchführung der notwendigen Spülungen für einen Wasserwechsel ist zwar möglich, stellt in großen Gebäudekomplexen wie Kliniken und Pflegeeinrichtungen jedoch aus wirtschaftlicher Sicht keine praktikable Option dar. Eine weitaus effizientere, ressourcenschonendere und ökonomischere Variante ist die Durchführung der erforderlichen Stagnationsspülungen mithilfe elektronischer Armaturen und eines Wassermanagement-Systems. In Neubauten sollte dies von Beginn an eingeplant werden. Moderne Systeme führen, nach entsprechender Programmierung, Stagnationsspülungen automatisiert und mit dem geringstmöglichen Wasserverbrauch zu einem festgelegten Zeitpunkt durch und simulieren so den bestimmungsgemäßen Betrieb der Trinkwasserinstallation. Hierzu werden sämtliche elektronische Armaturen im Gebäude via Server zu Spülgruppen vernetzt, die zeitgleich angesteuert werden können. Durch die Gleichzeitigkeit der Spülungen können hohe Volumenströme und Turbulenzen im Wasser erreicht werden, die potenzielle Ablagerungen in den Rohrleitungen verhindern und mikrobiologische Probleme erst gar nicht entstehen lassen. Da die Vernetzung der Armaturen mit dem Wassermanagement-System flexibel via Funk und/oder Kabel möglich ist, eignen sich diese Systeme sowohl für den Einsatz in Neubauten als auch zur Nachrüstung im Bestand.

Spülungen mit Temperaturfühler

Um die hohe Güte des Trinkwassers zu erhalten und die Gesundheit von Patienten und Personal bestmöglich zu schützen, können Stagnationsspülungen mit Wassermanagement-Systemen nicht nur zeitdeterminiert, sondern auch mit Hilfe von Temperaturfühlern temperaturabhängig ausgelöst werden. Dies ist bspw. an heißen Sommertagen sinnvoll, an denen ein zusätzlicher Wasserwechsel erforderlich ist. Die installierten Temperaturfühler prüfen hierzu kontinuierlich die Wassertemperatur in den Leitungen und lösen eine Stagnationsspülung aus. Das ist der Fall, wenn die Temperatur bei Kaltwasser mit 25 °C überschritten wird. Auf diese Weise kann einer kritischen Legionellenvermehrung im Trinkwasser kalt gezielt vorgebeugt werden.

Vorteile der Automatisierung

Im Vergleich zu einer manuellen Umsetzung spart die automatisierte Durchführung der Stagnationsspülungen mit Wassermanagementsystemen erhebliche Mengen an Wasser ein und optimiert den Gebäudebetrieb zusätzlich. Auch der Personalaufwand in Kliniken und Pflegeeinrichtungen kann durch die Integration eines solchen Systems reduziert werden.

Alle Einstellungen, z.B. individuelle Spülintervalle oder auch Armaturenparameter, lassen sich zentral und flexibel per Software programmieren und bei Bedarf jederzeit anpassen. Hier werden Armaturennutzungen sowie Stagnationsspülungen lückenlos digital dokumentiert. Betreiber können ihrer Nachweispflicht zur Einhaltung der Trinkwasserverordnung so unkompliziert nachkommen. Eine sinnvolle Ergänzung zum Wassermanagement-System ist der Fernzugriff auf Anlagen für mehrere Liegenschaften, der den Arbeitsalltag von Betreibern und Facility Managern erheblich erleichtert.

