Das aktuelle Baurechtsurteil: Haftungsabgrenzung
Haftungsabgrenzung in der Planerriege
Wenn mehrere Planernebeneinander oder miteinander wirken, ist es zuweilen bei Schäden aus Fehlern rechtlich schwierig, eine Zuordnung der Haftung vorzunehmen. Ziemlich oft müssen sich Gerichte mit solchen Fragen befassen, wie in einer aktuellen Entscheidung das OLG Koblenz (Urteil vom 07. Oktober 2011, 1 U 102/11, kürzlich wurde die Nichtzulassungsbeschwerde vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen).
Der Fall:
Ein Generalplaner überträgt die Ausführungsplanung beim Neubau einer Behindertenwohnanlage auf einen Subplaner und die Ausschreibung sowie Bauleitung an einen zweiten Subplaner. Noch nach Ausschreibung kommt es zu einer Umplanung, und als Material für die Außenwände wird Poroton statt Kalksandstein gewählt. Später zeigen sich Risse im Außenputz, die der gerichtliche Sachverständige auf eine falsche Materialwahl zurückführt. Der Generalplaner bzw.sein Haftpflichtversicherer müssen zahlen und verlangen die Kosten von den Subplanern zurück.
Die Entscheidung:
Beide Subplaner sind für das Ergebnis verantwortlich. Der Ausführungplaner ist mit der Abgabe seiner Pläne zur Ausschreibung nicht fertig. Wird er, wie hier geschehen, in eine Planungsänderung eingebunden, muss er seine Planung entsprechend prüfen und anpassen. Auch der Bauleiter ist haftbar, obwohl er an sich keine Planungsleistungen zu erbringen hat. Zu seiner Aufgabe gehört es aber, die Ausführungsplanung sowie Änderungen zu dieser eigenverantwortlich zu prüfen und auf Fehler und Risiken hinzuweisen.
Das OLG Koblenz verurteilt beide Subplaner als Gesamtschuldner, d.h. jeder muss grundsätzlich für den gesamten Schaden aufkommen.
Anmerkungen:
Die Grundsätze sind ohne weiteres auf das Verhältnis eines Fachplaners TGA und eines Fachbauleiters übertragbar. Statt eines Generalplaners als Auftraggeber kann das auch der Bauherr direkt sein. Die Erkenntnis, dass die Pflichten von Planer und Bauleiter nicht strikt getrennt nebeneinander stehen, sondern sich verzahnen, ist nicht neu, wird aber nicht immer angewendet. Der Bauleiter darf also die Planung nicht einfach nur umsetzen, sondern muss diese – soweit es für ihn machbar ist – auf Richtigkeit überprüfen. Dies gilt beinahe verstärkt für Änderungen, die sich erst an der Baustelle ergeben, denn hier ist oft nicht sicher, ob die Rückkopplung zum eigentlichen Planer reibungslos funktioniert, der eigentlich schon mit dem Projekt fertig zu sein glaubt. Unterschiedlich wird die Frage beurteilt, ob planender und bauleitender Architekt in dieser Konstellation Gesamtschuldner sind, weil sie sozusagen als Haupt- und Hilfsplaner dasselbe Ziel erreichen sollen, oder ob der Bauleiter das Verschulden des Planers gegenüber dem Bauherrn einwenden kann und dann nur auf eine anteilige Quote haftet (etwa OLG Frankfurt IBR 2009, 402). Dafür kann sprechen, dass dem Bauleiter grundsätzlich vom Bauherrn eine ausführungsreife und mangelfreie Planung zur Verfügung zu stellen ist. Der Unterschied wird offenkundig, wenn einer der beiden Haftenden insolvent und/oder nicht ausreichend haftpflichtversichert ist. Ähnliche Konstellationen finden sich bei der Frage, ob und inwieweit der Objektplaner (Ingenieur/Architekt) die Fachplanungen wie Statik, TGA oder auch Brandschutz zu prüfen hat. Entgegen mancher landläufiger Meinung muss eine solche Prüfung im Rahmen der eigenen Fachkenntnisse sehr wohl erfolgen. Dies gilt natürlich nicht mehr im Bereich des vertieften Spezialwissens des Fachplaners.