Das aktuelle Baurechtsurteil: Abnahme

Abnahme von Architektenleistungen

Viele Architekten und Ingenieure gehen fast selbstverständlich davon aus, dass ihre Leistung abgenommen ist, wenn sie ihre Arbeit getan haben, wenn im typischen Fall das zu errichtende Haus oder Gebäude fertig sind. Die gleiche Frage bringt Juristen dazu, sich nachts schlaflos in ihren Betten zu wälzen. Ganz so einfach ist es mit der Abnahme nämlich nicht. Ganz gut, dass ein neues Urteil des BGH wenigstens etwas mehr Sicherheit in die Frage bringt, wann Architekten- und Ingenieurleistungen abgenommen sind.

Der Fall

Ein Architekt wird 1998 beauftragt, eine denkmalgeschützte Villa zu sanieren und zu modernisieren. Seine Leistungen enden vereinbarungsgemäß mit der Leistungsphase 8 (Objekt­überwachung). Nachdem die Auftraggeber bereits 1998 (aus steuerlichen Gründen) das Ho­no­rar mitten im Zuge der Bauar­beiten vollständig bezahlt haben, werden die Arbeiten im September 1999 fertiggestellt und die Auftraggeber ziehen ein. Einige Jahre später stellen sie fest, dass in den Keller Feuchtig­keit eindringt, was auf einem Planungsfehler des Archi­tek­ten beruht. Im Dezember 2005 wird die Klage erhoben. Der Architekt meint, aufgrund des verstrichenen Zeitraums sei die Gewährleistungsfrist abgelaufen und die Ansprüche seien verjährt. 

Die Entscheidung

Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre ab dem Zeitpunkt der Abnahme der Architektenleistung. Der BGH (Urteil v. 26. September 2013, Az.: VII ZR 220/12) entscheidet: Spätes­tens sechs Monate nach dem Bezug und Fertigstellung der Architektenleistungen werde die Architektenleistung stillschwei­gend (durch schlüssiges Verhal­ten) abgenommen, wenn vom Auftraggeber keine Mängel mehr gerügt werden. 

Demzufolge liegt der Abnahmezeitpunkt Mitte 2000 und die Ansprüche verjährten regelmäßig Mitte 2005, also vor der Erhebung der Klage. Zur Prüfung weiterer Besonderheiten verweist der BGH den Fall an das Oberlandesgericht zurück. 

Praxishinweis

Womöglich werden die meisten Architekten und Ingenieure sagen: Das versteht sich ja von selbst. So ist es aber nicht. Gerade bei Archi­tekten und Ingenieuren wird in gerichtlichen Verfahren oft um die Abnahme gerungen.

Während formelle Bauabnahmen bei Baugewerken häufig sind, sind die Leistungen von Architekten und Ingenieuren in eigener Sache sehr viel seltener Gegenstand einer formellen Abnahme. Abnahmeprotokolle für deren Leistungen gibt es fast nur bei Groß­projekten. 

Die Abnahme ist eine Erklärung des Auftraggebers, dass die bestellte Leistung – hier also die Architekten- oder Ingenieurleistung – im Wesentlichen vertragsgerecht erbracht ist. Diese Abnahme ist ganz zentral, von den Wirkungen sind die zwei interessantesten: Erst mit der Abnahme wird das Projekt schlussrechnungsreif, was nunmehr auch für Architekten und Ingenieure gilt (§ 15 Abs. 1 HOAI). Mit der Abnahme beginnt aber auch die Gewährleistungsfrist für die eigenen Leistungen. 

Fehlt es an einer ausdrücklich erklärten Abnahme, dann muss man sich auf Indizien beziehen. Wenn man aus Handlungen des Auftraggebers schließen kann, dass er mit den Leistungen einverstanden ist, dann gelten diese Handlungen als Abnahme. Am besten funktioniert das mit der Zahlung der Schlussrechnung. Wer die Schlussrechnung voll bezahlt, der ist mit der Leistung in aller Regel auch einverstanden. Wenn er bei der Zahlung nicht gleichzeitig Beschwerden vorbringt, kann man daran die Abnahme knüpfen. 

Fällt dieser Anknüpfungspunkt aus, weil wie hier beispielsweise schon frühzeitig gezahlt wird, bevor die Leistungen überhaupt annähernd erbracht sind, dann wird es zunehmend schwierig. Der bloße Einzug in das erstellte Objekt reichte noch nie und danach kommt eigentlich nur noch Schweigen. Es ist daher nicht unbedingt verwunderlich, dass das Oberlandesgericht große Probleme hatte, einen klaren Abnahmezeitpunkt zu definieren. Es ist gut, dass der BGH nachgeholfen hat. Er hat zum einen bekräftigt, dass das bloße Schweigen irgendwann den Ausdruck des Einverständnisses mit den Leistungen bekommt, und dass diese Frist in den meisten Fällen nicht länger dauert als sechs Monate nach dem Einzug, um alle Leistungen sozusagen durch Wohnen überprüfen zu können.

Dies wird uns zukünftig eine Hilfe sein, auch in den Fällen, in denen es um die Frage geht, ob die Schlussrechnung fällig ist oder ob eine Abnahme noch gar nicht stattgefunden hat.

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