Das aktuelle Baurechtsurteil: Haftung
Objektplaner versus TGA-Planer
Der Bau braucht Spezialisten. Denn ein Bauvorhaben mit seinen verschiedenen Gewerken wird immer komplexer. So treffen bereits bei verhältnismäßig einfachen Bauten häufig mehrere Sonderfachleute aufeinander. Kommt es zu einem Mangel oder einem Schaden, stellt sich die Frage, ob und ggf. welcher der Sonderfachleute dafür haftungsrechtlich verantwortlich ist. Ein vom OLG Düsseldorf (Urteil vom 25. Oktober 2012, 5 U 162/11) entschiedener Fall zeigt, was passieren kann, wenn sich Objekt- und Fachplaner wechselseitig zu Unrecht aufeinander verlassen.
Zum Fall
Die Klägerin war als Generalübernehmerin damit befasst, ein Hotel schlüsselfertig auszubauen. Sie beauftragte die Beklagte mit der Fachplanung der Technischen Gebäudeausstattung mit Ausnahme der Bauüberwachung. Nach Fertigstellung der Arbeiten kam es zu Undichtigkeiten in den Hotelbädern. Die Klägerin hielt die beklagte TGA-Planerin für verantwortlich; diese hätte eine Fugenabdichtung und ferner einen Bodenablauf vorsehen müssen. Die TGA-Planerin stellte sich auf den Standpunkt, dies wäre nicht ihre Sache gewesen, sondern Aufgabe des Architekten.
Zum Urteil
Die TGA-Planerin wurde zu Schadensersatz in Höhe von gut 220 000 € verurteilt. Das OLG bejahte einen Planungsfehler; die TGA-Planerin hätte versäumt, den Wasserablauf der Duschen in den Hotelbädern so zu planen, dass sich dort kein Wasser unter den Duschwannen sammeln und stauen konnte. Vertraglich wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, die Gebäudetechnischen Anlagen gemäß § 73 HOAI a.F. gemäß den Leistungsphasen 1 bis 4 zu planen. Hierzu zählte nach Auffassung des OLG auch die Wasser- und Abwassertechnik und somit auch die Sanitärobjekte wie Badewannen und Brausetassen sowie Revisions- und Sicherheitseinrichtungen; all dies wäre der Technischen Ausrüstung zuzuordnen. Daraus schlussfolgerte das OLG, dass die Beklagte als für die TGA beauftragte Planerin Einrichtungen hätte vorsehen müssen, die Wasser aufnähmen und das Wasser kontrolliert entsorgten. Zur Vermeidung von Durchfeuchtungen hätte die Beklagte auch die Abdichtungen der einzelnen Sanitärgegenstände zu angrenzenden Bauteilen planen müssen. Dies wäre – so das OLG – nicht allein Aufgabe des Objektplaners; als Spezialisten wäre es einem TGA-Planer eher möglich, die fachspezifischen Gefahren der von ihm geplanten Einrichtungen abzuschätzen und ihnen durch gezielte Maßnahmen zu entgehen. Der Objektplaner hätte demgegenüber die Fachleistungen zu koordinieren und in seine Planung zu integrieren. Wenn vor diesem Hintergrund der TGA-Planer die Ausbildung der Fugen und die Abdichtungsmaßnahmen nicht selbst zeichnete, so hätte er jedenfalls dafür zu sorgen, dass der Objektplaner die zeichnerische Darstellung in seine Pläne aufnähme. Da dies nicht geschehen war, verurteilte das OLG die TGA-Planerin zu Schadensersatz.
Deshalb tröstete die Fachplanerin nicht, dass auch Ausführungsfehler bejaht wurden; der Umstand, dass auch das ausführende Bauunternehmen Einbauvorgaben des Herstellers nicht hinreichend beachtet hätte, spielte – so das OLG – keine Rolle. Als Planerin haftete die Beklagte neben einem Unternehmer, den möglicherweise auch Ausführungsfehler träfen, als Gesamtschuldner. Nichts anderes galt nach Ansicht des OLG im Verhältnis von TGA-Planer und Objektplaner. Dies fände seine Rechtfertigung darin, dass Planer und Sonderfachleute zusammenwirken müssen, um eine Grundlage für die Ausführung des Bauwerks zu schaffen.
Praxishinweis
Dieser Fall zeigt, dass sich Objektplaner und TGA-Planer nicht einfach aufeinander verlassen dürfen. Vielmehr müssen sie sich regelmäßig austauschen über dasjenige, was zur Erstellung eines funktionstauglichen Gewerks notwendig ist. Als Spezialist hat der TGA-Planer die fachspezifischen Gefahren der von ihm geplanten Einrichtungen zu erfassen und abzuschätzen und den Gefahren durch entsprechende Maßnahmen entgegenzuwirken. Dabei hat er die Ausführungspläne des Objektplaners, sprich des Architekten, kritisch im Hinblick auf die fachspezifischen Anforderungen zu überprüfen. Demgegenüber hat der Objektplaner die Fachleistungen zu koordinieren und in seine Objektplanung zu integrieren.
Das Problem stellt sich im Übrigen auch bei mehreren TGA-Fachplanern. So hat etwa ein Fachplaner für Elektrotechnik einem Fachplaner für Kälteanlagen im Zuge der Errichtung von Produktionslinien in einem neugebauten Werk, in dem Tiefkühl-Backwaren hergestellt werden, spezifische Anforderungen an die Kabelquerschnitte vorzugeben. Geschieht dies nicht, droht eine Haftung, wenn es zu einer Havarie des Werkes kommt. Angaben des einen Fachplaners darf der andere Fachplaner nicht einfach übernehmen. Dies hat das Oberlandesgericht Naumburg mit Urteil vom 23. August 2012, 2 U 133/11 entschieden.
In der Praxis entstehen Probleme dadurch, dass mehrere Planungsverantwortliche beauftragt werden. Auch wenn grundsätzlich jeder Planungsbeteiligte für die vertragsgemäße Erfüllung der eigenen Leistung verantwortlich ist, zeigen die Fälle, dass sich Objektplanung und Fachplanung einerseits, aber auch die verschiedenen Fachplanungen andererseits untereinander und aufeinander abstimmen müssen. Geschieht dies nicht, laufen alle Beteiligten Gefahr, wegen Mängeln und Schäden persönlich in Anspruch genommen zu werden.