Das aktuelle Baurechtsurteil
Wie sieht eine ordnungsgemäße Behinderungsanzeige aus?Kommt es zu Störungen im Bauablauf, hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber dies unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Wie dies konkret auszusehen hat, zeigt ein aktuelles Urteil des OLG Oldenburg.
Problemdarstellung
In § 6 Abs. 1 VOB/B heißt es: Glaubt sich der Auftragnehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung behindert, so hat er es dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Unterlässt er die Anzeige, so hat er nur dann Anspruch auf Berücksichtigung der hindernden Umstände, wenn dem Auftraggeber offenkundig die Tatsache und deren hindernde Wirkung bekannt waren.
Wie daran deutlich wird, ist die Behinderungsanzeige ernst zu nehmen und sollte stets unverzüglich erfolgen. Gleiches empfiehlt sich auch beim BGB-Vertrag, wo zwar § 6 VOB/B nicht gilt, aber ungeachtet dessen gegenseitige Rücksichtnahmepflichten bestehen und der Auftragnehmer im Falle einer Behinderung auch in Verzug geraten kann. Doch wie muss eine Behinderungsanzeige konkret gestaltet sein? Aus § 6 Abs. 1 VOB/B ergibt sich lediglich das Schriftformerfordernis, wobei die Auslegung dieser Klausel zwischen den Gerichten umstritten ist; zur Vermeidung jeglicher Risiken empfiehlt es sich jedoch, dem Auftraggeber die Behinderung per Post oder per Fax, jeweils mit Unterschrift anzuzeigen. Mehr Informationen finden sich in § 6 VOB/B nicht, was den Gegenstand des folgenden aktuellen Falls abbildet.
Sachverhalt
Mit den Formalien einer Behinderungsanzeige hat sich kürzlich das OLG Oldenburg in seiner Entscheidung vom 20. August 2019 – Az.: 2 U 81/19 befasst. Dem zugrunde liegt die Klage eines Insolvenzverwalters über das Vermögen eines Bauunternehmers auf Zahlung von ca. 300.000 € an Mehrkosten in Folge von Bauzeitverzögerungen im Zeitraum Mai bis September 2014, wobei sich die Klagebegründung auf zwei seitens des Bauunternehmers erteilte Behinderungsanzeigen vom 30. Juni 2014 und vom 10. September 2014 stützte. Die Behinderungen wurden nach folgendem Schema angezeigt:
Entscheidung des OLG Oldenburg
Die gegen diese Entscheidung klägerseits eingelegte Berufung hat das OLG Oldenburg zurückgewiesen. Es hat u.a. festgestellt, dass eine Behinderungsanzeige sämtliche Tatsache enthalten muss, aus denen sich für den Auftragnehmer mit hinreichender Klarheit und erschöpfend die dem Auftragnehmer bekannten Hinderungsgründe ergeben. Die Angaben müssen sich auch darauf erstrecken, ob und wann seine Arbeiten, die nach dem Bauablauf ausgeführt werden müssten, nicht oder nicht wie vorgesehen, ausgeführt werden können. Diesen Anforderungen genügten die Behinderungsanzeigen nicht.
Praxishinweis
Zusammengefasst empfiehlt es sich daher, in allen Fällen von Bauablaufstörungen, die sich unmittelbar oder mittelbar auf das eigene Gewerk auswirken (können), unverzüglich nach Kenntniserlangung dem Auftraggeber sämtliche Umstände der Behinderung erschöpfend anzuzeigen, insbesondere nicht erst bis zur Mehrkostenentstehung abzuwarten und auch kurz darzulegen, inwieweit das eigene Gewerk hiervon betroffen ist.
Mit 19 Rechtsanwälten, davon fünf Fachanwälten für Bau- und Architektenrecht, berät und vertritt die Sozietät Mandanten aus verschiedenen Branchen auf allen wichtigen Rechtsgebieten bundesweit. Die Sozietät hat sich auf das Bau- und Architektenrecht spezialisiert und vertritt Architekten und Ingenieure, ausführende Unternehmen und Bauherren in allen Fragen dieses Rechtsgebiets.
www.schluender.info