Die Krise erreicht Deutschland

Bis vor wenigen Wochen waren sich Wirtschaftswissenschaftler, Banken und Politiker einig darüber, dass die Finanzkrise in den USA Deutschland kaum oder nur indirekt berühren würde. Das deutsche Bankensystem sei robust und krisenfest, eine Bedrohung des Aufschwungs sei nicht zu erwarten, so die einhellige Meinung.

Nun ist es doch passiert! Die erste Bank musste durch staatliches Eingreifen vor dem Zusammenbruch bewahrt werden. Wer nun noch behauptet, dass die Entwicklung auf den internationalen Finanzmärkten keine Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland haben wird, der ist mehr als optimistisch.

Der Erfolg der deutschen Wirtschaft in den letzten Jahren und die damit verbundene gute Konjunktur waren hauptsächlich vom Export getragen. Wenn nun die amerikanische Wirtschaft, einer der Hauptkunden für deutsche Wirtschaftsgüter, in eine Krise stürzt, so wird dies auch Auswirkungen auf die Konjunktur in Deutschland haben. Für diese Entwicklung gibt es viele Anzeichen. Die Inflation lag im Juli bei 3,3 % und erreichte damit den höchsten Wert seit fast 15 Jahren. Selbst Vorzeigebranchen wie die Automobilindustrie geraten unter Druck. So melden Daimler und BMW kurz nacheinander Gewinnwarnungen.

In der Metall- und Elektroindus­trie reichen die Aufträge in vielen Unternehmen nur noch bis Jahresende, so Martin Kanne­giesser, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall. Die Auftragseingänge in der Metallbranche liegen um mehr als 10 % unter dem Niveau des Vorjahres mit besonderen Problemen im baunahen Bereich.

Geld ist das Schmieröl der Wirtschaft. Dort wo es fehlt, stockt der Motor und das Getriebe klappert. So beeinträchtigt die Finanzkrise Investitionen in Sachsen-Anhalt. Wirtschaftsminister Reiner Haseloff bestätigte gegenüber der Presse Ende September, dass es bei mehreren Großprojekten zu zeitlichen Verzögerungen kommen werde, weil neue Finanzierungsmodelle erarbeitet werden müssen. Betroffen sind unter anderem der Neubau einer Papierfabrik für 200 Mio. €, der geplante Neubau einer weiteren Papierfabrik und Investitionen in der Dienstleistungsbranche, wie z. B. die Neuansiedlung einer Buchhaltungsfirma.


Was ist zu tun?

Für Banken müssen die gleichen Regeln gelten und strikt an­ge­wendet werden wie in der übrigen Wirtschaft. Man stelle sich vor, ein mittelständisches Unter­nehmen oder eine Kapital­ge­sellschaft würde 350 Mio. € an einen insolventen Geschäftspartner überweisen. Im ersten Fall wären massive wirtschaftliche Probleme und je nach Wirtschaftskraft des betroffenen Unternehmens die Insolvenz die Folge. Im Falle der Kapitalgesellschaft würden die Anteilseigner massiven Druck auf das Management ausüben. Der Vorwurf der Untreue währe nicht auszuschließen. Bei einer Bank, die ungedeckte Risiken im zweistelligen Milliardenbereich offen legt, tritt über Nacht der Staat in das Risiko ein. Auch das ist in der übrigen Wirtschaft ein undenkbarer Vorgang.

Also gleiche Regeln und gleiche Konsequenzen bei Versagen für alle.

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