Kommentar

Gebäudesektor braucht verlässliche Förderperspektiven

Stefan Tuschy,
technischer Referent des BTGA
Bild: BTGA

Stefan Tuschy,
technischer Referent des BTGA
Bild: BTGA
Etwa 35 % des gesamten deutschen Endenergieverbrauchs entfallen auf Gebäude. Davon fallen wiederum 39 % auf Ein- und Zweifamilienhäuser, 24 % auf Mehrfamilienhäuser und 37 % auf Nichtwohngebäude. Somit gibt es im Gebäudebereich ein enormes Potenzial für CO2-Einsparungen und damit für Investitionen in den Klimaschutz.

Diese Potenziale müssen auch dringend gehoben werden, denn gemäß der jüngsten Novelle des Klimaschutzgesetzes müssen die Emissionen im Gebäudebereich von aktuell ca. 120 Mio. t auf 67 Mio. t im Jahr 2030 sinken. Darüber hinaus soll in Deutschland bis zum Jahr 2045 ein klimaneutraler Gebäudebestand existieren (Roadmap 2045). Die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hatte deshalb die Förderprogramme für Gebäude
energieeffizienz angepasst und mit großer Vorankündigung zu Beginn des Jahres 2021 die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) eingeführt. Weitere Bausteine zum Erreichen der Ziele sind die CO2-Bepreisung von Brennstoffen und die ordnungsrechtlichen Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Zunächst sah es nach einem perfekten Start aus: Nachdem am 1. Januar 2021 ein Förderetat von 5,7 Mrd. Euro bereitstand, wurde das Fördervolumen im September 2021 aufgrund der hohen Antragszahlen auf 11,2 Mrd. Euro angehoben. Laut einer ersten Erhebung des Bundesindustrieverbands der Deutschen Heizungsindustrie e.V. (BDH) entfielen mit Stand 31. Dezember 2021 von den insgesamt beantragten Einzelmaßnahmen allein rund 225.000 Anträge auf Heizsysteme (Solarthermie, Biomasse, Wärmepumpe und Gas). Das entsprach einem Anteil von ca. 37 % an der Gesamtzahl der Anträge.

Antrags- und Zusagestopp der Bundesregierung

Doch Ende Januar 2022 folgte der Schock: Die neue Bundesregierung stoppte die KfW-Programme der BEG. Rund 50.000 Bauvorhaben waren davon betroffen. Dieser Stopp erfolgte zu einem Zeitpunkt immer weiter steigender Energiepreise – insbesondere für Gas und Strom. Das Anhalten der Förderprogramme war auch der Stopp für zahllose Projekte, die sich bereits in einem fortgeschrittenen Planungsstadium befanden, da die Investitionsentscheidungen der Auftraggeber zum Großteil auch auf Fördermitteln basieren. Bauherren brauchen verlässliche Rahmenbedingungen – viele Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen, die ein effizientes Gebäude erstellen oder ihre Immobilien energetisch sanieren wollten, mussten ihre Vorhaben in Zeiten von deutlich steigenden Energie- und Baukosten zunächst auf Eis legen.

Auch wenn Anfang Februar entschieden wurde, dass alle Anträge, die bis zum Programmstopp eingegangen waren, geprüft und die förderfähigen genehmigt werden sollen, war der Förderstopp ein komplett falsches Signal. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die neue Regierung und in die ehrgeizigen klimaschutzpolitischen Ziele der Bundesregierung wurde beschädigt.

Das planmäßige Auslaufen des BEG-Programmbereichs „Effizienzhaus/Effizienzgebäude 55 im Neubau“ ist zwar in Teilen nachvollziehbar und war auch für Ende Januar 2022 eingeplant, da die Anforderungen heute nahezu Standard bei Neubauten sind, jedoch wurde durch den gleichzeitigen Stopp des Programmbereichs „Effizienzhaus/Effizienzgebäude 40 im Neubau“ erheblicher Schaden angerichtet. Wurde im Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP noch ein „Klimaschutzsofortprogramm“ angekündigt, glich die Entscheidung zum Förderstopp mehr einem „Klimaschutzverhinderungsprogramm“ im Gebäudesektor.

Kontinuierliche und verlässliche Förderung

Ohne kontinuierliche und insbesondere verlässliche Förderung wird Deutschland die nationalen und europäischen Energieeinspar- und Klimaschutzziele im Gebäudesektor nicht erreichen können. Diese Ziele können nicht mit kurzfristigen Perspektiven gelingen, sondern nur mit verlässlichen Förderaussichten für die nächsten Jahre.

Der Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder.

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