Hoval-Visionen in Herrsching am Ammersee

Neue Verordnungen stärken Systemtechnik

Am 17. und 18. Oktober 2013 richtete die Hoval GmbH einen fachlichen Dialog mit dem Motto „Zukunft Gebäudetechnik – Hoval-Visio­nen“ aus. Thema der Veranstaltung war die Entwicklung des Wärmemarktes.

Energiewende über Kulturwandel

Aus Sicht von Prof. Dr.-Ing. M. Norbert Fisch, TU Braunschweig, müssen die Bürger bei der Umsetzung der Energiewende viel stärker einbezogen werden. „Wir müssen der Bevölkerung klarmachen, dass wir auf eine Elektrogesellschaft zusteuern.“ Seine Botschaft an die HLK-Branche lautet, in den Planungsbüros Elektroabteilungen einzurichten. Anstatt Passivhäuser seien künftig Aktivhäuser gefragt, die Strom erzeugen. Das bedeute eine Abkehr von supergedämmten Häusern zugunsten einer effizienteren Gebäudetechnik. Prof. Fisch plädiert für einen möglichst hohen Anteil an Strom aus PV-Anlagen, der vollständig im Gebäude genutzt werden sollte, bevorzugt in einer Luft-/Wasser-Wärmepumpe. Überschüssiger PV-Strom solle in Wärmespeichern gepuffert werden, da Batteriesysteme noch nicht wirtschaftlich seien. Die eigentliche Herausforderung der Energiewende sei es, Lösungen für Innenstadtlagen und neue Wohnquartiere zu entwickeln. Dabei könnten Nahwärmesys­teme sowie kalte Fernwärmenetze und Abwassersysteme als Wärmequelle für Wärmepumpen dienen.

Fossile Energieträger noch Jahrzehnte notwendig

Zurückhaltender äußerte sich Prof. Dr. Clemens Felsmann von der TU Dresden zur künftigen Rolle der Elektrowärmepumpe. Das aktuelle Strommarktdesign und die Strompreisentwicklung könnten sich hemmend auf den Wärmepumpenmarkt auswirken. Auch die Solarthermie müsse mit Markteinbußen rechnen, da die Preise für PV-Anlagen weiter nachgeben und PV-Strom im Gebäude einfacher zu nutzen sei, eben für Wärmepumpen. Wichtige wirtschaftliche Impulse könne die HLK-Branche durch die aktuelle Novellierung der EnEV erwarten. Das wirtschaftliche Potential der Wärmedämmung sei ausgereizt, so Prof. Felsmann. Die neue EnEV begünstige deshalb die Anlagentechnik. Bis zum Inkrafttreten der EnEV im Frühsommer 2014 sei es erforderlich, das EnEG, die EnEV und das EEWärmeG zu vereinfachen, um die Transparenz der Maßnahmen und die Akzeptanz bei der Bevölkerung zu verbessern. Dazu müsse das Förderprogramm zur Gebäudesanierung verstetigt werden. Das Fazit von Prof. Felsmann lautete: „Ohne Anreize geht nichts.“ 

Mehr Energieeffizienz durch hybride Wärme­erzeugung

Dass mit hybriden Heizungsanlagen in großem Maße Energie eingespart werden kann, erklärt Hagen Jakubek, Regionalleiter Hoval, am Beispiel eines Caritas-Altenheims. Dort versorgt eine Luft-/Wasser-Wärmepumpe bis zu einer Außentemperatur von –5 °C das Heizsystem mit Niedertemperaturwärme. Parallel dazu ist ein Gas-Brennwertheizkessel installiert, der primär die Trinkwassererwärmung übernimmt, maximal 1200 l in 10 min. Beide Systeme sind über einen Pufferspeicher miteinander verbunden, so dass der Gas-Brennwertkessel ab einer Außentemperatur von unter –5 °C bedarfsabhängig zugeschaltet werden kann. Durch den konsequenten Niedertemperaturbetrieb liegt die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe bei gemessenen 4,87.

Auch bei einer Auto­bahn­meis­te­rei ging Hoval neue Wege und kombinierte eine 70 kW Grundwasser-/Wasser-Wärmepumpe mit einer Hallenlüftungsanlage, bestehend aus fünf „TopVent“-Umluftgeräten mit vergrößerten Wärmetauschern. Aufgabe ist dort, eine Fahrzeugabstellhalle auf +5 °C zu temperieren, um Schneeräumfahrzeuge abzutauen. Durch den Niedertemperaturbetrieb bei 45/40 °C liegt die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe bei 4,4. Vergleichbare Hallen der Autobahnmeisterei mit Ölheizkesseln und konventionellem Wärmeverteilsystem würden drei- bis viermal höhere Energiekosten als die Wärmepumpenlösung verursachen, so Hagen Jakubek.

Legionellenproblematik nicht unterschätzen

Weitgehend unterschätzt werden derzeit die Auswirkungen der neuen TrinkwV auf die bestehenden Anlagen. Norbert Osthoff vom gleichnamigen Ingenieurbüro, Erding bei München, appellierte an das Plenum, die neue TrinkwV ernstzunehmen und gegenüber Anlagenbetreibern klare Positionen zu vertreten. „Es gibt keinen Bestandsschutz für Altanlagen; hier geht es um sicherheitsrelevante Anlagen, die saniert werden müssen“, mahnte Norbert Osthoff, denn, „inzwischen gibt es in Deutschland mehr Tote durch Legionellen als durch Verkehrsunfälle.“ Die größte Gefahr gehe von zu groß dimensionierten, weitläufig angelegten Warmwassernetzen in großen Liegenschaften und Wohnanlagen mit verzinkten Rohrleitungen aus. Auch seien viele Warmwasserspeicher zu groß, da diese für eine Speichertemperatur von 45 °C vorgesehen waren, heute aber mit höheren Temperaturen betrieben werden. Eine Über­dimensionierung von bis zu 300 % sei keine Seltenheit. Wichtig sei es, Leitungen mit stagnierendem Wasser zurückzubauen, ebenso Löschwasserleitungen, die vom Trinkwasser getrennt sind. Auch sollte das Personal zur Durchführung von Gefahrenanalysen besser ausgebildet sein.

Mehr Transparenz durch Energielabel

Durchaus positiv wertet Hoval die Einführung von Energieeffizienzetiketten an Heiztechnik­komponenten ab September 2015. „Wir sind sowohl bei den Komponenten, wie Wärmepumpe, Heizkessel, Wärmespeicher und Solarkollektoren, als auch bei den Komplettsystemen gut aufgestellt“, sagt Günther Köb, Produktmanager fossile Brennstoffe. Da Hoval sowohl den klassischen Heizkesselbereich als auch Solarthermie, Trink­was­sererwärmung, Energiespeicherung und Wärmepumpe mit Hocheffizienzprodukten bediene, könne das Unternehmen durch sein Systemangebot die gesamte obere Werteskala des Effizienzlabels von A bis A+++ abdecken. Wichtig sei, dass die Hersteller Erfahrungen mit der Berechnung der Systemlabel sammeln und den vom Gesetzgeber vorgeschriebenen zweijährigen Probelauf auf Schwachstellen analysieren. „Für den Endverbraucher sind die Label wichtig, denn sie schaffen Transparenz und unterstützen den Entscheidungsprozess“, sagte Günther Köb.

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