Großer Wurf mit kleinen Mängeln
2023 soll es nach über 20 Jahren erstmals eine komplett überarbeitete, neue Trinkwasserverordnung geben
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Im Frühjahr 2023 kommt nach über 20 Jahren erstmals eine komplett überarbeitete Fassung der deutschen Trinkwasserverordnung zur Verabschiedung in den Bundesrat. Die im Vergleich deutlich umfangreichere Verordnung setzt die Änderungen der seit 2021 geltenden Europäischen Trinkwasserrichtlinie um. Der bislang vorliegende Referentenentwurf wird aus Sicht des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) in vielen Punkten den Anforderungen der Branche an ein modernes Trinkwassermanagement gerecht.
Erstmals gibt es verpflichtende Regelungen zur Gefährdungsanalyse und Risikobewertung für das Wasserversorgungssystem bis zur Entnahmearmatur bei den Verbrauchern. Dazu sagt Dr. Wolf Merkel, DVGW-Vorstand Wasser: „Wir begrüßen diesen Ansatz, den wir bereits seit 2008 in unserem Technischen Regelwerk verankert haben. Er stellt u.a. sicher, dass die Untersuchungspläne künftig passgenau auf das jeweilige Versorgungssystem ausgelegt werden können. Insgesamt werden mit der neuen Verordnung auch bei den Gesundheitsämtern die Aufgaben zunehmen. Hier bedarf es einer neuen Philosophie der Zusammenarbeit. Deshalb setzen wir uns dafür ein, bei Risikobewertung und Risikomanagement bewährte Management-systeme der Branche oder digitale Tools zu nutzen, z. B. das Technische Sicherheitsmanagement TSM oder ‚TrimOnline‘.“
Kleine Kritikpunkte
Mit der neuen Verordnung werden auch Grenzwerte für Trinkwasser neu aufgenommen bzw. vorhandene verschärft. So werden verschärfend zum PFAS-Grenzwert der EU-Trinkwasserrichtlinie in Deutschland für vier PFAS strengere Grenzwerte definiert. Diese sollen auf 20 Nanogramm pro Liter Trinkwasser festgelegt werden. Die verschärften Grenzwerte für Chrom und Arsen sind hingegen aus Sicht des DVGW nicht nachvollziehbar. „Hier besteht sicherlich noch weiterer Klärungsbedarf mit dem Bundesgesundheitsamt und dem Umweltbundesamt”, fordert Merkel.
Ein Kritikpunkt sind zudem die neuen Überwachungs- bzw. Meldepflichten. Wasserversorger und Installateure sollen künftig Informationen im Zusammenhang mit Bleileitungen in Gebäuden an das Gesundheitsamt melden. Dazu Merkel: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass staatliche Überwachungsaufgaben damit auf Wasserversorger und Installateure abgewälzt werden sollen. Sie können keine ‚Hilfssheriffs‘ der Behörden sein. Die Überwachung ist und bleibt eine hoheitliche Aufgabe des Staates.“
Der DVGW bringt auf Basis seiner technisch-wissenschaftlichen Expertise und neuester Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung richtungweisende Impulse aus Sicht der Wasserversorgung in die Neufassung der deutschen Trinkwasserverordnung ein.