PCM – mehr als ein Baumaterial
PCM als Material am Bau wird bereits seit vielen Jahren diskutiert, doch die Anzahl der Anwendungen ist noch überschaubar. Dies soll sich nach Wünschen von Tectonic Integrative Problemlösungssysteme ändern. Daniel Bock, Innovationsmanager für Nachhaltige Energiesysteme und Patentverwerter, insbesondere für Graphit/PCM-Anwendungen, stellte sich den Fragen der TAB-Redaktion.
TAB: Vereinzelt werden PCM (Phase Change Material = Phasenwechselmaterialien in Latentspeichern) wie Paraffine oder Salzhydrate in der Gebäudetechnik bereits eingesetzt. Sie ermöglichen es, z. B. in dezentralen Lüftungsgeräten die Nachtauskühlung von Gebäuden im Sommer zu verbessern und so die Geräte kleiner auszulegen. Was ist Ihr Ansatz zum Einsatz von PCM?
Daniel Bock: Der hier vorgestellte Anwendungsfall einer Kühldecke mit aufgelegten PCM-Latentwärmespeichern setzt an der einfachen Überlegung an, die kühle Nachtluft zur Kühlung von Gebäuden während des nachfolgenden Tages zu nutzen. Auch in warmen Sommernächten gelingt dieses Prinzip, da über einen simplen Rückkühler (in Form eines Kühlturmes) die benötigten kühlen Temperaturen zur Regeneration des Kältespeichers erreicht werden.
TAB: Was sind die Vorteile gegenüber einer klassischen Betonkerntemperierung?
Daniel Bock: Selbstregelnde Klimadecken mit Latentwärmespeicher können im Gegensatz zu TABS über eine indirekte Hinterlüftung durch Schattenfugen, oder Ventilatoren über Dralldurchlässe, die Kühlkapazitäten über den Tag optimal ausschöpfen.
Die simple Kombination mit klassischen Kühldeckensystemen erlaubt den Betrieb des patentierten Systems in direkter Kombination mit allen möglichen Kälteversorgungssystemen. Dadurch wird neben dem aufgezeigten Einsparpotenzial eine 100%-ige Verfügbarkeit ebenso garantiert, wie auch die Abdeckung von unerwarteten Spitzenlasten.
TAB: Können Sie uns ein paar technische Details verraten?
Daniel Bock: Im Zusammenwirken mit einem direkt über einer konventionellen Klimadecke aufgebrachten Latentwärmespeicher werden bei einem geringen Gewicht von ca. 10 kg/m2, typische Kühllasten in modernen Bürogebäuden abgeführt und Leistungswerte oberhalb von thermisch aktivierten Bauteilen (TABS) erreicht.
Die Klimadecke mit PCM ist nachträglich auch in Bestandsgebäuden mit konventionellen Kühldeckensystemen einfach zu nachzurüsten, bietet eine weitgehende Gestaltungsfreiheit mit akustisch wirksamen Decken und kann ohne Einschränkung der Behaglichkeit hohe Kühllasten anführen.
TAB: Was muss bei der Auslegung für ein von Ihnen angedachtes System bedacht werden?
Daniel Bock: Die Berechnung und Auslegung des Klimadeckensystems erfolgt vollkommen analog zu herkömmlichen Strahlungskühldeckensystemen. Um ein Höchstmaß an Leistung und eine reaktionsschnelle Speichemassenaktivierung zu garantieren, sind die Rohrregister der Klimadecke in eine Graphitmatrix eingebettet. Für Spitzenlasten können die Rohrregister der Klimadecke z. B. über Latent-Kaltwasserspeicher oder Grundwasser reaktionsschnell aktiviert werden. Die Speicher-Kapazität beläuft sich auf 0,37 kWh bezogen auf ein Gesamtgewicht von 10 kg/m2. Bei einer spezifischen Kühlleistung von 40 W/m2 ergibt sich somit eine Reichweite von rund 9 h.
TAB: Was sind Ihre nächsten Schritte, um Ihr System im Markt erfolgreich zu etablieren? Gibt es bereits Referenzprojekte?
Daniel Bock: Die PCM-Kühldecke lässt sich in viele bestehende Kühldeckensysteme nachträglich in der Gebäuderenovierung einsetzen, wodurch ein Markt von über 65 Mio. m2 alleine in Deutschland erreichbar ist. Im Neubau liegt das Marktpotential in Deutschland bei ca. 900 000 m2/a. Zurzeit befinden sich ca. 140 000 m2 Klimadecken mit PCM in der Planungs- und Ausschreibungsphase. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass noch Herstellungs- und Vertriebslizenzen für fast sämtliche europäischen Staaten zu vergeben sind. Fragen Ihrer Leser beantwortete ich gerne (E-Mail: daniel.bock@blueclimate.de).
TAB: Herr Bock, vielen Dank für die Auskünfte.