Das NEW-Blauhaus

Innovationszentrum in Mönchengladbach

Energieeffizienz, moderne Architektur und die optimal funktionierende Zusammenarbeit zwischen Forschung und lokaler Wirtschaft live erleben: Das können Besucher im NEW-Blauhaus auf dem Campus der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach. Das im Passivhausstandard errichtete Gebäude ist ein Innovationsprojekt des Versorgungsunternehmens NEW in Kooperation mit der Hochschule. Die NEW Niederrhein Energie und Wasser GmbH ist ein kommunales Versorgungsunternehmen mit starker Verwurzelung am Niederrhein. 

 

Energieeffizienz zum Anschauen

Das NEW-Blauhaus in Mönchengladbach ist ein 4.000 m2 großes Energieeffizienzzentrum auf dem Campus der Hochschule und wird von der Hochschule und NEW gemeinsam genutzt. Es dient als Bürogebäude, Kundencenter, Biblio­thek, Forschungslabor und Existenzgründerzentrum. Der fünfeckige Baukörper zeichnet sich durch seine Fassade aus gegeneinander geneigten, blau schimmernden Photovoltaik- und Glaselementen aus – daher auch der Name NEW-Blauhaus. Das Herzstück aber ist die Ener­gie­zentrale. Hier laufen alle gebäudetechnischen Prozesse zusammen. Das Besondere: Die Energiezentrale verfügt über ein Schaufenster und gewährt Passanten einen Blick auf die innovative Technik und intelligente Steuerung im Live-Betrieb.

Energetischer Eigenerzeuger

77 PV-Module an der Fassade und 230 PV-Module auf dem Dach liefern unter optimalen Bedingungen so viel Strom, dass der gesamte Energiebedarf zum Betreiben des Gebäudes (Heizen, Lüften Beleuchten) durch die Erträge aus der PV-Anlage in Kombination mit der Wärmepumpe und dem Rückkühlwerk gedeckt werden kann. Beheizt wird das Gebäude über die Kombination einer Sole-/Wasser-Wärmepumpe mit einem rund 175 m3 großen Eisspeicher und Rückkühler. Über Wärmetauschschleifen entzieht die Pumpe dem Eisspeicher die Wärme, die entsteht, wenn Wassermoleküle im Eisspeicher zu festen Kristallen gefrieren und Bewegungsenergie freisetzen. Diese Energie wird dann zum Heizen genutzt. Um das Eis wieder zu verflüssigen, und somit den Speicher wieder aufzuladen, nutzt das NEW-Blauhaus die im Gebäude durch Beleuchtung, Computer und Menschen entstehende Wärme. Ein rund 20 km langes Rohrsystem in den Betondecken (Betonkerntemperierung) entzieht den Räumen die Wärme und führt sie dem Eisspeicher zu. Zusätzlich lassen sich bei Bedarf ein BHKW und ein Brennwertkessel sowie eine Absorptionskältemaschine zuschalten.

Steuerung im Laufe der Jahreszeiten

Damit die unterschiedlichen Energieanlagen optimal aufeinander abgestimmt sind, kommt Technologie von Priva zum Einsatz. Diese hat der Priva-Partner SHG GmbH, ein auf Gebäude­automation spezialisiertes Familienunternehmen mit Sitz in Baesweiler bei Heinsberg, installiert und programmiert. Verbaut hat SHG mehrere Priva-„Blue ID“-Controller, die in drei Schaltschränken untergebracht wurden. Zusätzlich wurde ein Priva-„ SX 100“-Industriecomputer installiert, der über verschiedene Bus- und Modbus-Aufschaltungen his­to­ri­sche Daten protokolliert. 376 physikalische und ca. 480 virtuelle Datenpunkte fließen in dem System zusammen, das über den „TC Manager“ von Priva programmiert und visualisiert wurde. Zugute kam dem Gebäudespezialisten dabei, dass die eingebauten Komponenten bereits vorkonfektioniert sind. Das erlaubt eine schnelle Implementierung der Basissteuerung. Für das NEW-Blauhaus war zudem eine einjährige Optimierungsphase notwendig, da die gesamte Anlage einmalig alle vier Jahreszeiten durchlaufen musste, bis das Zusammenspiel der verschiedenen Energieträger – vor allem mit dem Eisspeicher – optimal funktionierte.

„Ein so ausgeklügeltes Objekt mit vielen verschiedenen Energieanlagen inklusive einem inte­grier­ten Eisspeicher ist schon eine Besonderheit und gehört nicht zu unserer alltäglichen Praxis“, weiß Uwe Korth bei SHG. „Wir mussten hier die vorhandene Basissteuerung durch viele empirische Werte anpassen. Denn wir konnten im Vorfeld nicht genau berechnen, wie viel Eis genau zu welcher Jahreszeit und abhängig von Innen- und Außentemperaturen tatsächlich benötigt wird.“

So stimmte auch die vorher angenommene Zahl der Besucher mit der von ihnen produzierten Wärme nicht mit der tatsächlichen Nutzung überein. Diese liegt im Durchschnitt deutlich höher, was für das NEW-Blauhaus durchaus sehr erfreulich ist.

„Die Regelung der einzelnen Anlagen im Zusammenspiel mit dem Wetter und den tatsächlichen Besucherzahlen war eine große Herausforderung. Dabei hat uns die Priva-Technologie durch ihre einfache Bedienung und webbasierte Programmierung sehr geholfen“, ergänzt Uwe Korth.

Die Anlagen im NEW-Blauhaus laufen heute weitestgehend automatisiert. Sollte dennoch durch unvorhersehbare Witterungsverhältnisse beispielsweise Justierungsbedarf bestehen, kommt die manuelle Bedienbarkeit von Priva zum Einsatz. 

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