Baustellenerfolg steht und fällt mit der Kompetenz des Bauleiters
Bauleitung – ein WegweiserBei einer umfassenden Modernisierung oder bei einem Neubau, insb. eines Mehrfamilienhauses oder eines Sonderbaus, muss ein Bauleiter, der den Vorgaben der VDI-Richtlinie 4700 Blatt 1 gerecht wird, bzw. ein Fachingenieur oder Architekt beauftragt werden, um eine Bauüberwachung gemäß Leistungsphase 8 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) durchzuführen. Dieser muss in der Lage sein, neben den normativen Vorgaben, die an den allgemeinen Hochbau gestellt werden, auch diese zu überblicken, die an die technische Gebäudeausrüstung gestellt werden.
Gemäß Blatt 1 der VDI-Richtlinie 4700 fungiert der Bauleiter als „Überwacher der ordnungsgemäßen und den genehmigten Bauvorlagen entsprechenden Bauausführung und auch der Einhaltung der Vorschriften zum Unfallschutz“. Er soll im Sinne der jeweils gültigen Landesbauordnung öffentlich-rechtliche Schutzziele durchsetzen und technische Fehler sowie Mängel während der Ausführungsphase nach bestem Wissen und Gewissen verhindern. Die an ihn gestellten Aufgabenstellungen muss er hierbei oft unter hohem Termin- und Kostendruck bewältigen. Insbesondere bei größeren Bauvorhaben wird neben der Einhaltung der Vorgaben des sog. LEAN-Managements (s. Infokasten) ebenfalls ein erfolgreich durchgeführtes Qualitätscontrolling erwartet.
Erfolg und Misserfolg des Bauleiters beeinflussen das kaufmännische Ergebnis eines Bauprojekts in hohem Maße. Schwerwiegende Mängel können ein ursprünglich positives Projektergebnis im schlimmsten Fall sogar ins Minus befördern. Bis 2002 konnte ein Auftraggeber einen Auftragnehmer von Rechts wegen für einem sog. „verdeckten“ Mangel bis zu 30 Jahre in Regress nehmen. Diese Rechtsprechung ist überholt. Heutzutage beträgt diese Frist nach den Buchstaben des Gesetzes drei Jahre ab dem Jahresende der Kenntniserlangung vom Mangel (maximal zehn Jahre nach konkludenter oder rechtsgeschäftlicher Abnahme), sofern eine arglistige Verschweigung beweisbar ist (vgl. u. a. §634a Abs. 3 BGB). Es können vertraglich jedoch noch anderslautende Fristregelungen vereinbart werden. Fehlerhafte Ausführungen verfügen grundsätzlich über keinen Bestandsschutz.
Wichtig zu wissen: Der bauüberwachende Fachingenieur oder Architekt muss nicht zwangsläufig der verantwortliche Bauleiter sein, der gemäß der jeweils gültigen Landesbauordnung bestellt werden muss. In der Praxis kann man leider oft beobachten, dass am Posten der Bauleitung und der Bauüberwachung, die mit 32 % fast einen Drittel der Gesamtleistung nach HOAI ausmacht, intensiv gespart wird.
Folgende Faktoren sind für den Baustellenerfolg und für das positive kaufmännische Ergebnis eines Bauprojekts essenziell, insbesondere:
- Stetige Überprüfung der Übereinstimmung von Ausführungsplanung mit Werks- und Montageplanung – auch in der Umsetzung (projektspezifische Herstellerberechnungen sind nur als Planungsvorschläge und nicht als Ersatz für eine Ausführungsplanung zu betrachten);
- Kooperation mit dem beauftragten Prüfsachverständigen zur erfolgreichen Abnahme des vorbeugenden baulichen, anlagentechnischen sowie organisatorischen Brandschutzes gemäß Baugenehmigung und Brandschutzkonzept;
- Abstimmung mit dem beauftragten Prüfingenieur zur erfolgreichen Abnahme von prüfpflichtigen Anlagen (z. B. Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen, Aufzugsanlagen nebst Aufzugsbrandfallsteuerung, Blitzschutzanlagen, Brand- und Alarmierungsanlagen, CO-Warnanlagen, Rauchabzugsanlagen, Feuerlöschanlagen, Lüftungsanlagen (in Sonderbauten) sowie Sicherheitsstromversorgung);
- Kooperation mit dem Bauherrn, den oftmals bauherrn- oder käuferseitig beauftragten Sachverständigen sowie mit den Behörden;
- mindestens wöchentliche Präsenz auf der Baustelle und Erstellung einer ausführlichen Fotodokumentation;
- Beachtung der Baunebenpflichten (Einhaltung von Ruhezeiten, Abstimmung mit der Nachbarschaft, Vermeidung der Behinderung von Verkehrswegen, Freihaltung von Fuß- und Fahrradwegen; Erstellung von Behinderungs- und Bedenkenanzeigen bei entsprechender Notwendigkeit);
- fachliche Expertise (keine alleinige Stützung auf Fachunternehmererklärungen).
Der breitgefächerte Fachbereich der TGA hat in den letzten Jahrzehnten stark an Komplexität zugenommen. Ein einziger Bauleiter, der die normativen Vorgaben allein überblicken kann, ist im Bereich des Mehrfamilienhausbaus bzw. der Sonderbauten heute in der Regel nicht mehr ausreichend. Dieses Amt sollten sich idealerweise zwei oder drei Fachspezialisten teilen, um evtl. vorhandene Qualifikationsdefizite auszugleichen und sich gegenseitig zu ergänzen. Hierbei darf auch nicht vergessen werden, dass, besonders bei dem hohen Termin- und Kostendruck eines Bauprojekts, vier oder sechs Augen mehr als zwei sehen.
LEAN-Management – Prozessoptimierung nach Vorbild des Automobilherstellers Toyota
Das LEAN-Management stellt eine Prozessoptimierungsmethode japanischen Ursprungs dar, welche sich vom „Qualitätsmanagement nach ISO-Norm DIN EN 9001“ abgrenzt. Hierbei wird die Idee verfolgt, Kundenwünsche bei deutlich weniger betriebenen Aufwand zu erfüllen. Im Bereich des Bauwesens werden folgende Ziele verfolgt:
Minimierung von unkalkulierten Mehraufwänden durch LEAN-Construction
• Prozessmanagement durch die Erstellung einer Prozesslandkarte für den Zeitraum von der Auftragsakquise bzw. von der Angebotserstellung bis hin zum Ende der Gewährleistungsfrist,
• Taktplanung und -steuerung (taggenaue Terminierung der Arbeitsschritte aller am Bau beteiligten Gewerke),
• Einleitung von Gegenmaßnahmen bei Abweichungen des Ist- vom Soll-Zustand, welche von Bauleitern und Polieren im Rahmen der täglichen Überprüfung festgestellt werden;
Einhaltung der Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e. V.;
Entgegenwirkung der Schnittstellenproblematik durch Einführung von Building Information Managements (BIM);
Vermeidung von Verschwendungen in Bezug auf
• Überproduktion,
• Überbestände,
• Transport,
• Distributionspolitik,
• Ausführungsfehler und hierdurch notwendige Nachbesserungen,
• Wartezeiten und
• überentwickelte Prozesse;
Vereinfachung von bürokratischen Verfahrensweisen.