GA? – Was das GEG 2024 fordert!
Gebäude-Automatisierungsgrade: Gesetzliche Anforderungen für Neubau- und Bestands-NichtwohngebäudeMit dem GEG 2024 (Gebäudeenergiegesetz) wurde für Nichtwohngebäude erstmals eine Forderung nach einem „Automatisierungsgrad B oder besser“ eingeführt. Was bedeutet das für die Gebäudeautomation (GA) im Detail und für welche Gebäude oder Bauvorhaben ist das zu beachten?
Was sind die Automatisierungsgrade?
Die Automatisierungsgrade sind in der DIN V 18599, Teil 11 definiert und unterscheiden sich in die Grade D (geringste Automation) bis A (umfangreichste Automation). Die Fragen und die Antwortmöglichkeiten orientieren sich an den Fragen der ISO 52120 „Energieeffizienz von Gebäuden – Beitrag von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement“, die wiederum einen umfangreicheren Fragenkatalog erhält und mit deren Hilfe das energetische Einsparpotenzial durch Automation ermittelt werden kann. Über die ISO 52120 wird die die sogenannten GA-Effizienzklassen D bis A unterschieden; aufgrund der Unterschiede in Umfang und exakter Fragenstellung sollten die „Automatisierungsgrade“ der DIN V 18599 „Energetische Bewertung von Gebäuden“ und die „GA-Effizienzklassen“ der ISO 52120 nicht verwechselt werden.
In den Tabellen 1 bis 5 sind die Anforderungen an die Automatisierungsgrade für die unterschiedlichen Gewerke aufgeführt. Dabei wurden nur diejenigen Teile der Checkliste aufgenommen, für die es eine Umsetzungsvariante zugunsten der Automatisierungsgrade B oder A gibt – immerhin ist das der relevante Aspekt, um „B oder besser“ zu erfüllen. Die Tabellen zeigen die Anforderungen für Nichtwohngebäude, da nur für diese die gesetzlichen Anforderungen gelten. Dabei ist zu beachten, dass zur Gewährleistung des „Automatisierungsgrad B oder besser“ möglichst jede Frage von jedem Gewerk des jeweiligen Kriteriums erfüllen muss.
In der DIN V 18599-11 ist darüber hinaus aufgeführt: „Wenn der Einfluss einer Automatisierungsfunktion weniger als 5 % Anteil am Gesamtenergiebedarf besitzt, ist diese Funktion nicht bestimmend für die Einordnung des Gesamtautomationsgrades“. Dies bedeutet, dass man eine Automatisierungsfunktion übergehen darf, wenn man eine entsprechend nachvollziehbare und nachprüfbare Berechnung erstellen kann. Wichtig hierbei ist, dass das über Berechnungen eines Fachplaners oder Energieberaters erfolgen sollte – eine Berechnung über die Anwendung einer Energieausweis-Software ist nicht ausreichend (da diese meist den Einfluss der Gebäudeautomation nicht korrekt berücksichtigen). Mit entsprechenden Berechnungen ist es auch möglich, die Umsetzung auf Teile des Gebäudes zu begrenzen. Eine entsprechende Ausnahme ist nicht in der DIN V 18599, Teil 11 beschrieben, sondern in der EN 15232 „Energieeffizienz von Gebäuden“ (Vorgänger der ISO 52120), auf die sich die DIN V 18599 bezieht. In jedem Fall gilt: Sollten entsprechende Ausnahmen genutzt werden, ist es wichtig diese nicht pauschal, sondern konkret nachprüfbar zu formulieren.