Hygiene und Armaturentechnik

Die Installation elektronischer Armaturen bildet einerseits die Voraussetzung zur Integration eines Wassermanagement-Systems und somit zum Erhalt der Trinkwassergüte, optimiert darüber hinaus aber auch die Nutzerhygiene erheblich. Eine besondere Herausforderung für Sanitärraume in Gesundheitseinrichtungen entsteht durch stetig wechselnde – und meist sensible, d. h. in ihrer Gesundheit angegriffene – Nutzergruppen sowie das zwangsläufig erhöhte Infektionsrisiko. Bakterien und Viren können sich auf Oberflächen vermehren und sich über diese via Schmierinfektion verbreiten. Berührungslose Armaturentechnik ist für den Einsatz in Gesundheitseinrichtungen daher die erste und hygienischste Wahl. Sie sind bspw. mit Infrarot-Sensor-Steuerungen ausgestattet und ermöglichen eine kontaktlose Auslösung des Wasserflusses, der automatisch stoppt. Wasser fließt so lange, wie dies voreingestellt ist. Somit muss der Armaturenkörper nach dem Händewaschvorgang nicht mit sauberen Händen berührt werden. Das Risiko von Krankheitsübertragungen über Schmierinfektionen sinkt damit erheblich. Die Sensorreichweite lässt sich, ebenso wie weitere Armaturenparameter, individuell einstellen und auf die Bedingungen am jeweiligen Waschtisch anpassen. Zur Umsetzung eines ganzheitlichen Hygienekonzepts im gesamten Sanitärbereich gehören auch elektronische Sensor-Steuerungen für WC und Urinal. Im Gegensatz zu den Waschtisch-Armaturen müssen diese nicht aktiv betätigt werden. Der Wasserfluss startet, wenn der Nutzer den Sensorbereich verlässt.

Fazit

Der Erhalt der Trinkwassergüte und eine optimierte Nutzerhygiene sind im Gesundheitswesen von entscheidender Bedeutung, um Patienten und Personal vor den Gefahren durch Schmierinfektionen und Legionellen zu schützen. Für ein möglichst effizientes Wassermanagement sollte bei der Planung von Neubauten oder aber auch bei der Sanierung von Kliniken und Pflegeeinrichtungen von Beginn an die Integration elektronischer Armaturen und eines intelligenten Wassermanagement-Systems berücksichtigt werden. Mithilfe automatisierter Stagnationsspülungen kann der über die Trinkwasserverordnung geforderte regelmäßige Wasserwechsel nach spätestens 72 Stunden zeitsparend, wirtschaftlich und ohne zusätzlichen Personalaufwand umgesetzt werden. Elektronische, berührungslose Waschtisch-Armaturen sowie WC- und Urinal-Steuerungen ermöglichen eine kontaktlose, hygienische Auslösung des Wasserflusses per Infrarot-Sensor und erhöhen so maßgeblich den Infektionsschutz in Sanitärbereichen von Gesundheitseinrichtungen.

Trinkwasserinstallationen mit trocken geprüften Bauteilen

Der bestimmungsgemäße Betrieb der Trinkwasserinstallation beginnt mit ihrem Befüllen. Dabei ist es empfehlenswert, trocken geprüfte und in dieser Weise auch gegen mikrobiologische Verunreinigungen geschützte Bauteile einzusetzen, insbesondere um eine Kontamination durch das Bakterium Pseudomonas aeruginosa zu verhindern. Dies ist so bedeutsam für die Praxis, dass dies ausdrücklich im neuen DVGW W 551-1 (A) vom April 2024 und in der VDI 6023 Blatt 1 vom Sep. 2023 aufgeführt wurde. Wenn die Installation mit Trinkwasser gefüllt ist, ist der Fachhandwerker bis zur Übergabe für den Wasserwechsel, d. h. in Deutschland spätestens nach 72 Stunden, verantwortlich. In einem Krankenhaus mit 800 Betten sind dafür mindestens 3 Mitarbeiter an 5 Tagen je Woche nur für Spülmaßnahmen von Hand im Einsatz. Auch hier ist der Einsatz eines Wassermanagement-Systems von Vorteil, mit dem sich schon vor der Inbetriebnahme des Gebäudes auch diese Wasserwechsel automatisiert umsetzen lassen. Zudem ist es bei Gebäuden mit erhöhten hygienischen Anforderungen, wie Krankenhäusern, empfehlenswert, die Befüllung der Installation schrittweise durchzuführen – immer verbunden mit einer mikrobiologischen Probennahme und Freigabe.

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