Gebäudetechnik für kritische Infrastruktur

Vorzeigeprojekt Laborneubau in Köln

Eine maßgeschneiderte Gebäudelösung für das neue medizinische Versorgungszentrum Labor Dr. Quade & Kollegen in Köln optimiert die Arbeitsabläufe und Materialflüsse des Unternehmens und bietet den Mitarbeitern eine Arbeitswelt mit hohem Komfort. Das Energiekonzept ist außerdem auf die speziellen Anforderungen des medizinischen Labors ausgerichtet.

Tausende Tests und Proben werden täglich im Labor Dr. Quade & Kollegen analysiert und ausgewertet. Das inhabergeführte Unternehmen bietet Labordienstleistungen für niedergelassene Ärzte, Krankenhäuser sowie weitere regionale und internationale Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen an. Während der Coronapandemie hat das Labor zudem in großem Umfang PCR-Lolli-Tests für Schulen und Kindertagesstätten in Nordrhein-Westfalen bearbeitet. Der Betrieb ist in der Vergangenheit kontinuierlich gewachsen und investierte deshalb in ein neues, hochmodernes Labor- und Verwaltungsgebäude.

Zugrundeliegende Fragestellungen

Für Konzeption, Planung und Bau zeichnete die Vollack Gruppe verantwortlich. Die Unternehmensgruppe ist auch auf Gesundheitsbauten spezialisiert und weiß, worauf es bei der Laborplanung ankommt. Bernd Hartmann, Partner und Geschäftsführer von Vollack, erklärt: „Der Neubau entstand nach der Vollack Methode und als Design + Build. Dabei sind Planung und Bauausführung zum Kundennutzen eng verzahnt. In der Startphase, unserer sogenannten Phase Null, erarbeiteten wir gemeinsam mit der Bauherrin das Anforderungsprofil des Gebäudes.“ Dabei wurden Bestand und Potenziale ausgelotet: Wie sehen die laufenden Arbeitsprozesse aus? Welche gesetzlichen Vorschriften müssen eingehalten werden? Welche laborspezifischen Anforderungen und Sicherheitskonzepte sind zu berücksichtigen? Wohin entwickelt sich das Unternehmen? Welche Erwartungen haben die Mitarbeiter an ihren Workflow und an die Nachhaltigkeit ihres Arbeitsplatzes? Und was muss die Arbeitswelt leisten, damit die Menschen gerne dort arbeiten, produktiv sein können und sich zudem mit ihr identifizieren?

Konzeption des Gebäudes

Im Ergebnis ist eine Gebäudelösung mit einer Bruttogeschossfläche von rund 12.000 m2 und Platz für 350 Mitarbeiter entstanden. Im Mitte 2023 fertiggestellten Gebäude wurden die Arbeitsabläufe und Materialflüsse des Labors optimiert, die Beschäftigten profitieren zudem von einer modernen Arbeitswelt mit hohem Wohlfühlfaktor. Zu den verbesserten Arbeitsbedingungen trägt ein Betriebskindergarten mit Außenflächen bei, durch den sich für Eltern Familie und Beruf leichter vereinbaren lassen. Das Ensemble besteht aus zwei Bauteilen: In einem dreigeschossigen Gebäuderiegel befinden sich ein hochmodernes Diagnostiklabor mit vollautomatisierten Laborstraßen, das medizinische Analytik auf höchstem Niveau ermöglicht, sowie Lager- und Logistikflächen. Hinzu kommt ein Verwaltungsgebäude, in dem auch labornahe Praxen angesiedelt sind. Zwischen den beiden Baukörpern „schwebt“ ein Seminarraum, der die unterschiedlichen Bereiche miteinander verbindet. Im Innenhof grenzen ruhige Verweilräume an die Kantine an. Eine Tiefgarage mit 133 Stellplätzen bietet Parkmöglichkeiten und mehr als 50 der Parkplätze sind bereits mit Ladesäulen für E-Mobilität ausgerüstet.