Anforderungen gemäß GEG 2024
Die gesetzlichen Anforderungen sind im GEG im § 71a aufgeführt. Dabei gibt es zu den Formulierungen leider unterschiedliche juristische Interpretationen. Zu den juristisch nicht eindeutigen Anforderungen hat das BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) eine Stellungnahme veröffentlicht, wobei diese leider mit dem Hinweis beginnt, dass das keine rechtverbindliche Aussage ist und vor Gericht anders entschieden werden kann. Somit bleibt bis zum Zeitpunkt erster Gerichtsurteile eine gewisse Unsicherheit, die man jedoch durch entsprechende Aktennotizen bzw. Klärungen mit Auftraggebern gut in den Griff bekommen sollte. Die Tabelle 6 zeigt dazu eine Übersicht der Anforderungen. Ein „Ja“ steht für juristisch eindeutige Anforderungen. Ein Fragezeichen ist dort hinterlegt, wo sich juristischer Interpretationsspielraum ergibt. Dort wo ein Querstrich eingetragen ist, bestehen keine gesetzlichen Anforderungen aufgrund des § 71a. Die erste Zeile der Tabelle führt „Energieüberwachungstechnik“ auf. Im Wesentlichen ist das die Überwachung, Protokollierung und Analyse der Verbräuche aller Hauptenergieträger aber auch aller gebäudetechnischen Systeme. Letzteres kann aufwendig werden, da dazu eine Einbindung dieser Systeme über Schnittstellen und Protokolle erforderlich ist. Des Weiteren müssen die Daten über „gängige und frei konfigurierbare Schnittstellen (firmen- und herstellerunabhängig)“ zugängig gemacht werden, sodass über externe Tools Effizienzverluste erkannt und zuständige Personen über mögliche Verbesserungen der Energieeffizienz informiert werden. Zur Umsetzung ist somit die Einführung eines EMS (Energiemanagementsystem) auf Basis der ISO 50001 „Energiemanagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung“ sinnvoll bzw. erforderlich. In Bezug auf die Automatisierungsgrade gelten die zuvor darstellten Anforderungen an den „Automatisierungsgrad B oder besser gemäß DIN V 18599-11“.
Bestands-Nichtwohngebäude
Sofern in einem Bestandsgebäude die Nennleistung der Heizungs-/Klimaanlage den Wert von 290 kW nicht überschreitet, sind keine gesetzlichen Anforderungen aufgrund des § 71a zu beachten. Sollte dieser Schwellwert überschritten werden, ist auf jeden Fall eine Energieüberwachungstechnik inkl. Datenaustausch über firmen- und herstellerunabhängige Schnittstellen zu gewährleisten. Unklar ist, ob dann auch der „Automatisierungsgrad B oder besser“ umgesetzt werden muss. Gemäß Stellungnahme des BMWK ist das nicht erforderlich und sofern dieser Automatisierungsgrad nicht aus eigener Motivation (Reduktion der Betriebskosten) eingeführt wird, empfiehlt sich eine Aktennotiz mit Verweis auf diese Stellungnahme des BMWK. Die Stellungnahme enthält zwar den Hinweis, dass diese nicht rechtsverbindlich ist, aber ebenso den Text, dass man diese „zur Orientierung“ verwenden könne. Sollte bei einem Bestand-NWG eine größere Sanierung im Heizungs- oder Kältebereich stattfinden – z. B. der Tausch eines Ölkessels gegen eine Wärmepumpe – sollte allerdings auch der Planer mit dem Auftraggeber explizit abstimmen, inwiefern der Automatisierungsgrad berücksichtigt werden soll. Denn wie erwähnt besteht die Möglichkeit, dass Gerichte die Mindestanforderungen anders interpretieren, als das vom BMWK geplant war. Wenn zwischen Planer und Auftraggeber die Automationsanforderungen festgelegt bzw. ausgeschlossen werden, läuft man später nicht Gefahr, dass der Auftraggeber eine Untererfüllung einklagt.
Neubau-Nichtwohngebäude
Sofern bei einem neu zu errichtenden Gebäude die Nennleistung der Heizungs-/Klimaanlage den Wert von 290 kW überschreitet, sind eindeutig der Automatisierungsgrad B sowie die system- und herstellerübergreifen Kommunikation zwischen allen gebäudetechnischen Systemen und Anwendungen zu gewährleisten. Sollte dieser Schwellwert unterschritten werden, stellt sich die Frage, ob die aufgeführten Anforderungen ebenso gelten. Gemäß BMWK sollte das nicht der Fall sein aber wie zuvor ist das nicht rechtsverbindlich und könnte vor Gericht anders entschieden werden. Somit empfiehlt sich auch hier eine Aktennotiz und exakte Beschreibung bzw. Ausschluss der Automationsanforderungen zwischen Auftraggeber und Planer.
