Das aktuelle Baurechtsurteil
Entbehrlichkeit der Abnahme nach KündigungIn Ausgabe 6/2020 haben wir bereits über eine Entscheidung des OLG München vom 8. Mai 2019 (AZ.: 20 U 124/19) berichtet. Im Rahmen dieser Entscheidung hatte sich der Senat des OLG München mit der Frage befasst, ob eine Abnahme stets ausdrücklich erfolgen muss oder aber auch durch konkludentes Verhalten erfolgen kann. Im Baubereich kommt es immer wieder vor, dass Werk- und somit auch Architektenverträge vor Beendigung eines Auftrags gekündigt werden. Auch in diesem Fall ist grundsätzlich eine Abnahme erforderlich. Das Oberlandesgericht Celle hat sich in seinem Urteil vom 13. Mai 2020 mit der Frage beschäftigt, wann eine Abnahme ausnahmsweise entbehrlich ist.
Sachverhalt
Der Kläger ist Architekt und hat den Projektentwickler zur Zahlung seines Honorars verklagt. Der Projektentwickler hatte den Architekten mit der Planung von drei Doppelhaushälften beauftragt. Während der Laufzeit des Vertrages kam es zu einem telefonischen Zerwürfnis zwischen den Parteien. Der Projektentwickler bestätigte dem Architekten per E-Mail die Kündigung des Architektenvertrages. Nach der Kündigung forderte der Architekt den Projektentwickler zur Freigabe für weitere Planungsleistungen auf. Der Projektentwickler reagierte nicht, sondern beauftragte einen anderen Architekten mit den weiteren Planungsleistungen. Der Projektentwickler hält dem Architekten entgegen, dass seine Honorarforderung nicht fällig sei, da eine Abnahme der Architektenleistungen nicht erfolgt sei.
Entscheidung
Das OLG Celle hat der Klage des Architekten mit Urteil vom 13. Mai 2020 (AZ.: 14 U 71/19) dem Grunde nach stattgegeben. Der Projektentwickler ist zur Zahlung des Honorars an den Architekten verpflichtet.
Zur Begründung hat der Senat festgestellt, dass im vorliegenden Fall eine Abnahme ausnahmsweise nicht erforderlich sei. Dies hat der Senat gleich mit zwei Argumenten begründet. Zum einen habe der Architekt selbst vorgetragen, er gehe bei seiner Abrechnung von einem Leistungsstand von 0 % aus. Zum anderen sei davon auszugehen, dass der Projektentwickler die Abnahme ernsthaft und endgültig ablehne und damit zu verstehen gebe, dass er die Leistung des Auftragnehmers nicht mehr abnehmen wolle und das Vertragsverhältnis als endgültig beendet ansehe. Mit der ständigen Rechtsprechung des BGH verwandelt sich in diesem Fall das Vertragsverhältnis der Parteien in ein sogenanntes Abrechnungsverhältnis. Einer Abnahme bedarf es nicht mehr. Der Projektentwickler hat durch die Beauftragung eines anderen Architekten sowie durch sein Schweigen auf das Aufforderungsschreiben zur Freigabe weiterer Planungsleistungen und die Ablehnung weiterer Zahlungen eindeutig zu erkennen gegeben, dass er auch zu einer Abnahme erbrachter Leistungen des Architekten nicht willens war. In einem solchen Fall steht einem Architekten sein Vergütungsanspruch (ausnahmsweise) auch ohne erfolgte Abnahme zu.
Praxishinweis
In Ausgabe 6/2020 hatten wir bereits erörtert, in welcher Form/unter welchen Voraussetzungen eine Abnahme erfolgen kann. Die Leistung des Werkunternehmers kann unter bestimmten Voraussetzungen auch durch schlüssiges Verhalten abgenommen werden.
Grundsätzlich ist eine Abnahme auch nach der Kündigung eines Werkvertrages erforderlich. An der Abnahme auch nach der Kündigung des Werkvertrages sollte der Werkunternehmer schon ein eigenes Interesse haben. Durch die Abnahme kommt es zum Gefahrübergang/zur Beweislastumkehr bei Mängeln. Die Verjährung von Mängelansprüchen beginnt zu laufen und die Vergütung wird fällig.
Durch eine Kündigung wird ein Werkvertrag für die Zukunft beendet. Die Werkleistung und mithin auch der Vergütungsanspruch werden durch die Kündigung beschränkt. Mithin sollte auch im Falle der Kündigung stets auf eine Abnahme hingewirkt werden. Aus der aktuellen Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle ergibt sich, dass ausnahmsweise unter engen Voraussetzungen die Abnahme nach einer Kündigung entbehrlich sein kann.
Schlünder Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
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