Bei der Planung und dem Bau setzte Vollack auf digitale Arbeitsweisen wie Building Information Modeling (BIM). Alle relevanten Daten des Gebäudes wurden digital erfasst, modelliert und können im kompletten Lebenszyklus genutzt werden. Als virtuelles 3D-Modell visualisiert, arbeiteten bereits in einem frühen Entwurfs- und Planungsstadium alle an der Planung und am Bau Beteiligten über eine Plattform zusammen. „Bauherrin und Planer erhielten durch das Arbeiten mit BIM Entscheidungssicherheit und konnten bereits in frühen Leistungsphasen die Big Points im Projekt bewusst und faktenbasiert festlegen“, berichtet Bernd Hartmann.

Komplexes Versorgungskonzept

Das Gebäude ist als Effizienzhaus 55 errichteten. Mit einer 100-kWp-Photovoltaikanlage, einem 50 m3 großen Regenwasserspeicher, einer umfangreichen Ladesäulen-Infrastruktur und einer auf Energieeffizienz optimierten Gebäudeleittechnik wurden die Weichen zu klimaneutralen Labordienstleistungen gestellt. Verglichen mit einem konventionellen Gebäude benötigt der Neubau 45 % weniger Primärenergie. Zum Energiekonzept gehört auch ein biogasbetriebenes Blockheizkraftwerk mit ­einer Nennleistung von 40 kWth und 20 kWel in Kombination mit Wärmepumpen und Kältemaschinen. Da der Laborbetrieb Teil der kritischen Infrastruktur im Gesundheitswesen der Stadt Köln ist, wurde eine autarke Versorgung mit Strom, Wärme und Kälte sichergestellt. Dies ermöglicht es, den Normalbetrieb sogar beim Ausfall der öffentlichen Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Zwei wassergekühlte Kältemaschinen sind auf den Gebäudekühlbedarf von 380 kW ausgelegt. Ein Kaltwasserspeicher mit 10 m3 Inhalt dient zur Effizienzsteigerung und Spitzenabdeckung. Damit ist die Klimatisierung des Gebäudes so ausgelegt, dass selbst bei Außentemperaturen von 46 °C eine Innentemperatur von 24 °C nicht überschritten wird und so die Rahmenbedingungen für Laboranalysen gewährleistet sind. Ein modernes Belüftungs- und Filterkonzept garantiert eine optimale Luftqualität. Die Lüftung der Laborhalle erfolgt über eine zentrale Umluftkühlung mit freier Kühlfunktion und einer Außenluftleistung von 55.000 m³/h, hinzu kommt eine Fußbodenkühlung. Die Lüftung der unterschiedlichen Laborbereiche und der Verwaltung erfolgt über Kreislaufverbundsysteme (KVS). Die komplexe Gebäudeautomation ist an bauherrenseitige Softwarelösungen angebunden. Zudem sichern Flutschutzmaßnahmen das Gebäude bei Starkregenereignissen.

Wirkung nach außen

Auch die Gestaltung des Neubaus ist einzigartig, wie Bernd Hartmann erläutert: „Die Materialen, Formen und Farben des Gebäudes spiegeln die Identität des Unternehmens ideal wider, ganz im Sinne einer Corporate Architecture.“ Dieser Gedanke zeigt sich bereits in den Fluren, den Adern des Unternehmens, anhand der sogenannten „Plasmadecken“. Die mit abstrahierten Blutkörperchen versehenen Decken absorbieren den Schall in den Räumen, ästhetisch und funktional. Der Kontrast zwischen dem sandsteinfarbenen Verwaltungsgebäude mit modernen, weißen Aluminiumvorhangelementen und der hinterlüfteten, gelochten Aluminiumfassade des Laborbaus lässt die Vielschichtigkeit und Agilität des Unternehmens erkennen. Die Unternehmensfarbe Blau changiert hier wetterabhängig in einem eleganten Farbenspiel.

Warum ist eine Corporate Architecture wichtig? „Wir sind davon überzeugt, dass gerade im planerischen und baulichen Aspekt der Corporate Identity eine Menge Potenzial schlummert. Marke und Kultur brauchen Raum, der zu ihnen passt. Materialien, Farben und Formen transportieren den Charakter einer Organisation und machen die Unternehmenskultur erlebbar“, sagt Bernd Hartmann. Das Labor Dr. Quade & Kollegen wird häufig von zukünftigen Kunden besucht, bspw. im Rahmen von Audits, und kann daher den professionellen Anspruch sowie Authentizität und Glaubwürdigkeit ideal transportieren. Es wurde eine Gebäudelösung entwickelt, die identitätsstark und zukunftsweisend ist.

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