ITGA-Herbsttagung 2019
Anlässlich seiner zweiten Herbsttagung als Vorsitzender des ITGA NRW hatte Bernd Pieper am 14. November 2019 in Düsseldorf Anlass, aus Branchensicht ernste Themen anzusprechen.
Konnte er noch vor Jahresfrist auf eine Phase mit guten Geschäftsaussichten Vorausschau halten, musste er an diesem Tagungsabend auf eine merkliche Eintrübung der Konjunktur hinweisen: „Die TGA-Aussichten sind nicht mehr so rosig wie im letzten Jahr.“ Sorgen bereitet dem Vorsitzenden darüber hinaus die Politik, die sich seiner Meinung nach mit Blick auf ihre Durchsetzungskraft in öffentlichen Auseinandersetzungen als wenig verlässlich erwiesen hat. Im Rahmen der öffentlichen Diskussionen des Klimawandels haben Vertreter der Regierung die erforderliche Meinungshoheit nicht übernehmen können und sich stattdessen von Wirtschaftskritikern aus radikal-ökologischer Richtung treiben lassen: „Das hat Formen angenommen, die vor einem Jahr undenkbar waren.“
Trotz herannahender schwieriger Zeiten gab es für den Vorsitzenden umfassend Anlass, positive Dinge anzusprechen. So lobte Bernd Pieper das Engagement der Mitglieder seines Verbandes und hob die gute Arbeit der ITGA-Gremien hervor.
Zum Abschluss seines Eröffnungsbeitrages gab der Vorsitzende Tobias Dittmar die Gelegenheit, sich den Verbandsmitgliedern vorzustellen.
Tobias Dittmar, der seit dem Jahr 2011 beim BTGA u.a. als Geschäftsführer tätig ist, wird spätestens am 1. April 2020 die vakante Geschäftsführerposition des ITGA in Düsseldorf übernehmen.
Politisches Grußwort aus dem Bauministerium
Für das traditionelle politische Grußwort der Tagung war in diesem Jahr Ministerialdirektor Dr. Thomas Wilk verantwortlich. Er repräsentierte das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, in dem er die Abteilung „Bauen“ leitet.
Eines seiner Schwerpunktthemen war das Klimaschutzprogramm, das vor einigen Wochen in Berlin verabschiedet worden war. Er nutzte die Gelegenheit, die Grundprinzipien dieses Programms zu akzentuieren: „Es geht um Fördern sowie Entlasten auf der einen und Fordern auf der anderen Seite.“ 30 % der gesamten CO2-Emissionen stammen heute aus dem Gebäudesektor. Dieses Schadstoffaufkommen soll bis zum Jahr 2030 wesentlich reduziert werden. Mittels eines Mixes aus verstärkter Förderung, CO2-Bepreisung sowie durch ordnungsrechtliche Maßnahmen soll Bauen und Wohnen in Deutschland klimafreundlicher werden: „Nachhaltige Gebäude rücken in den Blickpunkt!“
Dr. Thomas Wilk nahm ausdrücklich Stellung zu Kritikern des Klimaschutzprogramms, die behaupten, das beschlossene Paket wirke, „wie auf halbem Weg steckengeblieben“. Er hielt entgegen, dass es aus seiner Sicht im Bereich der Umweltpolitik noch nie vergleichbar Weitreichendes an politischen Initiativen gegeben habe.
Weitere Themen des detailreichen Vortrags des Ministerialdirektors waren unter anderem die Diskussionen um die neue Bauordnung – BauO NRW –, beispielsweise die Neuerungen im Brandschutz.
Ein weiterer Schwerpunkt neben dem Klimaschutz war die Digitalisierung im Bauwesen, die Dr. Wilk als sein besonderes „Steckenpferd“ bezeichnete. Seine Behörde ergreift die Initiative, um NRW als Vorreiter im Bereich der Umsetzung von Building Information Modeling (BIM) zu etablieren. Im Bauministerium wurde dazu ein BIM-Competence-Center gegründet. Mittelfristiges Ziel der Landesregierung ist es, kleine und mittlere Unternehmen dabei zu fördern, BIM anzuwenden.
