Lösungen für eine integrierte Photovoltaik
Fraunhofer ISE präsentiert seine Lösungen auf der EU PVSEC 12.09.2019Um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen, muss auch die Photovoltaik deutlich ausgebaut werden. Je nach Szenario werden bis 2050 bis 500 GW an installierter PV-Leistung benötigt. Damit dieser massive Ausbau nicht zu Nutzungskonflikten und Akzeptanzproblemen führt, sollte der Flächenverbrauch durch Solarmodule minimiert und Synergiepotentiale realisiert werden. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE stellt auf der EU PVSEC vom 9. bis 13. September in Marseille (Stand F 5) Ideen und Technologien für eine gelungene Integration von Photovoltaik in die bebaute Umwelt vor.
Die Integration von PV-Technologie in Gebäudehüllen, Fahrzeuge und Fahrwegen sowie in Agrar- und Wasserflächen erschließt ein großes Flächenpotential für die Solarstromerzeugung. Allein die Bauwerkintegrierte und die Agrophotovoltaik haben in Deutschland ein technisches Potential für mehrere 100 GW Leistung. Integrierte PV schafft sogar an vielen Stellen Synergieeffekte, etwa Reichweitengewinne für Elektrofahrzeuge oder Lärmschutz an Straßen und Schienen. Durch die Erzeugung des Solarstroms nahe am Verbraucher bzw. an Bord von Fahrzeugen reduziert sich außerdem die Nutzung des Stromnetzes.
Für die Integration von PV-Modulen hat das Fraunhofer ISE Technologien entwickelt, die frei wählbare Modulformate und -farben ermöglichen und auch besondere Anforderungen wie reduziertes Flächengewicht, hohe Ästhetik oder extreme mechanische Belastbarkeit erfüllen. Das Fraunhofer ISE entwickelt Anwendungen für verschiedene Bereiche:
Bauwerkintegrierte PV (Building-Integrated PV, BIPV)
Die Bauelemente übernehmen zusätzlich zur Stromgewinnung weitere Funktionen wie Wärmedämmung, Wind-, Lärm- und Wetterschutz und setzen auch gestalterische Akzente. BIPV leistet so einen signifikanten Beitrag zur CO₂-Reduktion von Gebäuden. Das Fraunhofer ISE hat flexible Formate, hocheffiziente Solarzellen mit filigraner Metallisierung und Farbvarianten entwickelt, die eine ästhetische Einbindung von Solarmodulen in Fassaden und Dächer erlauben. u.a. mit dem farbigen "MorphoColor"-Modul: Durch eine spezielle Glasbeschichtung lassen sie sich in allen Spektralfarben mit hoher Farbsättigung und Winkelstabilität herstellen, bei einem um nur 7 % relativ verringerten Wirkungsgrad.
Agrophotovoltaik (APV)
Bei der Agrophotovoltaik werden Solarmodule über Ackerflächen installiert, was den Ausbau der PV-Leistung bei gleichzeitiger Nutzung der Flächen für den Ackerbau ermöglicht. Im Rahmen eines Forschungsprojektes am Bodensee konnte das Fraunhofer ISE eine Steigerung der Landnutzungseffizienz zwischen 60% und 84% sowie eine Steigerung der Resilienz in der Landwirtschaft bei Trockenperioden nachweisen. Weitere Zusatznutzen ergeben sich u.a. durch Schutz vor Hagel-, Dürre- und Frostschäden, die Reduktion des Bewässerungsbedarfs und die Nutzung des Solarstroms vor Ort.
Fahrzeugintegrierte PV (Vehicle-Integrated Photovoltaics, VIPV)
Bei der VIPV ersetzen Solarmodule Teile der Fahrzeughülle und versorgen elektrische Verbraucher oder speisen in die Antriebsbatterie bei Elektro-Fahrzeugen ein, wodurch sie die Reichweite erhöhen. Die Ansprüche an die ästhetische Integration und die Moduleffizienz sind bei Fahrzeugen besonders hoch. Das Fraunhofer ISE hat ein sphärisch gewölbtes PKW-Solardach entwickelt, dessen hocheffiziente Solarzellen eine Leistung von etwa 210 W/m² liefern. Durch die überlappende Verschaltung in Schindeltechnik lässt sich die Modulfläche maximal für die Stromerzeugung nutzen und bietet ein homogenes, ästhetisches Gesamtbild. Geringere Widerstandsverluste und der Wegfall der Verschattung durch Zellverbinder sowie eine besonders hohe Verschattungstoleranz sorgen für eine um bis zu zwei Prozent absolut höhere Moduleffizienz im Vergleich zu konventionellen Solarmodulen. Für Leichtbauanwendungen in Nutzfahrzeugen untersucht das Fraunhofer ISE auch glasfreie Aufbauten.
Verkehrswegeintegrierte PV (Road Integrated PV,RIPV)
Verkehrswegeintegrierte Photovoltaik (RIPV) umfasst die Einbettung von Solarmodulen in, an und über Verkehrswegen. Das kann direkt in Straßen, Fußwegen und Plätzen sein, aber auch in Schienen oder den Verkehrswegen zugeordneten Flächen wie Lärmschutzwänden oder Seitenstreifen. Verkehrswege in Deutschland bedecken ca. 5% der Landesfläche und bieten somit ein enormes technologisches Potenzial, das auf bereits bebauter (horizontaler) Fläche erreicht werden kann.
Bei der Integration von Solarmodulen direkt in die Straße müssen diese ausreichend Haftung für alle Verkehrsteilnehmer auch unter schwierigen Wetterbedingungen bieten. Hierfür müssen besonders langlebige, strukturierte Moduloberflächen realisiert werden.
Schwimmende PV (Floating PV, FPV)
Für schwimmende PV-Kraftwerke, deren Module auf Schwimmkörpern auf einem stehenden Gewässer oder auf dem Meer angebracht sind, ist weltweit ein sehr dynamisches Wachstum zu verzeichnen (über 1,1 GW an installierte Leistung Mitte 2018). Auch Deutschland hat mit gefluteten Tagebauflächen, Kiesgruben und teilweise Stauseen ein riesiges technisches Potenzial für diese Technologie. Die Vorteile von FPV liegen in der kostengünstigen Umsetzung in großem Maßstab, dem Anstieg der PV-Effizienz durch Kühleffekte des Gewässers und der Reduktion der Verdunstungsrate, wodurch der Wasserverlust eingedämmt werden kann.