Kommentar

Ausufernde Vorgaben?

RA Dr. Jörg Schultheiß, Geschäftsführer des ITGA Rheinland-Pfalz/Saarland e. V.
Bild: BTGA

RA Dr. Jörg Schultheiß, Geschäftsführer des ITGA Rheinland-Pfalz/Saarland e. V.
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Inwieweit erfolgen die stets zunehmenden regulatorischen Vorgaben an Unternehmen in einem angemessenen Umfang? Dieser Frage soll in den folgenden Zeilen nachgegangen werden.

In jüngerer Vergangenheit sind viele Verordnungen und Regelungen beschlossen worden, mit denen Unternehmen auf verschiedenste Art und Weise verpflichtet werden – auch kleinere und mittlere Unternehmen: die Datenschutzgrundverordnung, das Nachweisgesetz, die Regelungen zum Transparenzgesetz und die Auswirkungen der Vorgaben für Whistleblower, um nur einige Beispiele der vergangenen Jahre zu nennen. Es soll an dieser Stelle nicht in Frage gestellt werden, dass die hinter diesen Regelungen stehenden Motive und Ziele richtig und zu begrüßen sind. Es darf und muss aber die Frage gestellt werden, ob die immer weitergehenden Belastungen der Unternehmen in einem angemessenen Verhältnis zu den damit verfolgten Zielen stehen.

Die genannten Beispiele ziehen weitreichende und komplexe Regelungsmechanismen innerhalb der Unternehmen nach sich. Diese bedürfen gerade bei betroffenen „kleineren und mittleren Unternehmen“ eines aufwendigen Prozederes unter Hinzunahme von externen Beratern. Oftmals können die vorgegebenen Regelungen mangels fehlender Kenntnisse und nicht ausreichender Kapazitäten auch nicht vollständig umgesetzt werden. Damit tritt ein weiterer Umstand ein: In Anbetracht der vielzähligen Verpflichtungen ist es ist keine Seltenheit, dass ein Unternehmen aufgrund fehlender Kompetenz, nicht vorhandener Erfahrung und nicht ausreichender Kapazitäten nicht in der Lage ist, eine (vollständige) Umsetzung zu gewährleisten. So wird eine Illegalität bestimmter Zustände gefördert, die beispielsweise zu Bußgeldern führen kann.

Spannungsfeld „legitime Motive und nicht ordnungsgemäße Umsetzung“

Im Spannungsfeld stehen daher die grundlegend legitimen Motive entsprechender regulatorischer Vorgaben auf der einen Seite und auf der anderen Seite der damit verbundene, außerhalb des Geschäftsfeldes der Unternehmen liegende, hohe personelle, zeitliche und auch finanzielle Aufwand und das grundlegend bestehende Risiko, einer nicht vollständigen, ordnungsgemäßen Umsetzung mit einer einhergehenden Illegalität. Innerhalb dieses Spannungsfeldes bedarf es sicherlich einer Abwägung. Die in der jüngeren Vergangenheit stark gestiegene Anzahl an Verpflichtungen erhöht und erweitert die Anforderungen für die Unternehmen kontinuierlich. Es ist anzuzweifeln, ob damit eine adäquate, tatsächlich greifbare Realisierung der angestrebten Ziele einhergeht. In Anbetracht dessen drängt sich die Erkenntnis auf, dass die Angemessenheit der damit verbundenen Belastung der Unternehmen verlassen wird. Es sei nochmals ausdrücklich klargestellt, dass es selbstverständlich ein hohes Gut ist, die hinter den Regulierungen stehenden Ziele zu verfolgen und insbesondere Fehlverhalten zu erfassen und zu beenden. Das darf jedoch nicht dazu führen, dass bei den in der ganz überwiegenden Anzahl ordnungsgemäß und legitim vorgehenden Unternehmen eine Mehrbelastung entsteht, die zu starken Beeinträchtigungen führt und somit die Wettbewerbsfähigkeit schwächt. Das gilt insbesondere in Zeiten, in denen sowohl infolge einer Rohstoffknappheit als auch eines Mangels an qualifiziertem Personal die Kapazitäten der Unternehmen knapp sind.

Werden die sich zumindest in Teilen gegenüberstehenden Interessen betrachtet, so steht die Verhältnismäßigkeit der Belastungen jedenfalls in Frage und muss zwingend beachtet wer-
den – sowohl bei bestehenden Regelungen als auch bei zukünftigen gesetzgeberischen Vorhaben. Nur so können immer weitergehende (unverhältnismäßige) Pflichtenvorgaben für Unternehmen verhindert werden.

Der Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder.

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