Beim Thema Förderung räumte der Ministerialdirektor ein, dass Förderprogramme heute oft noch zu bürokratisch sind. Er forderte die Vertreter des ITGA deshalb ausdrücklich auf, den Kontakt mit dem Ministerium zu suchen und zu Maßnahmen Stellung zu nehmen: „Ihre Anregungen werden vom Ministerium gerne gesehen.“
18 Monate DSGVO: Es bleibt spannend!
Unter dem Titel „18 Monate DSGVO: Das Quiz – Datenpannen & Co., hätten Sie das gewusst?“ berichtete Rechtsanwältin Heike Mareck, Kanzlei Mareck, Dortmund, aus der Praxis der Umsetzung der neuen Datenschutzgrundverordnung. Sie verwies in ihrem unterhaltsamen Vortrag auf ein ganzes Bündel von rechtlichen Fallstricken des Datenschutzes, die weiterhin große Relevanz haben und von Unternehmen Beachtung verlangen. Es ging u.a. um den Umgang mit Datenpannen, um das erforderliche Verhalten bei Fällen fehlerhaft versandter Post, um rechtlich vorgeschriebene Fristen zur Änderung von Passwörtern, um die Höhe der mittlerweile von den Behörden verhängten Bußgelder bei Datenschutzverletzungen, die Weitergabe von Visitenkarten im Geschäftsleben, um die Verschwiegenheitspflichten von Mitarbeitern und um vieles mehr.
Ansatz von Heike Mareck war es, verbreitete Mythen zum Thema DSGVO aufzulösen. Aufgelockert wurden datenrechtliche Fallanalysen durch manche Anekdote aus ihrer Beratungspraxis aber auch ihrem Familienalltag. Sie betonte, wie wichtig ihr als Datenschutzexpertin bei aller Ernsthaftigkeit des Themas ist, Mensch zu bleiben: „Wenn wir über Datenschutz sprechen, sollten wir den gesunden Menschenverstand nicht außen vor lassen.“
Eisspeicher – breit einsetzbare, förderfähige Lösung
Der folgende Beitrag „Wärmepumpe – Eispeicher – Kraftdach“ zeigte ein Beispiel für ein breit einsetzbares Lösungskonzept aus dem TGA-Bereich: Rainer Schmalenberg, Viessmann, präsentierte das Konzept des Eis-Energiespeichersystems. Anhand von Praxis-anwendungen in Industriegebäuden, Verwaltungsgebäuden mit großen IT-Abteilungen sowie Wohnanlagen regte er die Fantasie der Tagungsteilnehmer an.
Das Eis-Energiespeichersystems erreicht seine hohe Effizienz durch Kombination aller verfügbaren Energiequellen, wobei ein smartes Energiequellenmanagement für ein optimales Zusammenspiel aller Systemkomponenten sorgt. Es eignet sich insbesondere für Gebäude mit hohem Wärme- und gleichzeitigem Kältebedarf, wobei Heizung und Kühlung periodenbezogen oder zeitgleich erfolgen.
Jean Pütz: „Lasst uns die Welt retten!“
Der Vortrag von Jean Pütz, einem der bekanntesten deutschen Wissenschaftsjournalisten, stellte das abschließende Highlight des offiziellen Tagungsprogramms dar. Zuerst jedoch stellte er Rainer Schmalenberg Fragen zu dessen begeisternder Präsentation des Eisspeichers.
Das physikalische Prinzip des Eispeichers – die Kristallisations-energie, die im Aggregatszustandsübergang von 0 °C kaltem Wasser zu 0 °C kaltem Eis freigesetzt wird – und die damit verbundenen Möglichkeiten nachhaltigen Energiemanagements waren Stichworte für Jean Pütz‘ eindringliche Botschaft des Abends. „Lösungen zum Klimaschutz liegen bei den physikalischen Möglichkeiten. Auch die Politik braucht physikalischen Sachverstand. Populistische, ‚postfaktische‘ Ablehnung jeglicher Technologie führt unser Land ins Chaos.“
„Pützmunter“ präsentierte der inzwischen 83-jährige Wissenschaftsjournalist ein umfassendes Programm mit verblüffenden Experimenten aus der Physik und Chemie. Immer wieder sprach er die Herausforderungen der Gebäudetechnik an. Seine Hauptaussage bildete das passende Schlusswort der Herbsttagung: „Lasst uns die Welt retten. Wenn wir den Energieverbrauch von Gebäuden drosseln, kann das Ziel einer signifikanten CO2-Reduktion erreicht werden.“