Informationen und Stellungnahme BMWK
Weitere Informationen sowie die Stellungnahme des BMWK (Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz) im exakten Wortlaut sind in einem kostenlosen Whitepaper (Download unter www.t1p.de/tab-09-24-GA) verfügbar. Diese Thematik wird ebenso bei den Terminen des tab-Fachforums „Die Zukunft der Gebäudeautomation“ behandelt (Link und Termine siehe Kasten).
tab Fachforum vor Ort: „Zukunft der Gebäudeautomation 2024“ – Impulse | Dialoge | Know-How – Jetzt anmelden und kostenfrei teilnehmen!
Die im Beitrag aufgezeigten Anforderungen an eine Gebäudeautomation werden neben zahlreichen weiteren Themen auf der tab-Seminarreihe „Zukunft der Gebäudeautomation“ konkretisiert dargestellt, die an vier Standorten in Deutschland im September halt macht. Die Veranstaltung ist Treffpunkt für Fachingenieure der Technischen Gebäudeausrüstung, Facility Manager und Systemintegratoren.
Branchen- und Firmenexperten beleuchten die unterschiedlichen Aspekte der Planung und Umsetzung einer erfolgreichen Gebäudeautomation. Zu allen Themenblöcken wird ausreichend Zeit für intensive Frage- und Antwortrunden geboten, sodass Teilnehmer konkrete Handlungsempfehlungen und praktische Tipps für den Berufsalltag aus der Veranstaltung mitnehmen können. Das Fachforum wird von einer Ausstellung begleitet, die auch Gelegenheit zum intensiven Gedankenaustausch zwischen Systemanbietern und den Besuchern ermöglicht.
Termine & Orte
• 17.09.2024 | Hamburg, Emporio (Stadionführung Millerntor – FC St. Pauli)
• 19.09.2024 | Berlin, Maritim proArte (Besichtigung Humboldtforum Berlin)
• 25.09.2024 | München, Studio Balan (Besichtigung BMW-Welt München)
• 26.09.2024 | Köln, RheinEnergieSTADION (mit Stadionführung)
Themen
• Key-Note-Vortrag: Prof. Dr. Michael Krödel, TH Rosenheim
• Die digitale Wertschöpfungskette in der Gebäudeautomation: Rolf Schulte, Eplan
• Gebäudeautomation, ein zentraler Baustein der Sektorenkopplung in der All Electric Society: Frank Knafla, Phoenix Contact
• Praxisnahe, interdisziplinäre Planung in der Gebäudeautomation mit AMEV BACtwin, IFC/BIM etc.: Michael Dietrich, WSCAD
• Neue Möglichkeiten der Gebäudeautomation durch BACnet/SC: Dr. Andreas Wetzel, Sauter Deutschland
• Fachkräftemangel und Ressourceneinsparung – Innovative Ansätze aus der Gebäudeautomation: Matthias Fricke und Zlatko Kadrijevic, Oppermann Regelgeräte
• „Von der Datenarchivierung zur Betriebsoptimierung: Mit Cloud-Services die Berichtspflichten im Gebäude meistern“: Sven Trapp, Senior Project Sales Manager, Wago
• Warum ist integrierte Gebäudeautomation mehr als eine integrierte Softwarelösung?: Cordelia Thielitz, Head of Digital Building & Segment Life Science, Schneider Electric
• GEG und EBPD als Turbo für die Gebäudeautomatisierung: Mit einfacher Technologie zu Einsparpotenzialen: Julian Prikker, Produktmanager Gebäudesystemtechnik, Wildeboer Bauteile
• Podiumsdiskussion mit allen Referenten
• Exkursion: Exklusiver Besuch der angekündigten Location
Anmeldung
Die Teilnahmegebühr beträgt 150 €. Leser der Zeitschrift tab erhalten 50 % Ermäßigung auf die Teilnahmegebühr (Code: gebaeudeforum_2024); Abonnenten erhalten 100 % Ermäßigung (Code: gebaeudeautomation_2024). Weitere Infos und Anmeldungen unter: www.t1p.de/tab-09-24-FFGA bzw. dem angehängten QR-Code.