Berliner Klimaschutzgesetz – Und wieder ein (lokales) Klimaschutzgesetz
Es scheint zur Profilierungssucht der Stadtstaatenvertreter zu gehören, im Kontext aktueller bundeseinheitlicher Gesetzgebungen mit eigenen Gesetzen auf sich aufmerksam zu machen. Stieß vor gut zehn Jahren das Hamburger Klimaschutzgesetz, dem im Übrigen im vergangenen Jahr die Hamburger Klimaschutzverordnung folgte, auf das Unverständnis der Fachwelt, so provoziert der jetzt vorgelegte „Referentenentwurf für ein Klimaschutzgesetz des Landes Berlin“ allenthalben Kopfschütteln.
In insgesamt 31 Paragrafen wird ein ordnungspolitischer, planungs- und verwaltungsrechtlicher Rundumschlag zusammengefasst, dem an zahlreichen Stellen Unausgegorenheit und mangelnder Sachverstand unterstellt werden darf. Dies belegt eindrucksvoll der für unsere Branche überaus relevante Absatz 3 des
§ 3 „Elektrische Heizungs-, Warmwasser- und Klimaanlagen“.
Dort ist zu lesen: „Der Neuanschluss von elektrischen Anlagen zur Kühlung der Raumlufttemperatur (Klimaanlagen) in Wohnräumen ist, sofern nicht lediglich vorhandene Anlagen ersetzt werden, in bestehenden Gebäuden unzulässig, wenn die bestimmungsgemäße Nutzung auch durch regelgerechte Lüftung, bauliche Änderungen, Lüftungsanlagen, Sonnenschutzvorkehrungen oder andere geeignete bauliche oder technische Maßnahmen auf wirtschaftlich vertretbare Weise sichergestellt werden kann. Satz 1 gilt entsprechend auch für Räume, die für Beherbergungs-, Büro- und Verwaltungszwecke genutzt werden, ...“.
Beim Kenner der Materie kann eine solche Forderung nur Verwunderung hervorrufen. Denn derzeit ist kein wirtschaftlich durchführbares Verfahren bekannt, mit dem ein dieser Forderung Rechnung tragender Nachweis geführt werden kann. Erschwerend kommt hinzu, dass für die einzuhaltenden Parameter des thermischen Raumklimas (Temperatur und Raumluftfeuchtigkeit) keine verbindlichen Kriterien existieren, die als Grundlage herangezogen werden können. Die Frage muss gestattet sein, warum die Berliner Senatsverwaltung versucht, eine eigene Suppe zu kochen, anstatt sich an den entsprechenden EnEV-Passus zu halten, in dem unmissverständliche Vorgaben für den Neuanschluss von elektrischen Anlagen zur Raumkühlung gemacht werden.
Heftige Kritik an dem Referentenentwurf kommt nicht nur seitens der TGA, sondern auch in konzertierter Aktion seitens der Bau- und Wohnungswirtschaft. Fünf diese Wirtschaftsbereiche vertretenden Verbände halten sich mit ihren verbalen Angriffen nicht zurück und deklassieren den Referentenentwurf als „Klimapolitischen Blindgänger“. Zu Recht kritisieren die Verbände die fehlenden ordnungspolitischen Grundlagen, die fehlende Technologieoffenheit, sowie die ineffizienten Technologie- und Nutzungsverpflichtungen.
Angestachelt durch die stadtstaatlichen Alleingänge fühlen sich auch Kommunen befleißigt, mit zum Teil irrwitzigen Gesetzen Glauben zu machen, einen Weltmeistertitel im Klimaschutz erzielen zu wollen.
Mit Staunen erinnern wir uns an das Marburger Solargesetz, das besagt, dass jedes Haus, das neu gebaut, dessen Dach saniert oder das mit einer neuen Heizungsanlage ausgestattet wird, eine solarthermische Anlage bekommen muss. Früher oder später, so die Stadtväter, soll fast jedes Haus in Marburg Sonnenkollektoren auf dem Dach haben. Dass hier alle Bemühungen um Technologieoffenheit und gesamtheitliche gebäude- und energiebezogene Betrachtung konterkariert werden, ist mehr als offensichtlich.
Um jegliches Missverständnis von vorneherein auszuschließen: Die Branche der Technischen Gebäudeausrüstung und die sie vertretenden Verbände unterstützen vehement und mit leidenschaftlichem Engagement die nationalen und internationalen Klimaschutzziele und leistet mit ihren Hocheffizienztechnologien einen maßgeblichen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele. Alle Gebietskörperschaften sind aufgerufen, in gemeinsamen intelligenten und von ingenieurwissenschaftlichem Sachverstand getragenen Aktionen Maßnahmen einzuleiten, die energie-, umwelt- und wirtschaftspolitisch das Prädikat „weitsichtig“ verdienen. Die Länder sind aufgerufen, handhabbare und belastbare Durchführungsverordnungen aufzustellen – damit wäre dem Klimaschutz ein deutlich besserer Dienst zu erweisen.
Günther Mertz
BHKS Hauptgeschäftsführer